„Macron siegt gegen Le Pen“, titelte die Süddeutsche Zeitung am 25. April 2022 einen Tag nach der französischen Präsidentschaftswahl am 24. April. Das stimmt, blendet aber aus, wie verlustreich dieser Sieg für Macron war. Eine kleine Wahlstatistik.
Emmanuel Macron und Marine Le Pen standen sich bereits bei der Präsidentschaftswahl 2017 gegenüber. Ein Vergleich der Wahlergebnisse ist aufschlussreich.
Die Zahl der Wahlberechtigten war 2022 um 1,2 Millionen höher als 2017, die der Wähler hingegen wegen der niedrigeren Wahlbeteiligung nur um 400.000. Es fällt auf, dass bei beiden Präsidentschaftswahlen ein Drittel der Wahlberechtigten keinen der Kandidaten wählten, sei es, weil sie nicht zur Wahl gingen (Nicht-Wähler) oder bei der Wahl einen ungültigen bzw. leeren Stimmzettel abgaben. Der leere Stimmzettel (le vote blanc) – der in Frankreich bei der Stimmauszählung eigens ausgewiesen wird – ist eine Art Votum gegen alle Kandidaten, was hier bedeutete: „Ni Macron ni Le Pen“ (weder Macron noch Le Pen).
Macron gewann 2017 die Präsidentschaftswahl mit 66,1 Prozent der Kandidaten-Stimmen souverän. 2022 erzielte er nur noch 58,5 Prozent und 2 Millionen Stimmen weniger, Le Pen hingegen gewann 2,7 Millionen Stimmen hinzu und steigerte sich von 33,9 auf 41,5 Prozent. Fazit: Macron hat die Wahl 2022 zwar gewonnen, aber als Amtsinhaber deutlich schlechter abgeschnitten als vor fünf Jahren als „Neuling“: Nur 18,7 Millionen der Wahlberechtigten (38,5 Prozent) haben ihn wiedergewählt.
Nach dem 1. Wahlgang hatte der drittplatzierte Kandidat, Jean-Luc Mélenchon (La France Insoumise: „Unbeugsames Frankreich“), seinen Wählern (21,9 Prozent) empfohlen, in der Stichwahl auf keinen Fall Le Pen ihre Stimme zu geben; zu Macron äußerte er sich nicht. Nun kommentiert er das Ergebnis, bei dem diese Wähler Macron zur Mehrheit verhalfen, mit der – sachlich richtigen – Bemerkung, Macron sei „der mit dem ungünstigsten Ergebnis gewählte Präsident der Fünften Republik“ (le plus mal élu des présidents de la Ve République).