Tichys Einblick
Hamas darf jubeln:

Feindseligkeit gegen Israel wächst – und Netanjahu würde in Berlin Festnahme drohen

Jetzt demonstriert die Bundesregierung, die sich so gern als enger Freund Israels darstellt, welche Prioritäten sie tatsächlich setzt: Sollte der Antrag auf Haftbefehl vom ICC bewilligt werden, würde sich Deutschland „an Recht und Gesetz halten“, so Scholz’ Regierungssprecher Steffen Hebestreit (SPD).

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Ankündigung Norwegens, Irlands und Spaniens, Palästina als Staat anzuerkennen, hat kaum Auswirkungen auf die Lage im Nahen Osten. Der Beschluss der drei EU-Staaten wird derzeit nichts zu einem dauerhaften Frieden in Nahost beitragen können; aber für Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sind es dennoch sehr schlechte Nachrichten aus Europa.

Nachdem der Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag, Karim Khan, am Sonntag Haftbefehle gegen ihn und Verteidigungsminister Joaw Gallant beantragt hat, ist es der zweite Schlag gegen das Ansehen Israels. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage zeigt sich die wachsende internationale Isolation Israels, die fast schon offene Feindseligkeit gegenüber dem jüdischen Staat weltweit.

Jetzt demonstriert selbst die Bundesregierung, die sich selbst als engen Freund Israels sieht, welche Prioritäten sie setzt: Sollte der Antrag auf Haftbefehl vom ICC bewilligt werden, würde sich Deutschland „an Recht und Gesetz halten“, sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit heute.

Das kann nur bedeuten, dass der Ministerpräsident des jüdischen Staates, Benjamin Netanjahu, festgenommen und ausgeliefert werden würde. Zumindest manche deutschen Politiker musste das Grauen packen bei der Vorstellung, deutsche Polizisten führten den Regierungschef des jüdischen Staates ab. Wo doch auch Kanzler Olaf Scholz Israel als Teil der deutschen Staatsraison ansieht.

Die in Katar im Exil lebenden Führer der Terrororganisation Hamas, die herrschenden Mullahs in Teheran und alle anderen Feinde Israels dürfen feiern. In Israel wird das Erschrecken groß sein. Vor allem aber die Hamas darf sich stolz rühmen, mit ihrem Massaker am 7. Oktober 2023 in Israel eine Kettenreaktion ausgelöst zu haben, die ziemlich sicher eine Schwächung Israels mit sich bringt.
Das barbarische Wüten der Islamisten von Hamas und Islamischem Dschihad im israelischen Grenzgebiet zu Gaza, bei dem etwa 1.300 Menschen zum Opfer fielen und mehr als 230 Menschen als Geiseln verschleppt wurden, trägt nun süße Früchte für die „palästinensische Sache“.

Zwar verstehen die Palästinenserorganisationen darunter alles andere als eine Zwei-Staaten-Lösung, denn die würde eine Anerkennung der Existenz Israels bedeuten. Aber die internationale Lage Israels wird zunehmend prekärer. Wer Israel von der Landkarte tilgen will, wie erklärtermaßen die iranischen und palästinensischen Islamisten, für den ist die jüngste Entwicklung ein historisches Geschenk.
Schon der Gaza-Krieg, mit dem Israel die Herrschaft der Hamas im Gaza-Streifen endgültig beenden und die noch gefangenen Geiseln befreien will, ist trotz großer militärischer Verluste und einer horrenden Zahl von Opfern unter den Palästinensern für die Hamas ein Erfolg.

Denn Israel steht wegen ihrer Kriegsführung mit inzwischen weit über 35.000 Opfern – darunter ein großer Teil Frauen und Kinder – am internationalen Pranger. Zwar rühmt sich Israel, die humanste Armee der Geschichte einzusetzen; aber die Weltöffentlichkeit zeigt sich entsetzt über die Bilder der riesigen Zerstörungen und des Elends von zwei Millionen Flüchtlingen.

US-Präsident Joe Biden drohte mit einem Stopp von Waffenlieferungen an Israel, auch traditionelle Freunde Israels wie Deutschland oder Großbritannien mahnen und warnen. Israel soll die letzten Bastionen der Hamas in Rafah, im Süden des Gaza-Streifens, nicht angreifen, weil mehr als eine Million Zivilisten in dieser Kampfzone in größte Gefahr gerieten. US-Außenminister Anthony Blinken warnte vor einer drohenden „humanitären Katastrophe“.

Immer lauter wird angesichts des jüngsten UN-Beschlusses zur Aufwertung Palästinas und nun der Entscheidungen in Madrid, Oslo und Dublin die Forderung nach einer „Zwei-Staaten-Lösung“. Sie scheint angesichts der Lage und der historischen Erfahrungen ein politischer Ladenhüter ohne jeglichen Realitätsbezug. Schließlich haben sich die Palästinenser seit Jahrzehnten immer und immer wieder gegen eine dauerhafte Friedenslösung gewandt.

Die ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton erinnerte kürzlich daran, wie sehr Israel 2000 bereit war, den Palästinensern enorme Zugeständnisse für eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung zu machen. Damals hatte unter Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton Israels Premier Ehud Barak einen fast vollständigen Abzug aller israelischen Siedlungen aus dem Westjordanland zugesichert, ebenfalls enorme materielle Ausgleichszahlungen für enteigneten Besitz von Arabern in Israel angeboten.

Dennoch hatte der damalige PLO-Chef Jassir Arafat alles vom Tisch gewischt. Er würde einen solchen Kompromiss nicht überleben, seine Leute würden ihn umbringen, habe Arafat signalisiert, berichtete Hillary Clinton jetzt. Arafat habe ein tragisches Schicksal befürchtet wie die früheren Friedensstifter, der ägyptische Präsident Anwar el Sadat und der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin, die beide von eigenen Landsleuten ermordet worden waren.

Viele Menschen in den USA wüssten einfach nicht genug über die Geschichte Israels und Palästinas, klagte Clinton und sah in den mangelnden Geschichtskenntnissen den wesentlichen Hintergrund für die heftigen, anti-israelischen, pro-palästinensischen Proteste an den amerikanischen Universitäten, sagte die US-Demokratin im MSNBC-Fernsehsender.

Israels Außenminister Israel Katz hat als Reaktion auf die Absichtserklärungen der drei westeuropäischen Staaten die Botschafter aus Norwegen und Irland zurückgerufen. Madrid wurde zunächst lediglich gewarnt, wie geplant am 28. Mai Palästina offiziell anzuerkennen. „Israel wird gegenüber denjenigen, die seine Souveränität untergraben und seine Sicherheit gefährden, nicht schweigen“, betonte Katz. Die Entscheidung, Palästina als Staat anzuerkennen, sei eine Botschaft an die Palästinenser und die Welt, dass Terrorismus sich auszahlt, meinte er. Die Hamas und die Führung in Teheran werden das ähnlich sehen.

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