Nur ein Tag ist verstrichen, doch in Italien kam es bereits zum nächsten Verbrechensfall von fast nationaler Ausstrahlung. In Mailand traf es eine 21-jährige Deutsche, die nach einem Abend in einer Diskothek von einem Marokkaner begrapscht wurde, bevor er ihr das Handy stahl. Wir reden nicht von einer Tat derselben Intensität, wie sie die Gruppenvergewaltigung einer Dreizehnjährigen in Catania besaß. Aber das Täterprofil war immerhin sehr ähnlich: Auch hier stammt der Täter aus Nordafrika, und sexuelle Zudringlichkeiten spielen eine Rolle.
Inzwischen konnte die junge Sizilianerin, die auch durch ihre Selbstbefreiung nach der zweiten Vergewaltigung Mut zeigte, ihre beiden Vergewaltiger identifizieren, ihr Freund die fünf anderen Angreifer. „Einige lachten, einige feuerten die Vergewaltiger an, andere sahen schweigend zu“, fasst er das Verhalten der jungen Ägypter zusammen. Dann gibt es noch die widerwärtigen Versuche in Strafvereitlung. Ein 19-jähriger Ägypter spielte nach der Tat das Unschuldslamm und behauptete gegenüber der Polizei, nur zugesehen zu haben. Das Opfer und dessen Freund bestreiten das: Auch der 19-Jährige habe die Täter angefeuert.
Eine Anwältin beschrieb einen der Mittäter so: „Der Junge hält die Verbindung zu seiner Herkunftsfamilie, hat an Aktivitäten der Gemeinde sowie an Animations- und Photographie-Workshops teilgenommen. Er ist ein junger Mann, der immer den Wunsch gezeigt hat, sich zu engagieren und gute Rückmeldungen zu geben. Ich würde ihn als einen netten Menschen beschreiben.“ Man lernt nichts Neues über die Banalität des Bösen aus solchen Worten. Auch dass der Kontakt zur Herkunftsfamilie besteht, ist aufschlussreich: Der junge Mann hätte also einen Anlaufpunkt im Herkunftsland, an den er zurückkehren kann.
Die Linke schweigt, die Regierung nimmt Kurs auf Abschiebungen
Dann gibt es noch die politische Diskussion. Daniele Capezzone, Herausgeber der Tageszeitung Libero Quotidiano, ist entgeistert über das Schweigen der Linken, die doch sonst immer gegen das Patriarchat und für die Rechte der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung zu Felde zieht. Nun passt der aktuelle Fall aber nicht in die übliche Erzählung der Linken, in der die Immigranten bekanntlich überwiegend bis ausschließlich gutherzig sind.
Daneben sei das Gesetz von 2017, aus der Regierungszeit des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), das die Abschiebung Minderjähriger verbietet, eine schlichte Fehlleistung. Die Siebzehnjährigen, die oftmals unter das Gesetz fallen, seien durch nichts mit Kindern gleichzusetzen. Wie man sieht, werden aber Kinder mitunter zu ihren Opfern.
Für eine rasche Abschiebung der sieben Täter sprach sich nun – nach Vertretern der Lega Nord – auch Familienministerin Eugenia Roccella (Fratelli d’Italia) aus. Die Verurteilungen der jüngeren Vergangenheit und die daher rührenden Haftstrafen zeigen laut Roccella, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Immigration und sexueller Delinquenz gibt. Dieses Faktum hat wohl noch selten eine Familienministerin in der EU so offen ausgesprochen, obwohl etwa auch deutsche Daten dieselbe Auskunft geben.
Roccella kritisiert die verknoteten Zungen bei diesem Thema: Die „übermäßige Vorsicht, mit der das Thema Einwanderung in vielen Ländern – aus ideologischen Gründen oder aus Angst, vor das Gericht der politischen Korrektheit gestellt zu werden – gehandhabt wird“, helfe der Sache nicht, habe vielmehr „die Situation noch verschärft“. Die Situation – das ist die kontinuierliche Einwanderung mit den laut Roccella bekannten Folgen, die von der europäischen Politik noch immer zu wenig berücksichtigt wird.
„Wer eine Frau vergewaltigt, darf nicht in Italien bleiben.“ Die Familienministerin von der Meloni-Partei Fratelli d’Italia ist hier sehr klar. Bisher war ein solcher Schluss aus dem Gesetz nicht öffentlich diskutiert worden – auch in der regierungsgewogenen Presse tauchte das nicht auf. Sollte diese Anwendung des Gesetzes möglich sein, dann muss eventuell nur noch geklärt werden, wie sich das genannte ältere PD-Gesetz über „unbegleitete Minderjährige“ dazu verhält. Daniele Capezzone bleibt dabei, dass das Gesetz zum Schutz minderjähriger Migranten von 2017 geändert werden muss.
PD-Jugend meint, Tat wäre „Ergebnis struktureller Gewalt“
Die Ministerin, die sich seit langem für die Rechte von Frauen einsetzt, will keine „Rechtfertigungen“ für die Gewalt gegen Frauen mehr hören, die auf die „Herkunftskultur“ zurückgreifen. Die kritische Diskussion über patriarchalische Strukturen in Italien verliere jeden Sinn, wenn man nicht zugleich anerkennt, dass „es anderswo Kulturen gibt, die noch immer uralte und grausame Formen des Patriarchats und der Unterdrückung praktizieren, die in unserem Land weder Platz noch Nachsicht finden dürfen“. Man sollte also eventuell auch den Balken im Augen des anderen sehen, nicht nur den Splitter im eigenen Auge.
Tatsächlich hat die PD-Jugend von Catania anscheinend eine Mitteilung veröffentlicht, in der beklagt wird, die Untat aus dem Bellini-Park sei „das Ergebnis struktureller Gewalt und einer Vergewaltigungskultur, von der unsere Gesellschaft durchdrungen ist“, wie Il Giornale berichtet. Ein solches Statement verrät dieselbe Kultur des Wegsehens, wie sie leider auch in Deutschland üblich ist, nur hat man das Argument mit dem „inneren Patriarchat“ des Westens noch nicht so sehr strapaziert, mit dem sich zudem auch die Neuankömmlinge sehr rasch zu „infizieren“ scheinen.
In Deutschland wird meist sogar noch unschärfer „argumentiert“, es handle sich um unglückselige „Einzelfälle“, die aber natürlich wiederum nichts mit der mitgebrachten Kultur der Migranten zu tun haben, nur mit den Bedingungen unseres Zusammenlebens. Da ähneln sich die Länder wieder. Nur von Machismo kann in Deutschland eben wirklich nicht mehr die Rede sein.