Nach nur einer Woche Schonfrist brannte es am vergangenen Dienstag erneut im Migrantenlager Kara Tepe (griechisch Mavrovouni, beides bedeutet »schwarzer Berg«). Zwei Zelte wurden zum Raub der Flammen, da die Feuerwehr verspätet ankam. Die Ursache soll ein Kurzschluss gewesen sein, wie schon beim Brand vor drei Wochen. Man wundert sich ein wenig über die Elektrik in dem neu errichteten Lager. Könnten die Gründe vielleicht doch andere sein? Ganz so wie bei anderen Feuern in Migrantenlagern auch.
In der letzten Zeit gab es mehrere Brände und eine eindeutige Brandstiftung einer Afghanin, die zeigen, dass Feuer durchaus bewusst von den Migranten genutzt werden, um mit der Außenwelt zu kommunizieren und, muss man wohl sagen, um diese zu erpressen. Wie die lokale Website Sto nisi berichtet, entfachte Ende Februar eine 26-jährige, schwangere Afghanin einen Brand in Kara Tepe, »weil ihr Transfer nach Deutschland abgelehnt« wurde. Erst setzte sie ihre beiden Kinder vor das Zelt, dann zündete sie es an. Das Detail ist nicht unbedeutend: die Aggression richtete sich gegen das ihr zur Verfügung gestellte Zelt, in dem sie nicht mehr ausharren wollte. Sie wurde mit Verbrennungen ins örtliche Krankenhaus gebracht.
Bild verlässt sich auf Marquardt
Die Bild-Autoren Mohammad Rabie und Jeanne Plaumann berichteten lediglich vom jüngsten Kurzschluss-Brand in Kara Tepe, den sie mit einem versonnenen Blick auf das im Spätsommer abgebrannte »Camp Moria« verbinden: »Schon vor sechs Monaten brannte auf der griechischen Insel Lesbos ein Flüchtlingslager ab – das Camp Moria. Damals war nichts mehr zu retten, ein neues Lager musste errichtet werden.« Ein bisschen klingt das wie »Ich hatte eine Farm in Afrika«. In der griechischen Presse kann man noch immer lesen, dass der Moria-Großbrand vom letzten September vielleicht auch von NGO-Mitgliedern angefacht wurde, und zwar von solchen, die mit dem eigentlichen Lager nichts zu tun hatten, also nicht etwa dort mithalfen und unterstützten, sondern von außerhalb ihre eigenen Pläne verfolgten.
Die Bild zitiert Erik Marquardt (33), einen Politiker der Grünen und EU-Abgeordneten, der sich intensiv mit der Lage in der Ägäis auseinandersetzt. Marquardt meint zu Kara Tepe: »Eigentlich sollte alles besser werden, doch als die Aufmerksamkeit weg war, ist nichts besser geworden. Keine Schule, schlechtes Essen, viele unbeheizte Zelte und kaum Freiheit.« Und dabei war es doch die Freiheitsliebe vor allem anderen, die die Migranten auf die Ägäis-Insel trieb. Man weiß es von ihren Plakaten, wenn sie mal wieder ihre Weiterreise nach Westen, in wohlhabendere EU-Staaten fordern.
Erik Marquardt hat fünf Jahre lang Chemie studiert, ohne einen Abschluss zu machen, zog dann als Photojournalist los, um »Fluchtrouten« bis nach Afghanistan zu studieren. Derzeit hat er sich auf der Mittelmeerinsel Lesbos niedergelassen und beobachtet dort den vorläufigen Endpunkt dieser postmodernen Reiserouten. Inzwischen sitzt er im EU-Parlament. An einem Bundestagsmandat schrammte er 2017 knapp vorbei. Aber Marquardts Freunde sind ja bereits gut vertreten unter der Reichstagskuppel.
Immerhin weiß Marquardt aber das eine: »Nur vor Ort kann man das Problem nicht lösen.« Entlässt Erdogan erneut zehntausende Migranten in die griechischen Gewässer, dann werden die Inseln diese Belastung nicht mehr tragen können und wollen. Und das gibt wiederum dem Grünen Hoffnung: auf mehr Direktflüge für Migranten nach Deutschland und anderswohin. Dabei ist die öffentliche Meinung, was die irreguläre Zuwanderung betrifft, in den meisten EU-Ländern eindeutig. Auch Deutschland dürfte hier, fragte man die Bürger einmal wirklich nach dem, was sie wollen, nicht aus der Reihe tanzen. Insofern kann man Marquardt eine Illusion mehr zusprechen.
»Machtpolitisches Instrument« der EU-Kommission
Welche hat er noch? Vor allem eine: Der grüne Abgeordnete hätte gern, dass die EU-Kommission Griechenland wegen Menschenrechtsverletzungen anklagt. Aus Marquardts Sicht köchelt die Sache freilich schon seit einem Jahr vor sich hin. Denn was Marquardt unter EU-Strafe stellen will, begann mit der Verteidigung der EU-Außengrenzen im Südosten im letzten Frühjahr. Es geht ihm um vorgebliche griechische Gewehrschüsse an der Evros-Grenze, die damalige Aussetzung von Asylverfahren und – ganz zuletzt – auch um die sogenannten »Pushbacks«, die Griechenland heute zur Last gelegt werden. All das sieht Marquardt als »systematische Missachtung von EU-Recht«.
Ein Vertragsverletzungsverfahren, wie es der Grüne aus dem EU-Parlament fordert, ist laut der Bundeszentrale für politische Bildung »ein besonders wichtiges machtpolitisches Instrument« für die Europäische Kommission als »Hüterin der Verträge«. Nach Polen und Ungarn könnte bald also auch Griechenland in den Genuss eines großmächtig politischen Prozesses kommen. Aber wie wahrscheinlich ist das wirklich?
Was ist ihm in der Sache zu erwidern? Griechenland bestreitet rundheraus, dass es überhaupt Pushbacks an seinen Grenzen gibt. Außerdem gehöre es natürlich nicht zur normalen Praxis griechischer Grenzschützer, auf Grenzübertreter zu schießen. Und was nun die Aussetzung des Asylrechts vor einem Jahr angeht, war sie wohl ein Versuchsballon Athens, der zudem anzeigte, dass viele dieser Asylanträge nicht viel Sinn besaßen. Es handelt sich, wie allseits bekannt, meist nicht um Migranten mit triftigem Asylgrund, sondern um Armutsflüchtlinge und Glücksritter. Ja, man kann kritisieren, dass Griechenland diese Regelung nicht seit dem letzten März auf Dauer gestellt hat. Aber was würden die Asylfreunde in der EU wohl dann anstellen?
NGO Mare Liberum will Frontex abschaffen
Darüber hinaus muss man wieder und wieder feststellen: Pushbacks wären, wenn überhaupt, dann sicher nicht an der Grenze zur Türkei rechtswidrig. Die Türkei ist nun einmal ein Staat, den Integrationisten jahrzehntelang zum EU-Mitglied machen wollten und der sich auch weiterhin in einem Dialog mit den politischen Führern in der EU befindet. Sie ist offensichtlich ein sicherer Drittstaat, an dessen Westgrenze folglich keine »Flucht« stattfinden kann.
Zuletzt ist einer Beobachterin aus den Niederlanden Recht zu geben, wenn sie meint, dass zwei Absätze aus einem Frontex-Bericht fast alles sagen.
— Julia Verheul (@verheul_julia) March 12, 2021