Im journalistischen Alltag kommt es immer wieder vor, dass bereits veröffentlichte Texte wieder entfernt werden müssen, weil sie nicht den redaktionellen Standards entsprochen haben. Fehler sollten vor der Veröffentlichung ausgeräumt sein und eine nachträgliche Entfernung nicht vorkommen, aber wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Namen werden falsch geschrieben, Orte oder Daten verwechselt.
Und dann gibt es Artikel, die gelöscht werden müssen, weil systematisch gelogen wurde. So geschehen in zahlreichen Fällen durch Claas Relotius im Spiegel und anderen deutschsprachigen Medien. Und nun gibt es einen ähnlichen Fall bei der amerikanischen Zeitung USA Today. Das Blatt, das zu den auflagenstärksten gehört, hat festgestellt, dass eine Mitarbeiterin für ihre Artikel Personen und Zitate frei erfunden hat. Nach einer „externen Korrekturanfrage“ wurden die Texte von Gabriela Miranda überprüft. Dabei stellte man fest, „dass einige der zitierten Personen nicht mit den behaupteten Organisationen verbunden und anscheinend erfunden waren“.
Das Narrativ der Artikel entsprach der Blattlinie
Daher entfernte USA Today sodann gleich 23 Artikel von Miranda aus dem Online-Angebot, „weil sie nicht unseren redaktionellen Standards entsprachen“. Gabriela Miranda hat das Unternehmen inzwischen verlassen.
Laut Recherchen der New York Times soll die Journalistin noch versucht haben, die internen Prüfer mit falschen Angaben und vermeintlichen Aufnahmen von Interviews in die Irre zu führen. Miranda war bei der Zeitung für „trending news nationwide“ zuständig. Zu ihren Themen gehörten Abtreibung in den USA, alles rund um Donald Trump und Frauen in der Ukraine. Ihre Haltung zum ehemaligen US-Präsidenten Trump war stets konträr und ausgesprochen kritisch, was auch der Blattlinie entsprach.
Nicht der erste Skandal des Hauses
Während der letzten Präsidentenwahl rief USA Today die Leser dazu auf, Joe Biden zu wählen. Wahlempfehlungen sind eine in den Staaten gängige Praxis, die laut Medienexperten wie Norbert Bolz selbst gegen journalistische Standards verstößt.
Für USA Today ist es nicht der erste Skandal dieser Art. Bereits 2004 war das Blatt in einen ähnlichen Fall um den bis dato renommierten Kolumnisten Jack Kelly verwickelt. Daraufhin druckte die Zeitung eine öffentliche Entschuldigung auf die Titelseite und entließ Kelly. Mit der Causa Miranda kehrte diese manipulative Praxis zurück in die USA Today.
Peinlich ist der Skandal nicht nur für die Zeitung selbst, sondern auch für Facebook. Denn USA Today wurde 2020 „Factchecking Partner“ des sozialen Netzwerkes. Ausgerechnet die jetzt zum zweiten Mal mit Fake News verbundene Zeitung sollte also andere Meldungen auf deren Wahrheitsgehalt prüfen. Ein Auszug aus der Meldung von Meta/Facebook:
„Neue Partner für Faktenprüfung in den USA
Vor Kurzem haben wir die Agence France-Presse (AFP) und Reuters in unserem US-Programm aufgenommen und heute heißen wir USA TODAY als unseren neusten Partner für Faktenprüfung willkommen.
Unter der Koordination seiner zentralen Redaktion wird USA TODAY sein nationales Netzwerk aus lokalen Büros an über 260 Standorten im Land nutzen, um Faktenchecks im Zusammenhang mit den Wahlen und anderen wichtigen Ereignissen vorzunehmen. Wir wissen, dass die landesweite Reichweite von USA Today ein wichtiges Gegengewicht zu den Fehlinformationen darstellen wird, die sich in den verschiedenen Bundesstaaten verbreiten.“
Julian Marius Plutz