Tichys Einblick
Arabische Social Media machen sich lustig

Hisbollah-Führer – das gerupfte Huhn

Es mag Zufall sein, dass der Mordanschlag in Solingen und der Angriff der Hisbollah auf Israel fast gleichzeitig stattfanden. Die Motive der Terroristen, die unterschiedlichen Gruppen zugerechnet werden, sind jedenfalls gleich. Sie wollen keine Welt, die auf den jüdisch-christlichen Werten beruht.

Im TV übertragene Rede von Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, 25. August 2024

picture alliance / Sipa USA | SOPA Images

In Solingen mussten die Stadtfest-Besucher zuschauen, wie der Terrorist mordete. Israel ließ rechtzeitig 100 Kampfflieger aufsteigen und zerstörte in kürzester Zeit 1.000 Hisbollah-Abschussrampen. Der Spuk nahm vorerst ein Ende. Seither kursieren auf den Social-Media-Seiten zwischen Abu Dhabi und Kuwait Karikaturen, die den sonst martialischen Hisbollah-Führer, Hassan Nasrallah, als gerupftes Kentucky-Fried-Hühnchen darstellen. Eine seiner Raketen setzte eine israelische Geflügelfarm in Brand. Das war’s dann. Zumindest vorerst.

Was haben Solingen, der Südlibanon, Gaza und Teheran gemeinsam? Sehr viel! Es geht um die Vorherrschaft des Islam gegenüber der Welt, die auf den jüdisch-christlichen Werten, festgeschrieben in der Bibel, basiert. Exakt diese Werte bilden die Grundlage für die gewachsenen individuellen Freiheiten, die Gleichstellung aller Menschen vor Gott und dem Gesetz und – bei aller berechtigten Kritik – den wirtschaftlichen Erfolg der westlichen Welt seit dem 2. Weltkrieg.

Der Terrorist von Solingen mag ein irregeleiteter Syrer sein, aber er handelte aus den gleichen niedrigen Beweggründen wie seine Vorbilder bei ISIS, Hamas oder Hisbollah. Das Mullah-Regime in Teheran ist hinter dem blutigen Geschäft die treibende Kraft, die die Welt derzeit in den Abgrund blicken lässt.

In Tel Aviv wird gerne gelacht, aber derzeit gibt es für die sonst lebenslustigen Israeli wenig Lebensfreude. Der Norden des Landes ist seit 11 Monaten unbewohnbar, das Ziel der Zerstörung der Hamas liegt in der Zukunft und niemand weiß, was die Hisbollah im Norden und der Iran im fernen Osten noch so alles vor haben.

Im Inneren hat es auch schon besser ausgeschaut. Die letzte Geiselbefreiung ist zwei Monate her, 109 – viele davon tot – befinden sich noch immer in den Klauen der Entführer. Hunderttausend demonstrieren mit den Angehörigen für eine „sofortige Befreiung“. Der national-religiöse Koalitionspartner missachtet immer wieder das in einer Demokratie lebenswichtige Gewaltmonopol des Staates und zündelt gegen Palästinenser im Westjordanland. Israels Wirtschaft zeigt starke Ermüdungserscheinungen, der Tourismus lahmt – verständlicherweise. Und oben drauf: Die ganze Welt ist gegen Israel, zumindest gegen Netanyahu.

Er hat sich angreifbar gemacht, denn der Staatsanwalt ist wegen mehrerer Korruptionsvorwürfe hinter ihm her, und er hält an Koalitionären fest, die mit Demokratie und ihren geschriebenen und ungeschriebenen Vorgaben wenig am Hut haben. Vor diesem Hintergrund ist seine Glaubwürdigkeit mehr als angekratzt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sein politischer Kompass für die Kriegsführung auch von seinen Widersachern – Benny Gantz, Naftali Bennett, Yair Lapid –, die alle auf seinen Stuhl wollen, fast uneingeschränkt geteilt wird: Hamas in Gaza muss zerstört und die Hisbollah-Gefahr im Norden muss ruhig gestellt werden. Das Gleiche gilt auch für die terroristischen Kräfte im Westjordanland. Alles aber viel leichter gesagt als getan. Die Zukunft Israels schaut jedenfalls düster aus.

Nahost-Experten aller Schattierungen verlangen von Israels Regierung eine politische Option für danach. Problem: Solange geschossen und täglich gestorben wird, ist jede politische Lösung obsolet, weil sich die Vorgaben jederzeit dramatisch verändern können. Außerdem lenkt die Danach-Diskussion vom tagtäglichen Leid auf beiden Seiten ab.

Und wieso eigentlich immer Israel? Wo ist die arabisch-moslemische Welt, immerhin 57 Länder, die Arabische Liga mit allein 22 Ländern, die ihren Brüdern und Schwestern in Gaza und im Westjordanland locker helfen könnten. Wenn Ägypten die Grenze zu Gaza öffnen würde – auf der fast unbewohnten Sinai-Halbinsel wäre Platz für Millionen, die derzeit in Gaza eingepfercht leben müssen. Die Verantwortung für die Tragik tragen die Terror-Organisation Hamas & Co.

Das Gleiche gilt für Jordanien, wo ebenfalls genügend Platz wäre für Millionen Palästinenser, die derzeit in Flüchtlingslagern im Westjordanland dahinvegetieren. Am Geld wird es nicht scheitern. Allein die Milliarden, die seit dem 7. Oktober im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert wurden, würden ausreichen, jeder Palästinenser-Familie ein Einfamilienhaus mit hochwertiger Einrichtung hinzustellen. Und es würden Kulturnahe zusammenkommen. Stattdessen wird der Kulturfremde stets in die Pflicht genommen.

Geht nicht? In Zeiten wie diesen muss jeder Stein umgedreht werden, heißt es doch immer, damit es zu keiner Armageddon-Eskalation kommt. Geht nicht, gibt es nicht! Jetzt ganz sicher nicht mehr.

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