Tichys Einblick
Brände und Explosionen in der Grenzregion

Griechenland: Nun brennt es auch am Evros, Regierung glaubt nicht an Zufall

Innerhalb von vier Wochen wurden drei Regionen angegriffen, denen eine Bedeutung für die nationale Sicherheit zukommt. Feuerwehrleute, Beobachter, aber sogar die Politik glauben nicht mehr an Zufälle. Zusätzliche Heereseinheiten tragen zur Überwachung der Grenzregion bei.

IMAGO / ANE Edition

Die Zeitung Estia hatte schon nach einem Feuer am Luftstützpunkt von Nea Anchialos im thessalischen Regionalbezirk Magnisia von Auffälligkeiten berichtet. Dort sind unter anderem F-16-Maschinen stationiert, die zeitweise an nahegelegene zivile Flughäfen ausgelagert werden mussten. Das war vor drei Wochen. Das Feuer war sehr plötzlich in unmittelbarer Nähe des Militärflughafens und eines Munitionslagers ausgebrochen. Trotz der Bemühungen der Feuerwehr, die Flammen durch neu geschlagene Schneisen und Erdwälle aufzuhalten, fing das Munitionslager Feuer, und so entstand ein aufsehenerregendes Bild für die Nachrichten. Von vier Stellen soll dieser Brand rund um die Militäranlage ausgegangen sein. Auch die Einwohner von Nea Anchialos brachten sich teils in Booten am Strand in Sicherheit. Die Notrufe über die 112 sollen so hoch wie kaum je gewesen sein.

Es geht um die Nutzung des Landes
Feuerwehr von Rhodos: Die Brände wurden von Menschenhand gelegt
Zuvor hatte das Feuer in einem Bergwald auf Rhodos, durch das einige touristisch genutzte Orte betroffen waren, die Aufmerksamkeit der Europäer gefesselt. Die aktuellen Brände in Griechenland entgehen dieser Aufmerksamkeit, weil sie weit von den touristischen Zentren stattfinden. Was aber auffällt: Auch diese Feuer brennen in ziemlicher Nähe einer Grenze, nämlich jener zur Türkei. Schon 2007 sei genau dasselbe passiert, schreibt Manolis Kottakis in der Estia, und so wagte er, noch bevor es geschah, die Prophezeiung, dass es nach dem angeblich zu demilitarisierenden Rhodos auch an der Evros-Grenze brennen würde.

Am Evros sind nun in nur zwei Stunden Brände an zwölf Stellen ausgebrochen, „entweder durch Brandstiftung oder Sorglosigkeit“, wie ein Feuerwehrsprecher gegenüber der Tageszeitung Proto Thema erklärt. Auch ein Regierungssprecher gab bekannt, dass er „weder an Koinzidenzen noch an zufällige Ereignisse“ glaubt. Die Feuer am Evros sind in einiger Entfernung voneinander ausgebrochen, einerseits unweit von Alexandroupoli, das einen Militärhafen mit Basis beherbergt. Der wird auch für Transporte in die Ukraine genutzt. Zum anderen brennt rund 40 Kilometer weiter nördlich der unter Naturschutz stehende Wald von Dadiá, der zudem in unmittelbarer Grenznähe zur Türkei zu finden ist. Die Brände dort brachen ebenfalls am Montag aus.

Region von besonderer Bedeutung für Sicherheit und Verteidigung

Doch nicht nur die Wälder mit teils seltenen Greifvogelpopulationen darin sind bedroht, auch die Dörfer. Die Bewohner nehmen das nicht gelassen, aber mit Realismus auf: Haben es die Flammen einmal bis an ein Dorf geschafft, dann beginnt der letzte Abwehrkampf gegen die Naturgewalten. Am Evros kamen den Feuern zudem starke Winde mit bis zu acht mit Böen bis zu neun Beaufort zu Hilfe. Es ist das Wüten der feuerspeienden Chimäre, das schon in der Antike nur durch einen Helden vom Format Bellerophons samt dem Quellöffner Pegasos beendet werden konnte. Man nennt es Wetter.

Auch auf Euböa und in Attika brennt es wieder. Und die ländlichen Gebiete beschweren sich, dass auch bei Bränden in bergiger Gegend keine Löschflugzeuge am Ort sind. Hinzu kommt aber, dass es hier um die Grenzregionen geht, die sowohl militärisch als auch migrationspolitisch von besonderer Bedeutung sind.

So befällt auch eine weitere Befürchtung die griechischen Brandbekämpfer: Könnten die Feuer am Evros eine Art „hybrider Kriegsführung“ bedeuten? Wobei der Gegner in diesem Fall wie so oft im Dunkeln bliebe. Und mögen das auch alles Verschwörungstheorien sein, so besagt das noch nicht, dass es nicht und niemals zu Verschwörungen einiger – im Inneren oder Äußeren – gegen andere kommen kann.

Auch am Evros brannten nun Munitionsdepots, von denen die Anwohner und Bürger sich wünschen würden, dass sie besser geschützt werden, um die Verteidigungsfähigkeit des Landes in allen Lagen sicherzustellen. Auch der Regionalbezirk Rhodopen, wo mehrheitlich eine muslimische Minderheit lebt, die gerne von der Türkei vereinnahmt wird, ist mit einem solchen Munitionsdepotbrand betroffen. Wie die Nachrichtenwebsite enikos.gr schreibt, eilte der Generalstabschef Konstantinos Floros – zusammen mit zwei Spezialeinheiten – in die Region, wo er aus nächster Nähe die Koordinierung der Kräfte überwacht. Es gebe, so die Website, mehrere Indizien für eine „nicht zufällige Folge von Geschehnissen“.

Jedenfalls bedeuten die Feuer eine reale Gefahr nicht nur für die Dörfer und Besitzungen, auch für den Grenzschutz am Evros. Sie senden die reale Botschaft einer möglichen Destabilisierung der Grenzregion durch die Lösch- und Rettungsbemühungen. Dass die Schlepper in der Region diesbezüglich auf dem Laufenden sind und diese Informationen auch ihren Schützlingen – den illegalen Migranten – stecken, ist ohnehin klar. Allein am Montag versuchten laut semi-offiziellen Angaben der regierungsnahen Zeitung Proto Thema 900 Migranten, illegal über die Landgrenze nach Griechenland einzureisen.

Heer verstärkt Patrouillen am Evros und in Minderheitenregionen

Der Minister für Bürgerschutz, Giannis Oikonomou (ND), hat daher nun nicht etwa eine Verminderung, sondern eine Verstärkung der Patrouillen am Evros durch die Grenzpolizei angeordnet, obwohl die Polizei zugleich auch die Feuerwehren unterstützen muss. Daraus resultiert ein schwieriger Spagat, der nicht überall gelingen muss. In unmittelbarer Nähe des brennenden Dorfes Avantas am unteren Evros bei Alexandroupoli wurde diese Gruppe illegaler Migranten aufgegriffen. Von anderen Brandherden im nördlichen Wald von Dadiá wird gleiches berichtet: Mal sind es Gruppen von 14, mal von 17 illegalen Migranten, die trotz der schwierigen Lage von den Grenzern festgenommen werden. Dennoch ist damit wohl erneut in mehr als 30 Fällen die illegale Einreise in den Schengenraum gelungen.

Auch die herbeigeeilten Heereskompanien werden zum Zweck der Patrouillen am Evros, aber auch an der griechisch-bulgarischen Grenze und – nota bene – in den inländischen Routen durch die muslimischen Minderheitengebiete eingesetzt. Sind das vielleicht nationalistische Nebelkerzen oder erfährt man auf diesem Wege auch etwas über die illegalen Migrationsströme im Nordosten Griechenlands?

Der Redakteur der Zeitung Estia ist sich jedenfalls sicher, dass die Feuer – anders als manchmal im griechischen Mythos behauptet – nicht vom Himmel fallen, sondern von Menschen gelegt werden. Darin ist er sich mit dem Ex-Pasok- und jetzt Syriza-Politiker Stefanos Tsoumakas einig. Das Volk sagt ohnehin nichts anderes. Es wäre wohl Zeit, diese Pyromanen-Höhle endgültig unter Wasser zu setzen. Doch das gelingt leider kaum mit dem griechischen Wetter im Sommer.

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