Durow überlebte Russland, nachdem er sich mit der Gründung des größten nationalen Netzwerkes in Russland Behörden zum Feind gemacht hatte. Jetzt hat Frankreich den russischen Unternehmer Pawel Durow festgenommen, als er am Samstagabend aus Aserbaidschan einreisen wollte und am Flughafen Le Bourget bei Paris landete. Als im Westen die Zeit der großen sozialen Netzwerke anbrach, begann Durow mit seinem Bruder Nikolai in Russland mit dem Aufbau des Netzwerkes Vkontakte, nach dem bewährten Prinzip Facebook. Das hieß dann später vk.com und galt auch im Westen als freie unzensierte Plattform. Das Prinzip: Offenheit und freie Rede. Damit schossen die Nutzerzahlen schnell in Millionenhöhe.
Das Netzwerk diente auch als Plattform für die Kritik an Wahlfälschungen – in Russland. Durow wurde – wie zu erwarten – rasch vom russischen Geheimdienst FSB aufgefordert, die entsprechenden Seiten zu sperren. Diese Aufforderungen ignorierte Durow nicht einmal, sondern stellte sie im Gegenteil online und erregte damit erhebliches Aufsehen. Er begründete seinerzeit diesen Schritt damit, dass nur so die Zukunft der Plattform gesichert werden konnte. Ansonsten wären die Nutzer alle zur amerikanischen Konkurrenz übergelaufen. Später sollte er die Seite des russischen Regierungskritikers Alexei Nawalny sperren. Durow weigerte sich und veröffentlichte stattdessen die Aufforderungen des Kreml. 2013 gründete er den Messengerdienst Telegram und verkaufte seine Anteile an vk.com.
Lange Zeit wusste niemand, wo er sich eigentlich aufhält, Russland hatte er verlassen, nachdem die Behörden Wohnung und Firmenzentrale durchsuchten. Leider sei das Land derzeit nicht mit dem Internetgeschäft kompatibel, so Durow. (‚Ich fürchte, die Behörden können mich nicht ausstehen.‘) Das war bereits vor 10 Jahren.
Durow ließ sich in Dubai nieder, steuerte von dort aus die Geschicke von Telegram und musste sich von deutschen Medien, die Telegram zuvor noch für seine Bedeutung für die belarussische Opposition gepriesen hatten, Vorwürfe gefallen lassen, dass diese Plattform freie Rede zuließ. Freie Rede! So richtig ohne Zensur, ohne Löschen – für deutsche Medien eine Schreckensvorstellung.
Während der Coronazeit war Telegram eine wichtige Austauschplattform für Kritik aller Art an staatlicher Maßnahmenpolitik. Das Bundesamt für Justiz hatte Bußgeldbescheide über fünf Millionen Euro erlassen, weil Telegram angeblich gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstoßen habe, konnte aber die Bescheide nicht an eine Adresse in Dubai zustellen.
Die Vorwürfe der französischen Behörden gegenüber Durow kennt dieser bereits bestens aus früheren russischen Zeiten: keine Kooperation mit den Behörden. Die hätten Vorermittlungen eingeleitet. Er habe nicht bei Telegram eingegriffen und sich deshalb des Betrugs und Vergehen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch schuldig gemacht. Unzureichende Kooperation – d. h. keine Daten und Klarnamen von Nutzern herausgegeben.
Dies könnte man auch Datenschutz nennen. Die Vorwürfe, massive Einschränkungen zu begründen, sind immer ähnlich: Schutz vor Kinderpornografie, Drogenhandel etc. Natürlich nicht ausgeschlossen – im Gegenteil auch ziemlich sicher –, dass über diese Dienste auch ziemlich schmutzige Geschäfte verabredet werden.
Durow habe nicht entschieden genug »Hassrede« bekämpft, heißt es, also Konten gesperrt und Nutzerkommentare gelöscht. Dieser neue Begriff muss jetzt mehr und mehr herhalten, wenn es um Überwachung und Verbote geht. »Zensur« und »Meinungsfreiheit bekämpfen« klingen unschöner.
Die Versuche, die großen Internetplattformen an die Kandare zu legen, sind alt und werden immer massiver. Telegram, neben X eine der freien unzensierten Plattformen, soll kontrolliert werden. Staaten wollen Backdoors im Quellcode haben, durch die sie spionieren können und die interne Kommunikation ihrer Bürger mitlesen können. Duwel erlebte auch, wie in den USA FBI Agenten ihn besuchten und Details über den Programmcode von Telegram erfahren wollten. Darüber berichtet er zuletzt in einem seiner seltenen öffentlichen Interviews – hier mit Tucker Carlson.
In Großbritannien verhaftet die linke Regierung Bürger massenhaft wegen Kritik an Messermorden und Migrationspolitik, so ein Posting zusammenfassend bei X. Irland versucht Äußerungen zu verbieten. Brasilien zwingt X, das frühere Twitter, zur Flucht, Australien versucht Beiträge auf X zu zensieren, und schließlich will EU Kommissar Breton Elon Musk erpressen. ( »Das Vögelchen tanzt nach unserer Pfeife!«)
Die Verhaftung Durows in einem einstmals freien Land ist alarmierend. Elon Musk weigert sich konsequent, den staatlichen Aufforderungen zur Unterdrückung von Meinungsäußerungen zu folgen.
Treppenwitz: Die russische Botschaft in Frankreich soll sich bereits um die Festnahme Durows kümmern, der neben der französischen auch die russische Staatsbürgerschaft hat – ein gefundenes Fressen im Propagandakrieg.