Tichys Einblick
Täter: verurteilter Migrant

Vergewaltigte und ermordete Studentin: Frankreich unter Schock

Nach der Vergewaltigung und Ermordung einer 19-jährigen Studentin kochen die Emotionen in Frankreich hoch: Der Täter, bereits wegen Vergewaltigung verurteilt, hätte abgeschoben werden sollen, war aber untergetaucht. Der Fall offenbart umfassendes Versagen der Behörden.

Paris, Frankreich, 29. September 2024

picture alliance / Hans Lucas | Quentin de Groeve

Die Nachricht von der Vergewaltigung und Ermordung der 19-jährigen Philippine in einem Vorort von Paris durch einen marokkanischen illegalen Migranten, der bereits gerichtlich verurteilt worden war und dem die Abschiebung drohte, verschärft die Wut der französischen Bürger. Sie müssen dabei zusehen, wie das wiederholte und schuldhafte Versagen des Justizsystems zu blutigen, eigentlich vermeidbaren Tragödien führt.

Die Reihe der Ereignisse, die zum Tod von Philippine, einer 19-jährigen katholischen Studentin, führte, verdeutlicht eine dramatische Verkettung von Verantwortlichkeiten, die bereits in ähnlichen Fällen zu beobachten war.

Die Website Fdesouche dokumentiert die wichtigsten Stationen im Leben von Taha O., dem 22-jährigen Marokkaner, der in der Schweiz wegen des Verdachts auf Mord an Philippine verhaftet wurde.

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Im Jahr 2019 vergewaltigte er, der als Minderjähriger legal nach Frankreich eingereist war, eine 23-jährige Frau. Er wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt, verbüßte aber nicht die volle Strafe, sondern wurde nach fünf Jahren entlassen. Im Juni 2024 wurde gegen ihn eine Ausreiseverpflichtung (OQTF) erlassen, er wurde in eine Abschiebehaftanstalt gebracht, wo er auf seine Abschiebung wartete. Die Zustimmung seines Herkunftslandes Marokko und die Ausstellung eines Konsularpasses standen noch aus.

Am 3. September beschloss ein Richter, ihn freizulassen. Einige Tage später gab Marokko grünes Licht für die Abschiebung, aber es war zu spät. Taha O. war untergetaucht und hatte sich seinen Verpflichtungen, sich an- und abzumelden, sowie dem Hausarrest in einem Hotel entzogen. Am 19. September, dem Tag vor der Ermordung von Philippine, stand er auf der nationalen Fahndungsliste. Die Stimmen derer, die mit Taha O. zu tun hatten und wussten, wie gefährlich er war, mehren sich – dennoch hatte man ihn fahrlässig auf freien Fuß gesetzt.

Der Polizeibeamte, der im Fall der ersten Vergewaltigung ermittelte, die Taha O. im Jahr 2019 eine siebenjährige Haftstrafe einbrachte, äußerte sich gegenüber der Presse. Ihm zufolge verdankte die junge Frau, die bei einem Waldspaziergang angegriffen wurde, ihr Überleben damals nur ihrer außergewöhnlichen Geistesgegenwart, den Widersacher in ein Gespräch zu verwickeln und ihn zu täuschen: Sie gab vor, sich mit dem Mann treffen zu wollen, der sie gerade angegriffen hatte. Für den Polizeibeamten bestand kein Zweifel daran, dass Taha die junge Frau umgebracht hätte, die dank dieses Tricks entkommen konnte.

Anfang September wurde der Mann zum vierten und letzten Mal von der französischen Justiz verhört, während er in einer Haftanstalt saß. „Ich verstehe nicht, warum ich immer noch in dieser Einrichtung bin. Ich möchte Frankreich verlassen“, sagte er damals. Der mit der Prüfung seines Falles beauftragte Richter bestätigte, dass er mit seiner Verurteilung wegen Vergewaltigung „die Sicherheit von Personen untergraben hat und dass angesichts dieser strafrechtlichen Verurteilung und der persönlichen Situation des Betroffenen, der weder über eine Unterkunft verfügt, noch sozial oder beruflich integriert ist, und der kein Einkommen hat, die Gefahr der Wiederholung von Straftaten und damit die Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht ausgeschlossen werden kann“.

Für die Justizbehörden war offensichtlich, dass der junge Mann auf dem Weg war, erneut straffällig zu werden, was sie jedoch nicht daran hinderte, ihn freizulassen. Pierre-Marie Sève, Direktor des Instituts für Justiz, weist darauf hin, dass es sich nicht nur um eine Einzelfallentscheidung handelt, sondern dass das gesamte französische Recht darauf ausgerichtet ist, „wissentlich für Straflosigkeit zu sorgen“ und die Freilassung von Straftätern zu fördern. Daraus ergibt sich die ungewöhnlich hohe Rückfallquote, wie der Analyst Marc Vanguard, Spezialist für Sicherheits- und Einwanderungsstatistiken, auf X feststellt.

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Ein weiteres kontroverses Thema sind die Bedingungen, unter denen ein zur Abschiebung vorgesehener Migrant in sein Herkunftsland zurückgeschickt wird. In diesem Fall zog ein Verwaltungsfehler den Fall in die Länge und verzögerte die Reaktion der marokkanischen Behörden. Doch allzu oft werden OQTFs nicht vollstreckt, weil das französische Außenministerium nicht in der Lage ist, sich bei den Herkunftsländern der Straftäter Respekt zu verschaffen, um die für die Abschiebung erforderlichen Konsularpässe zu erhalten.

Eine Anhäufung von Entscheidungen und fehlerhaften Praktiken, mit denen wir uns nicht abfinden dürfen. Alexis Brézet, Chefredakteur von Le Figaro, sagt in einem Interview mit dem Radiosender Europe 1: „Wir wollen gegen die Akzeptanz des Unvermeidlichen und die Aufgabe des Willens aufbegehren. Ohnmacht ist kein Schicksal. Was ist der Sinn der Politik, wenn sie ein junges Mädchen, das gerade die Universität verlässt, nicht schützen kann?“

Philippines Kommilitonen sehen in der Tragödie einen Weckruf für diejenigen, die immer noch denken, die fehlende Sicherheit sei ein weit entferntes Thema, das sie nicht beträfe: „Wir wissen jetzt, dass das real ist“, so eine Studentin in Philippines Alter, die ebenfalls an der Universität Paris-Dauphine studiert.

In der politischen Klasse nehmen Wut und Empörung in einem entscheidenden Moment zu, da ein neuer Innenminister und ein neuer Justizminister im Amt sind. Sie könnten der Öffentlichkeit nun zeigen, wozu sie fähig sind. Doch auf Ergebnisse wird man sicher lange warten müssen: Der Innenminister auf der Rechten, der Justizminister auf der Linken stehen einander in der Frage, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, unversöhnlich gegenüber.

Für Jordan Bardella, den Vorsitzenden des Rassemblement National (RN), „ist unser Justizsystem lasch, unser Staat dysfunktional, und unsere Politiker lassen die Franzosen neben menschlichen tickenden Zeitbomben leben. Es ist an der Zeit, dass diese Regierung handelt: Unsere Landsleute sind wütend und werden kein Blatt vor den Mund nehmen.“

Diese Feststellung wird von der Linken geteilt. Für den ehemaligen französischen Präsidenten François Hollande sollten die Abschiebungen „schneller“ durchgeführt werden.

Nur die extreme Linke schert aus und empört sich mehr über den vermeintlichen „Rassismus“ derjenigen, die einen Groll gegen den marokkanischen Verdächtigen hegen, als über das Schicksal des Opfers.

Die Beerdigung fand am Freitag, den 27. September, in der Kathedrale Saint-Louis in Versailles statt. Es war bereits im Vorhinein erwartet worden, dass eine große Menge anonymer Unterstützer an der Seite des Mädchens stehen würde.


Übersetzte und leicht abgeänderte Fassung des Artikels von Hélène de Lauzun, der zuerst in englischer Sprache beim European Conservative erschienen.

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