Die Unterstützung für den öffentlichen Appell der Generäle, Soldaten (meist der Reserve) und Gendarmen wächst. So berichtet der mitunterzeichnende General Dominic Delawarde, ehemals Mitglied im Generalstab, von einer wachsenden Unterstützung durch Soldaten und Reservisten. Schon am 30. April schrieb er, dass die Zahl der Unterzeichner von etwa 1.500 auf 10.093 angestiegen sei. Das meldete auch die Tageszeitung L’Opinion, wenn auch als »nicht verifizierbare« Angabe.
Die repräsentative Umfrage von Harris Interactive (für den Nachrichtensender LCI) ergibt, dass eine klare Mehrheit der Franzosen (58 Prozent) den offenen Brief unterstützt. Das gilt sogar für ein gutes Drittel der Grünen-Anhänger. Wähler aus dem linken (PS, LFI) und liberalen Lager (LREM) unterstützen den Aufruf zu etwa 45 Prozent. Am deutlichsten ist die Zustimmung bei den Unterstützern konservativer Parteien, mit 71 Prozent bei Wählern der Républicains (LR) und 86 Prozent bei Wählern des Rassemblement national (RN).
Den Grundaussagen des Appells stimmen dabei noch weitaus deutlichere Mehrheiten zu:
- In manchen Städten und Stadtvierteln kommen die staatlichen Gesetze nicht zur Anwendung (86 Prozent).
- Die Gewalt in Frankreich wächst von Tag zu Tag (84 Prozent).
- In Frankreich gibt es einen Antirassismus, der Hass zwischen den Gemeinschaften sät (74
Prozent). - Die französische Gesellschaft ist dabei, zu zerfallen (73 Prozent).
- Das Einschreiten von Polizei und Gendarmerie gegen die Gelbwesten hat zu einem Vertrauensverlust geführt (62 Prozent).
Immer noch knapp die Hälfte der Befragten sprechen sich für ein Eingreifen der Armee auch ohne Befehl aus, falls es darum gehen sollte, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. 45 Prozent glauben, dass Frankreich einem Bürgerkrieg entgegengeht. Zu diesen Aussagen gibt es eine starke Basis-Zustimmung in allen politischen Lagern mit zum Teil deutlichen Mehrheiten: So beklagen 74 Prozent der Grünen-Wähler die Entwertung der Gesetze in einigen Städten und Vierteln. Der gleiche Anteil der sozialistischen Wähler glaubt, dass die Gewalt im Lande wächst, knapp drei Viertel der Unterstützer der radikal-sozialistischen Partei La France Insoumise (LFI) glauben, dass der neue Antirassismus Hass zwischen den Gemeinschaften erzeugt.
Insgesamt ein Meinungsbild, das aufhorchen lässt: Die Franzosen pflichten dem aktuellen Befund der Appell-Verfasser mit teils überwältigenden Mehrheiten bei. Nur bei Zukunftsaussichten und Handlungsanweisungen sind sie sich teilweise uneins.
Es bleibt bei einer medial verbreiteten Ablehnung des Appells aufgrund seiner »Form«, nicht des Inhalts. Auch Marine Le Pen wird in dieser Richtung angegriffen, so im Journal du Dimanche, vor allem, weil einige Formulierungen in dem Aufruf einer Anstachelung zum Aufstand gleichkämen. So wird auch ein »Polemiker« aus dem Orbit des Rassemblement national zitiert, der Le Pen davor warnt, ihr öffentliches Eintreten für den Appell werde wie ein »Bumerang« zu ihr zurückkehren.
35 Prozent der Franzosen stehen laut der Harris-Interactive-Umfrage hinter Le Pens Entscheidung, sich den Appell zueigen zu machen.