Für weites Aufsehen sorgte das Interview, das der US-amerikanische Moderator Tucker Carlson mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geführt hatte. Carlson war in dieser Woche nach Moskau gereist und hatte als erster westlicher Journalist die Genehmigung bekommen, mit Putin zu sprechen. Das zwei Stunden lange Gespräch ist seit Mitternacht MEZ auf der Webseite von Carlson und auf Twitter zu sehen.
Putin sagte, seine Entscheidung, in die Ukraine einzumarschieren, sei mit der Geschichte Russlands begründet. Die stellte er zu Beginn des Gesprächs aus seiner Sicht sehr ausführlich dar – Russland habe einen historischen Anspruch auf die Ukraine – und lässt eine Schatulle mit Dokumenten bringen, die aus dem Archiv seien und dies belegen würden.
Russland werde bis zum Ende kämpfen, um seine Interessen zu verteidigen, so Putin, der das Weiße Haus aufforderte, sich auf innenpolitische Fragen zu konzentrieren. Sie hätten Probleme an der Grenze, Probleme mit der Migration, Probleme mit der Staatsverschuldung: mehr als 33 Billionen Dollar. Wäre es nicht besser, mit Russland zu verhandeln? Eine Vereinbarung zu treffen? So Putin. Ohne die Unterstützung der USA wäre der Ukraine-Krieg in wenigen Wochen vorbei, erklärte er. Putin sagte weiterhin, er könne sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal mit US-Präsident Biden gesprochen habe.
Putin behauptete, Russland habe seine Truppen während der Invasion in der Ukraine freiwillig aus der Umgebung von Kiew abgezogen, um ein Friedensabkommen zu ermöglichen: »Meine Kollegen in Frankreich und Deutschland sagten: ‚Wie können Sie sich vorstellen, dass sie einen Vertrag unterschreiben, wenn man ihnen eine Waffe an den Kopf hält?’ Die Truppen sollten aus Kiew abgezogen werden.« Putin weiter: »Ich sagte, na gut. Wir zogen die Truppen aus Kiew ab … Sobald wir unsere Truppen aus Kiew abgezogen hatten, warfen die ukrainischen Unterhändler sofort alle Vereinbarungen in den Papierkorb und bereiteten sich mit Hilfe der Vereinigten Staaten und ihrer Satelliten in Europa auf eine langjährige bewaffnete Konfrontation vor.«
Ein weiteres Thema des Interviews war das Verhältnis zwischen Nato und Russland. George W. Bush habe die Nato-Erweiterung über Osteuropa bis in die Ukraine vorangetrieben, so Putin. Auf die Frage, ob Russland der Nato beigetreten wäre, sagte Putin, wenn Clinton ‚ja‘ gesagt hätte, hätte der Prozess der Annäherung begonnen, und irgendwann wäre es vielleicht passiert. Die Vereinigten Staaten aber hätten Russland ausgetrickst, erklärte der russische Präsident dem Interviewer Tucker Carlson. Nach 1991, als Russland erwartete, in die »Familie der zivilisierten Nationen« aufgenommen zu werden, sei nichts dergleichen passiert.
Wer hat die Nord-Stream-Pipelines gesprengt? Putin behauptete, die CIA habe die Pipeline »mit Sicherheit« gesprengt. Zu Donald Trump habe er ein »gutes Verhältnis«, wie er sagte, und die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine würden »heilen«. Das klinge zwar etwas seltsam. Früher oder später aber werde es zu einer Einigung kommen.
Carlson sagte später in einem Statement außerhalb des Gesprächs in Moskau, er fühle sich schuldig, sein Land zu verraten, wenn er die schöne Stadt Moskau lobe. Doch er tue dies nicht, er liebe Amerika. Er betonte ausdrücklich wörtlich: »Wir ermuntern Sie nicht, mit Putin übereinzustimmen. Aber wir fordern Sie auf, sich das anzusehen.« Und weiter: »Wir sind nicht hier, weil wir Wladimir Putin lieben. Wir sind hier, weil wir die Vereinigten Staaten lieben … Wir sind in Moskau, um den Präsidenten Russlands zu interviewen: Wladimir Putin. Wir haben uns das sehr genau überlegt. Aber wir sind Journalisten, unsere Pflicht ist es, die Leute zu informieren.«
Das Weiße Haus in Washington hat die Entscheidung von Tucker Carlson, Putin zu interviewen, verurteilt und den russischen Präsidenten als brutal bezeichnet. »Wir brauchen kein weiteres Interview mit Putin«, so hieß es. Es gab offensichtlich mehrere Versuche von Hackern, die versuchten, die Webseite von Tucker Carlson zu stören.
Der EU-Politiker und ehemalige belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt forderte sogar ein Einreiseverbot für Carlson in die EU. Der sei Sprachrohr Putins. Auch andere Mitglieder des Europäischen Parlamentes in Brüssel wollten dem Journalisten die Einreise in EU-Länder verbieten.
Zur Einordnung empfiehlt Ihnen die TE-Redaktion die Lektüre von zwei Beiträgen Tomas Spahns aus dem Dezember 2022 und die andere Perspektive von Heinz Theisen aus diesem Monat: