Tichys Einblick
Rektorin mit 14.000 Euro Gehalt

Federica Mogherini: Ehemalige EU-Kommissarin auf einem EU-Rektorenposten

Mit Federica Mogherini wurde eine ehemalige EU-Kommissarin auf einen EU-Rektorenposten befördert. Das Collège sieht sie als Mittel zur weiteren Integration des Kontinents. Das zeigt sich etwa am Beispiel Albanien. Sie spielt so ein bekanntes sozialistisches Spiel weiter: Du hilfst mir, ich helfe dir.

IMAGO / Belga

Eigentlich wird diese EU ja ohnehin seit langem als Endstation für abgehalfterte Politiker in Europa angesehen. Die derzeitige Kommissionspräsidentin mit ihren endlosen SMS- und Nicht-SMS-Skandalen ist da nur ein Beispiel von vielen. Was passiert aber eigentlich, wenn so ein europäischer Acker- oder Streitgaul auch in Brüssel wieder von seinem Halfter befreit ist? Wohin soll er dann? Das Problem hat ähnlich wie im nationalen Rahmen eine Lösung gefunden, das heißt vermutlich sogar viele. Denn natürlich findet sich danach noch ein Pöstchen für Ex-Funktionäre in Narzissmus oder Not. Und die müssen dafür nicht unbedingt über Qualifikationen verfügen, bis auf die der Biegsamkeit, was die (vermeintlichen) EU-Interessen angeht.

Bewusste Irreführung
EU-Außenbeauftragte Mogherini für ein Offenhalten der Zuwanderung über das Mittelmeer
Ein solcher Fall ist Federica Mogherini, die ehemalige Außenbeauftragte der EU vom postkommunistischen Partito democratico (PD), die im April 2020 bekanntgab, sich um den Posten des Rektors beim Collège d’Europe (College of Europe) in Brügge zu bewerben, einer schon älteren Bildungseinrichtung, die gelegentlich schon als Erbhof aufgefallen war. Allerdings traf ihre Bewerbung sofort auf Kritik, weil sie nämlich bis auf einen Magisterabschluss in politischer Philosophie keine weitere akademische Qualifikation vorweisen konnte. Ihre Abschlussarbeit behandelte die Beziehung von Religion und Politik im Islam.

Die linke Libération https://www.liberation.fr/planete/2020/04/26/l-union-europeenne-soigne-ses-anciens-dirigeants_1786434/ schrieb damals: „Die EU kümmert sich um ihre früheren Anführer“. Mit dem „Fallschirm“ sei sie über dem Collège abgeworfen worden, jener zweiten ENA (École nationale d’administration, geheiligte Kaderschmiede Frankreichs), nur eben für die EU. Zuvor saßen, wie sonst auch an Hochschulen üblich, Professoren auf ihrem Posten, für den es laut Libération ein Gehalt von 14.000 Euro monatlich gibt.

Und natürlich stellt so ein direktes Hinüberrutschen von einem EU-Posten auf den anderen einen erheblichen Interessenkonflikt für alle Beteiligten dar. Ursula von der Leyen hatte sich persönlich für Mogherinis Ernennung zur Hochschulrektorin ausgesprochen. Die Kommission finanziert das Collège zu 50 Prozent. Zu allem Überfluss hatte Herman Van Rompuy, früherer EU-Ratspräsident und danach Vorsitzender im akademischen Rat des Collège, alle wahrhaft akademischen Kandidaten, würdige Professoren, aus dem Rennen genommen, um sich allein mit Federica Mogherini zufriedenzugeben.

Leumundszeugin bei der Panzeri-Kaili-NGO

Affäre um Gelder aus Katar und Marokko
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Nun bestand zu keinem Zeitpunkt der Anlass, Mogherini als ein Genie der europäischen Außen- oder sonstigen Politik anzusehen. So forderte sie 2015 allen Ernstes die Integration des „politischen Islam“ in den politischen Diskurs Europas. Im April 2019 schlug sie vor, dass die Schiffe der EU-Mission „Sophia“ ins zentrale Mittelmeer zurückkehren sollten, da dieselben sich als „effektive Abschreckung“ gegen Schlepperbanden erwiesen hätten. Die Missionsschiffe hatten aber tatsächlich noch selbst Bootsmigranten aufgenommen. Und der italienische Innenminister Matteo Salvini weigerte sich, die falschen „Bootsflüchtlinge“ in italienischen Häfen an Land zu lassen. Man konnte das Ganze als italienisches Pingpong auf dem EU-Spielfeld ansehen, als Winkelzug der linken Kommissarin gegen den rechten Minister.

Zuletzt gehörte Mogherini zu den prominenten Credentials, Prestige-Garanten oder Leumundszeugen der mehr als zwielichtigen NGO „Fight Impunity“ (etwa „Kampf der Straffreiheit“), deren zentrale Akteure selbst am Ende wohl nicht straffrei davonkommen werden. Es handelt sich um den Ex-EU-Abgeordneten Pier Antonio Panzeri, den Parlamentsassistenten Francesco Giorgi und seine Frau, der Ex-Parlamentspräsidentin Eva Kaili, denen Korruption im Umfeld des EU-Parlaments vorgeworfen wird. Verbundenheit mit sozialdemokratischen Kreisen kann man der PD-Frau kaum verdenken, aber diese NGO hatte ja bekanntlich nur das Ziel, gegen Schmiergelder die Interessen von Katar und Marokko (vielleicht auch anderer Länder) in den EU-Gremien hochzuhalten.

Nur wenige Tage nach ihrem Mittelmeer-Vorschlag regte die Hohe Repräsentantin Mogherini einen Landtausch zwischen Serbien und dem Kosovo an – zum heftigen Protest der Kritiker in der Region wie etwa auch im deutschen Bundestag. Man befürchtete weitere Grenzneuziehungsdebatten auf dem Balkan. Das war also zumindest eine Instinktlosigkeit, aber sie kam nicht von ungefähr.

Denn mit den Albanern und Kosovaren scheint es Mogherini ohnehin zu haben. Mogherini verhandelte monatelang mit dem UÇK-Anführer Hashim Thaçi und dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Oder versuchte es, denn zuletzt verweigerte der Serbe gemeinsame Treffen. Da kündigte sich schon die „Haager Karriere“ Thaçis an. In Den Haag hat nun der Prozess gegen Thaçi vor dem Kosovo-Sondertribunal begonnen. Kriegsverbrechen und solche gegen die Menschlichkeit werden ihm vorgeworfen, Mord, Folter und Verschleppung. Die UÇK gilt laut Anklage als „kriminelle Vereinigung“.

Ehrendoktor aus Tirana und Beitrittsbeihilfe für Albanien

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Und vielleicht hängt mit Mogherinis Vorliebe für die albanische Nation auch eine Ehrung der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright zusammen, die im März 2022 verstorben ist. Albright galt – nicht zuletzt durch ein berühmt gewordenes Gruppenbild – als treue Verbündete der UÇK. Die geborene Pragerin aber doch zuvörderst US-Amerikanerin Albright wurde von Mogherini zur „Promotionspatronin“ des College of Europe für den Jahrgang 2023–2024 gemacht. Diese Ehre war bis vor kurzem historischen Persönlichkeiten aus der europäischen Geschichte vorbehalten. Die Absolventen des beginnenden akademischen Jahres werden als Jahrgang „Madeleine Albright“ in Erinnerung bleiben. Mit David Sassoli hatte Mogherini übrigens schon im letzten Jahrgang einem jüngst verstorbenen – immerhin noch europäischen – Politiker die Ehre erwiesen.

Also: Die Leitung des Collège ist bei ihr sicher nicht in guten Händen. Daran ändert auch die Verleihung eines Ehrendoktors der Universität Tirana nicht viel, den sie in diesen Tagen erhielt. Künftig ist sie also nicht mehr die Magistra Federica, sondern Dr. h.c. Mogherini. Das hilft vielleicht auch beim Verwalten einer Elite-Hochschule wie des Collège d’Europe.

Ein anderer Zufall ist vielleicht noch größer: Das Collège von Bruges könnte bald neben dem Zweitstandort im Warschauer Stadtteil Natolin noch ein drittes „Standbein“ in Albanien bekommen. Man weiß also auch im Land der Skipetaren, was man Mogherini möglicherweise dauerhaft verdanken wird. Überhaupt übertrifft die albanische Publizität für Mogherini derzeit die aller anderen Nationen. Albanien, das allerdings seine Beitrittsverhandlungen zur EU erst im letzten Jahr beginnen konnte, besitzt schon heute einen formalisierten „Zugang“ zum Rat des Collège. Der Rektor der Universität Tirana sieht Mogherinis Bemühungen als „wertvollen Beitrag“ zum EU-Beitritt seines Landes an. Offenbar hilft Mogherini den Albanern fleißig beim Punktesammeln. Und das Collège versteckt diese Tätigkeit nicht, rühmt sich ihrer vielmehr, https://www.coleurope.eu/rector-mogherinis-mission-tirana-albania obwohl die offiziellen Verhandlungen dadurch an Gewicht verlieren.

Neuerdings wird Mogherini sogar als mögliche Nachfolgerin von Jens Stoltenberg als Nato-Generalsekretärin gehandelt – aber eher auf den hinteren Rängen. Weitaus höher in dieser Thronfolgefrage dürften die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen und die britischen Ex-Premiers Theresa May und Boris Johnson stehen. Johnson ist neuerdings aller Pflichten in seinem Heimatland bar, seit er halb freiwillig, halb anklagend auf seinen Parlamentssitz verzichtete. Er hätte nämlich keineswegs müssen – es sei denn, das britische Meinungsklima wäre inzwischen so restriktiv, dass ein mutmaßlicher Partyfeierer im Lockdown nicht mehr vom Volk auf einen Parlamentssitz gewählt werden darf. Nun ja, einiges deutet auf eine restriktive Anti-Boris-Fraktion im Lande hin. Nato-Generalsekretärin dürfte Mogherini also nicht werden. Aber sie ist auch so gut versorgt auf ihrem Rektorenposten.

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