Tichys Einblick
Deutschland im Vergleich

Impfen in Israel – ein Nachtrag

Wie wirkt die Massen-Impfung? Die aktuellen Daten sind interessant – vor allem im Vergleich zu anderen Staaten.

IMAGO / Kyodo News

Nach dem Beitrag „Von Apartheid, Teufeln und Impfdosen in Ramallah“ über die Polemik in „Süddeutscher Zeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ fragen einige Leser: Wie effizient sind die Impfungen in Israel eigentlich? In keinem Staat wurden im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße – 8,655 Millionen – bisher so viele Impfdosen gegen Covid-19 verabreicht. An dem Land lässt sich also am besten ablesen, wie die Immunisierung gegen dass SARS-CoV-2-Virus wirkt.

Bisher erhielten von den Bürgern über 16 Jahren Stand 7. März 4,93 Millionen die erste Impfdosis, 3,71 Millionen auch die zweite.

Wenn die Vakzine Infektionen und Erkrankungen zurückdrängen, dann geschieht das allerdings nicht in sehr kurzer Zeit, sondern nur Schritt für Schritt – aus folgenden Gründen:

Es kommt also wenig überraschend nach wie vor zu Neuinfektionen auch in Israel – erstens, weil noch nicht alle mit der zweiten Dosis geimpft wurden, zweitens, weil sie die Weitergabe der Infektion nicht absolut unterbindet. Sollten das BioNtech-Vazkin und die Mittel anderer Hersteller die realistischen Erwartungen einigermaßen erfüllen, dann endet Corona auch bei einer hohen Impfrate nicht abrupt, sondern mit einer langen Bremsspur.

Die Frage lautet also: lässt sich in Israel mittlerweile eine Bremsspur erkennen? Zunächst einmal ist die Zahl der neu positiv Getesteten deutlich gesunken. Sie lag für den 26. Januar 2021 in Israel bei 8.587; am 6. März nur noch bei 3.262. Auch die Zahl der an und mit Corona Verstorbenen geht seit mehreren Wochen zurück. Am 1. Januar 2021 lag der rollende 7-Tages-Durchschnitt für das Land noch bei 24,29; am 6. März stand diese Ziffer bei 17,71.

Eine am 5. März in „Morbidity and Mortality Weekly Report“ als noch nicht begutachtete Untersuchung dreier israelischer Wissenschaftler veröffentlichte Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der an Corona Erkrankten, die beatmet werden müssen, im Februar in der Gruppe der älteren Patienten stark zurückging. Bis Februar waren in Israel 84 Prozent der über 70jährigen geimpft worden. Infektionen verlaufen in Wellen, was es schwierig macht, einen möglichen allgemeinen Rückgang von Infektionen und schweren Erkrankungen ohne weiteres von dem Effekt der Impfungen zu trennen. Deshalb schreiben die Autoren der Untersuchung vorsichtig:

„Angesichts der Impfrate und der erwarteten Wirksamkeit der Impfung liefert diese Studie eine vorläufige Evidenz für die Reduzierung schwerer Covid-19-Erkrankungen mit Beatmungsbedarf nach der Impfung mit dem BioNtech-Pfizer-Vakzin.“
(Considering the vaccination rate and the expected vaccine efficacy, this study provides preliminary evidence at the population level for the reduction in risk for severe COVID-19, as manifested by need for mechanical ventilation, after vaccination with the Pfizer-BioNTech COVID-19 vaccine.)

Wie steht Israel insgesamt im Vergleich mit Deutschland und anderen Ländern da? An und mit Covid-19 starben mit dem Stand 5. März 2021 pro Million Einwohner seit Beginn der Pandemie in Israel 643 Menschen, in Deutschland 860. Über die aktuelle Entwicklung gibt der Sieben-Tages-Schnitt der Todeszahlen einen Anhaltspunkt. Für Israel lag er, siehe oben, am 6. März 2021 nach den Daten der Johns Hopkins University bei 17,71, für Deutschland bei 265,57. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sieht die Bilanz in Israel damit schlechter aus als beispielsweise für Taiwan, aber besser als in Deutschland.

Der aktuelle gleitende Sieben-Tages-Schnitt bei den Totenzahlen ist noch in einem anderer Ländervergleich interessant: Deutschland und Schweden. Für Deutschland ergibt sich dort ein Wert pro Million Einwohner von 3,19 – für Schweden, das Eindämmungsmaßnahmen, aber nie einen Lockdown mit flächendeckender Stilllegung des öffentlichen Lebens hatte, ein Wert von 2,5. Noch liegt die Gesamtzahl der Covid-Toten pro Million Einwohner in Schweden über der von Deutschland – per 5. März 1.261 zu 860. Setzt sich die Entwicklung wie bisher fort, dann reduziert sich der Unterschied allerdings Woche für Woche. Zum Ende des Jahres könnten beide Länder in der unmittelbaren Auswirkung des Virus auf etwa gleicher Höhe liegen – allerdings bei sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten.

Schon Mitte des Jahres dürfte dagegen feststehen, wie stark sich der Impfvorsprung Israels auf die gesundheitliche und wirtschaftliche Lage des Landes auswirkt.

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