Frontex-Chef Fabrice Leggeri hat Medienberichten zufolge seinen Rücktritt angeboten. Das berichtet unter anderem die französische Nachrichtenagentur AFP. Der Frontex-Verwaltungsrat werde sich mit dem Angebot befassen. Weitere Rücktritte in der Leitung der Agentur werden erwartet.
Am Donnerstag hatte sich der Verwaltungsrat mit dem Fall Leggeri beschäftigt. Einige Länder – unter ihnen auch Schweden, Heimat von Ylva Johansson – kritisierten den Frontex-Chef, während Ungarn, Polen und Griechenland ihn unterstützten. Leggeri beklagte sich während der Beratungen, einige wollten Frontex offenbar in eine NGO verwandeln. Am Ende soll die Stimme Frankreichs den Ausschlag gegeben haben, das Leggeri seine Unterstützung entzog. So steht es bei den EU-Insidern von Politico.
Leggeri stand hinter der griechischen Küstenwache
Für den Spiegel war er schon lange „ein Behördenchef auf Abruf“ – kein Wunder, es war schließlich unter anderem der Spiegel, der seit Monaten die Abberufung Leggeris betrieben hatte, mit immer neuen „Enthüllungen“ zu sogenannten, angeblichen „Pushback-Fällen“.
Nun ist es zu spät: Es geschah, was zu erwarten war, seit es mehrere EU-Institutionen auf den Frontex-Chef abgesehen hatten. Neben linken und grünen EU-Parlamentariern war das auch die Antibetrugs-Agentur OLAF, die Zweifel an der Glaubwürdigkeit Leggeris säte. Vorwürfe wegen Fehlverhaltens und Belästigung von Mitarbeitern kamen auf, doch alles stand im Zusammenhang mit dem Richtungsstreit um Küstenschutz und Zurückweisungen. Die OLAF-Untersuchung steht angeblich kurz vor dem Abschluss.
Und Faesers Beitrag?
Man wird den Gedanken nicht ganz los, dass auch der Wechsel im deutschen Innenministerium zu diesem Sturz beigetragen haben könnte. Über Jahre saß Leggeri fest im Sattel, obwohl es schon da Vorwürfe gegen ihn, gegen Frontex und die griechische Küstenwache gab. Doch Bundesinnenminister Horst Seehofer hielt seine schützende Hand über Leggeri, wie sich auch zeigte, als dieser vom Innenausschuss des Bundestags befragt wurde. Gleiches galt bei dieser Gelegenheit für Dieter Romann, den Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums. Beide konnten an der Arbeit der griechischen Kollegen in der Ägäis und an Leggeris informeller Aufsicht darüber nichts Falsches bemerken.
Die griechische Regierung hat immer wieder darauf hingewiesen, dass sie das Recht zur Zurückweisung massenhaft auftretender Migrantenströme hat, wenn sich auch nur der Verdacht ergibt, dass diese keinen Anspruch auf Schutz haben. Diese Praxis ist in Griechenland inzwischen auch durch einen Regierungsbeschluss abgesichert, der die Türkei zum sicheren Drittland für die allermeisten Bootsmigranten erklärt hat.
Was Macron und die Ampel aus Frontex machen, ist ungewiss
Inzwischen wächst das Budget und der Mitarbeiterstab von Frontex, eigene Uniformen gibt es auch schon. Das EU-Establishment will die Grenzschutzagentur stärker nutzen – von der deutschen Ampelkoalition bis zum wiedergewählten Emmanuel Macron. Zu welchen Zwecken, steht wie bei allen anderen „EU-Einigungen“ (egal ob nur geplant oder schon beschlossen) in den Sternen.
Denn ob man aus Frontex nun eine wirkliche EU-Grenzschutzbehörde machen oder die Agentur weiterhin zur Überwachung an sich schon funktionsfähiger Grenzschutzbehörden und Küstenwachen einsetzen will, bleibt unklar. Vielleicht will man die Grenzschützer am Ende gar als Fährdienst für illegale Migranten in der Ägäis, dem zentralen Mittelmeer oder vor den spanischen Kanaren einsetzen – alles das ist nach Stand der Dinge vollkommen offen. Denn was die in Brüssel Etablierten beschließen und untereinander abmachen, erblickt leider nicht immer die Augen einer breiteren Öffentlichkeit. Und die Brüsseler Gummi-Verträge lassen einfach alles und nichts im weiten Kreis der EU zu, zumindest solange man sich an den Comment der Etablierten hält. Das hat Fabrice Leggeri vielleicht nicht immer getan. Es wurde ihm nun zum Fallstrick.