Das ablaufende Jahr kennt wenige gute Nachrichten. Das Treffen von Israels Verteidigungsminister Benny Gantz mit Palästinenser-Führer Mahmoud Abbas lässt verhaltene Hoffnung aufkeimen: Mitten in einer Terror-Phase von fast täglich versuchten Mordanschlägen aus der Westbank und Gaza. Willkommen in der Realität des Nahen Ostens.
In Israels Krankenhäusern liegen noch immer Verletzte aus jüngsten Terroranschlägen, und der frühere Generalstabschef öffnet sein privates Wohnzimmer für einen, den innerhalb und außerhalb Israels nicht wenige einen Erz-Terroristen nennen. Aber wie lautet ein Grundsatz in der Politik der Vernunft? Frieden kann man nur mit seinen Feinden machen, und deshalb muss man miteinander reden.
Mahmoud Abbas hat sich zum ersten Mal seit 2010 in seinen gepanzerten Mercedes 600 nach Rosh Ha´ayin, auf die israelische Seite der „Grünen Grenze“ chauffieren lassen. Staufreie Fahrtzeit: 40 Minuten auf Straßen, die ausschließlich von Israel gebaut sind. Nach Ankunft wurden freundlich Geschenke ausgetauscht, berichtet das Protokoll, ohne Details zu nennen. Dann begann das Spiel „good cop, bad cop“. Der Gute heißt Gantz, der Böse Naphtali Bennett, sein Regierungschef. Er sei gegen die Begegnung gewesen, ließ das Büro des Ministerpräsidenten verlauten, aber er habe sich nicht durchsetzen können. Gantz hatte Abbas im August in Ramallah besucht, jetzt erfolgte der Gegenbesuch. Außer Bennett und Außenminister Lapid war kein Kabinettsmitglied vorab informiert.
Sämtliche Ein- und Ausfuhren werden von israelischen Kontrollpunkten aus gesteuert, wie es in den Oslo-Verträgen vor fast 30 Jahren festgelegt wurde. Israel hält diese Gelder seit Monaten zurück, weil PLO/Fatah an Familien der bei Anschlägen getöteten Terroristen hohe Pensionen bezahlt. Diese Unterstützung des Terrors sollte tunlichst vermieden werden, heißt es von der Gantz-Seite.
In den Kommuniqués stehen die üblichen, abgedroschenen Sprüche wie „man befasste sich mit der Schaffung eines politischen Horizonts, der zu einer politischen Lösung in Übereinstimmung mit den internationalen Gesetzen führen sollte“. Dafür kann sich Mahmoud Abbas nichts kaufen und die israelische Seite weiß: Wenn der alternde PLO-Chef ausfallen sollte, würde nichts Besseres, sicher nichts Friedlicheres nachwachsen. Genau das will Israel vermeiden und zahlt für das Leben des Feindes, der ein geringeres Übel personifiziert.
Auf die Schrei-Bänke springen auf beiden Seiten die üblichen Verdächtigen: Die Terror-Organisation Hamas nennt den Wohnzimmer-Treff einen „Dolchstoß für den palästinensischen Widerstand“ und aus Israels rechts-nationaler Ecke tönt es streng: „Ich würde keinen zu mir nach Hause einladen, der Mörder von Israeli belohnt.“ Dennoch, viele in der Acht-Parteien-Koalition und auch in der Bevölkerung Israels sind für Gespräche mit den feindlichen Nachbarn. Nicht-Reden bringt sicher nichts, Reden vielleicht etwas.