„Das gesamte Bildungsministerium wird verändert, um Nachhaltigkeit und Klima zentral in unserem Bildungssystem zu verankern“, sagt der italienische Bildungsminister Lorenzo Fioramonti. Es sind Zeichen wie diese, die eine Re-Europäisierung Italiens bewirken sollen. Mit der neuen sozialdemokratisch-basislinken Regierung kehren auch die bereits unter Ex-Premier Matteo Renzi begonnenen, ideologischen „Germanisierungsprozesse“ zurück, die Italien auf eine Linie bringen sollen, die man gerne „globalistisch“ schimpft. Vor wenigen Monaten, als noch Familienminister Lorenzo Fontana das Ruder in der Hand hielt, sprach man über Landverteilungen an Familien mit mindestens drei Kindern; man sprach von der Verteidigung der traditionellen Familie und christlichen Werten; es war eine Zeit, in der Matteo Salvini mit Rosenkranz in der Hand das unbefleckte Herz Mariens anrief. Heute dagegen dominieren Themen wie Sterbehilfe, die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare und die fröhliche Umarmung der Massenimmigration. Gedanken für ein Gesetz gegen „Trans- und Homophobie“ machen die Runde.
Die Linke führt einen Kulturkrieg, wie er in Deutschland schon seit Jahren wütet – aber es ist ein Rückzugsgefecht, kein Kampf nach vorn. Wenn der Partito Democratico (PD) nun mit allen Mitteln den „Klimaschutz” als Thema spielt, dann, weil er weiß, dass er für diese ideologischen Absichten gar keine Mehrheit in der italienischen Bevölkerung hat. Die Elfenbeinturmthemen der neuen Regierung erinnern frappierend an jene nördlich der Alpen – aber ohne die breite Unterstützung, wie sie bei den prozessionsähnlichen Demonstrationen von Aktivisten jedweder Couleur hierzulande gleich einer Monstranz vorangetragen wird. Nach nur wenigen Wochen hat sich die Regierung ihres Volkes entkoppelt: mit drastischen Folgen in den Umfragewerten.
Der Aufstieg der populären Parteichefin Meloni, die von vielen als italienisches Pendant zu Marine Le Pen gehandelt wird, kommt dabei mit Ansage. Entgegen der Aussagen des außeritalienischen Journalismus ist nämlich die Lega keine rechtsextreme Partei, die sich weiter radikalisiert. Im Gegenteil: Salvini führt seine Partei seit Monaten in Richtung Mitte-Rechts, um das konservative, katholische und bürgerliche Milieu zu gewinnen, das nach der Erosion der großen Mitte-Rechts-Parteien keine politische Heimat hat. Meloni rundet dabei die rechte Flanke ab. Im Gegensatz zur föderalen Lega sind die FdI zentralistisch aufgestellt; wirtschaftlich verfolgt die Lega einen liberaleren Kurs; und gesellschaftlich waren die FdI als Erben der alten, nationalistischen Alleanza Nazionale immer konservativer eingestellt. Während letztere als postfaschistische Partei sich nie ganz von der Vergangenheit trennen wollte, hat sich Meloni nach der Neugründung ihrer Partei vom Faschismus distanziert. Dennoch gehören zu ihren Anhängern Leute, die man hierzulande am ehesten mit dem Flügel um Björn Höcke vergleichen könnte. Salvini ist dagegen ein moderater Konservativer.
Die neue Koalition in Rom befördert mit ihrem Linksextremismus daher eine weitere Radikalisierung der italienischen Gesellschaft – ein Prozess, den ein Innenminister Salvini nicht befeuert, sondern als Integrationsfigur abgefedert hat. Die beiden Ex-Premiers Renzi und Silvio Berlusconi dümpeln dagegen mit ihren pro-EU, links- bzw. rechtsliberalen Parteien bei 6 Prozent herum. Ideologische Phantastereien helfen wenig, wenn in Tarent die Schließung eines Stahlwerks die Arbeitsplätze des wirtschaftlich schwachen Südens bedroht. Und sie helfen nichts angesichts einer sich ausweitenden deutschen Rezession, die dem europäischen Ausland massiv schaden wird.