Seit vergangenem Dienstag berichten Flugzeuge von GPS-Störungen an der finnischen Ostgrenze. Am Mittwoch kamen Störungen rund um die russische Exklave Kaliningrad hinzu, am Donnerstag weitere Unterbrechungen an der finnisch-norwegischen Grenze. Das meldet die schwedischsprachige Zeitung Hufvudstadsbladet.
Die Störungen betreffen aber keineswegs nur die unmittelbare Grenzregion, sondern wirken sich auf weite Landesteile aus. Flüge zwischen Helsinki und Savonlinna im Osten des Landes gelten derzeit als undurchführbar und wurden bis mindestens Anfang der Woche gestrichen. Auch auf Flügen zwischen Mikkeli und Kuopio, der größten Stadt Ostfinnlands, wurde Alarm wegen GPS-Störungen ausgelöst. Außerdem führt der Großteil der europäischen Flüge von Finnair über Kaliningrad.
Das letzte Mal gab es ähnliche Störungen in Finnland im Herbst 2018, als eine Nato-Übung stattfand. Damals betrafen die Störungen auch das nördliche Norwegen und Finnisch-Lappland. Als Auslöser konnten damals russische Truppen auf der Halbinsel Kola ausgemacht werden.
Biden und Niinistö sprachen von gemeinsamer „Abschreckung“
GPS-Signale können auf zwei Wegen gestört werden: durch das sogenannte Jamming und das Spoofing, wobei entweder ungültige oder falsche Positionsdaten erzeugt werden. Russland war schon früher durch GPS-Spoofing aufgefallen. Angeblich bleibt das Fliegen aber auch bei einem GPS-Ausfall sicher, es gebe vorgeschriebene Vorgehensweisen auch für diesen Fall, sagte der Direktor der finnischen Transportagentur Traficom.
Das Global Positioning System (GPS) wurde ursprünglich vom US-Verteidigungsministerium entwickelt und wird weiterhin von der US-Regierung betrieben und kontrolliert. Durch die geringe Signalstärke ist es – zumindest in kleineren Arealen – leicht durch zusätzliche Signale zu unterdrücken. Angeblich kann aber die US-Regierung das Signal verzerren oder auch abschalten.
Mit Präsident Biden hatte Niinistö unter anderem über die Stärkung der bilateralen Beziehungen und die „Sicherung der Verteidigung und Abschreckung in Nordeuropa“ gesprochen. Man kann das als Reaktion auf zweierlei verstehen: Zum einen hatte Russland noch vor dem Angriff auf die Ukraine festgestellt, dass Finnland und Schweden keinesfalls Mitglieder der Nato werden dürften. Inzwischen hat der Überfall auf die Ukraine die Sicherheitsbedenken der nordischen Nachbarn aktualisiert. Dieser Tage hat der Kreml diese Warnung erneuert, im Falle eines Beitritts werde Russland „Vergeltungsmaßnahmen ergreifen“. Die Gesprächsnotiz des Weißen Hauses balanciert auf diesem Grat, wenn sie zwar von einer irgendwie gemeinsamen „Abschreckung“ in Nordeuropa spricht, dabei aber auf bilaterale Wege verweist.
Am Freitag gab es ein Telefongespräch zwischen Präsident Sauli Niinistö und Wladimir Putin, in dem es angeblich ausschließlich um den Ukraine-Krieg ging. Man kann sich aber denken, was Niinistö seinem Amtskollegen außerdem gesagt haben dürfte. Und selbst wenn die GPS-Störungen nicht angesprochen wurden, so bildeten sie wohl den Hintergrund des Anrufes.
Niinistö: „Zuerst dachte ich, dass die Ukraine nur der Köder ist“
Niinistö gilt als ein intimer Kenner Putins. Vor einem Monat – zwei Wochen vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine – erzählte der finnische Präsident dem Spiegel seine Version der letzten Monate, die vielleicht einmal als Wendepunkt in die Geschichte eingehen werden. Interessant ist daran: Die ursprüngliche Wende bestand eigentlich in einer Annäherung der USA an Russland, welches der neuen Regierung Biden nicht mehr als Hauptgegner zu gelten schien. An diese Stelle war China gerückt. Hat genau diese Aufmerksamkeitsverschiebung den Russen die Möglichkeit gegeben, den Feldzug gegen das Nachbarland vorzubereiten?
Niinistö meinte zuletzt, dass Russland auch bereit sei, „hohe Preise für das zu bezahlen, was es für wichtig hält“. Diese Worte könnten auch Finnland einmal betreffen. Das Land hat sich dabei durchaus für eine kriegerische Auseinandersetzung gerüstet: Es verfügt über 300.000 Reservisten und laut Niinistö über eine der stärksten Artillerien in Europa.