Tichys Einblick
Erschütterte Abgeordnete

Frankreich: Entsetzen und Tränen nach Zeigen des Hamas-Videos im Parlament

Nach der Vorführung eines Videos zum Hamas-Terror gegen israelische Zivilisten zeigen sich französische Abgeordnete bis ins Mark erschüttert. Besonders aufgewühlt naturgemäß: der Abgeordnete für die Auslandsfranzosen in Israel. Die parlamentarische Linke sah die Vorführung kritisch.

Screenprint: via X

In der französischen Nationalversammlung bekamen die Abgeordneten aller Fraktionen am Dienstag die Möglichkeit, sich die Videodokumente vom terroristischen Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten anzusehen. Der Film in einer Länge von 45 Minuten wurde ihnen von der israelischen Regierung zur Verfügung gestellt. Es enthält Videos, die israelische Kräfte gefangen genommenen oder getöteten Hamas-Angreifern abgenommen haben. Abgeordnete berichteten danach vom „Horror“, den sie sahen.

Laut Medienberichten zeigen die Videos Zivilisten, die verfolgt und aus nächster Nähe erschossen werden, Leichen von gefolterten Erwachsenen, Kindern, die in ein Gebüsch geworfen wurden, auch Bilder ermordeter Säuglinge. Daneben seien Angreifer zu sehen, die sich ihrer Taten auch noch brüsten oder – ein Erfrischungsgetränk zu sich nehmen.

Mehr als schockiert, vielmehr in einen emotionalen Ausnahme- und Alarmzustand versetzt zeigte sich der jüdische Abgeordnete Meyer Habib, assoziiertes Mitglied der Fraktion der Républicains, gewählt auch von den Stimmen der Auslandsfranzosen in Israel. Er kann, von mehreren Reportern befragt, zunächst kaum sprechen. Das sei sein Volk, Brüder seien das, die da auf barbarische Weise getötet wurden. Er will nicht, dass seine Tränen von diesen Feinden gesehen werden. Dann fängt er sich: Man müsse verstehen, dass Israel sich gegen diesen Angriff verteidigen muss. Es müsse „diese Barbaren vernichten, diese Wilden, die sich darüber freuen, Frauen und Kinder getötet zu haben“.

Habib schildert eine besonders ergreifende Stelle des Videos. Ein vielleicht zehnjähriger Junge wandte sich darin an die Terroristen, sagte ihnen: „Tötet mich doch auch!“ Zuvor hatten die Hamas-Männer seine beiden Eltern vor seinen Augen ermordet. Ob sie seiner Bitte am Ende nachgaben? Unklar. Stattdessen habe einer der Terroristen eine Cola Zero geöffnet und getrunken. Solche Szenen sind in der Tat schon bekannt, nacherzählt von einem israelischen Offizier, in denen Terroristen ihre Opfer erst gemordet oder gefesselt und dann das auf dem Tisch stehende Essen gegessen hätten.

Chef der Sozialisten: Nicht die Thesen des einen oder anderen akzeptieren

Andere Abgeordnete sprachen von einem „Anschlag auf die gesamte Menschheit, die die unsere ist“, so Mathieu Lefèvre (Renaissance). Die, die das Video gesehen haben, könnten wohl für einige Zeit nicht in Frieden schlafen. Éric Ciotti, Chef der Républicains, gibt zu, dass er oft versucht war, den Blick abzuwenden. Für Julien Odoul (Rassemblement national) war die Freude der Angreifer an dem angerichteten Blutbad das Empörendste. Jede Infragestellung dieses Dokuments sei durchaus widerwärtig („à vomir“).

Doch genau die gab es von Seite der Parlamentslinken, die das Video mehrheitlich gar nicht erst vorführen oder ansehen wollten. Ein kommunistischer Abgeordneter sprach sogar von einer „Form von Anstößigkeit“ in dieser Initiative. Der Vorsitzende der Sozialisten (PS), Olivier Faure, weigerte sich in ziemlich gewundener Logik, an etwas teilzunehmen, was doch zunächst eine „Propaganda-Operation der Hamas“ gewesen sei. Seine nachklappenden Sätze verdeutlichen, was Faure wirklich meinte: „Frankreich muss seine historische Haltung beibehalten, nicht die Thesen der einen oder anderen Seite zu akzeptieren, sondern unsere Fähigkeit zu bewahren, weiterhin sowohl mit den Israelis als auch mit den Palästinensern zu sprechen.“

Meyer Habibs Vater war ein Freund von Premierminister Menachem Begin, und Habib selbst sieht Benjamin Netanjahu als seinen „Bruder“. Offenbar gilt das auch für andere Israelis, wie sein Statement zeigt. Netanjahu hat ihn einmal als seinen persönlichen Vertreter in Frankreich bezeichnet. Nach den Terror-Attentaten des IS vom Ende 2015 öffnete Habib den Weg für gemeinsame Beratungen der französischen Parlamentarier mit Kollegen aus Israel, um auf beiden Seiten Klarheit über die Natur des islamischen Terrorismus zu gewinnen.

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