Nachdem die Gerüchteküche bereits tags zuvor brodelte, gab Elon Musk am Freitag Morgen seine Nachfolgerin als CEO des Kurznachrichtendiensts bekannt. Die 59-jährige Amerikanerin Linda Yaccarino wird Musk, der seit der Übernahme von Twitter das Amt selbst innehatte, auf der Position beerben. Während weite Teile der Medienlandschaft diese Entscheidung begrüßten, sehen viele Twitter-Nutzer eine neuerliche Beschneidung der Meinungsfreiheit am Horizont aufziehen.
Neue Twitter-Chefin sorgt für Kritik – auf allen Seiten
Als Elon Musk Linda Yaccarino als seine Nachfolgerin als Twitter-CEO vorstellte, griff auf Twitter Panik um sich, denn Yaccarino war federführend beteiligt an Impfkampagnen der Biden-Regierung und ist eine der Vorstandsvorsitzenden des WEF. Nach anfänglichem Jubel sorgen sich allerdings nun auch Linke über die anscheinend überaus flexible Yaccarino.
Kurz nach Musks Übernahme von Twitter führte der neue Besitzer bereits Ende 2022 eine Umfrage durch, ob er das Amt als Geschäftsführer wieder abgeben sollte. Die Nutzer stimmten dafür und nach längerem Hin und Her scheint Musk nun Wort zu halten. Doch seine Nachfolgerin stößt bei jenen Twitter-Nutzern, die auf Musks radikales Bekenntnis zur freien Meinungsäußerung bauen, auf wenig Gegenliebe.
Yaccarino gilt als Werbe-Expertin, die zuletzt beim Medienriesen NBCUniversal für das globale Werbegeschäft verantwortlich war. Der mediale Druck auf Musks Twitter der freien Meinungsäußerung hatte viele Großsponsoren auf Distanz gehen lassen, die Anstellung von Yaccarino wird allgemein als Versuch gewertet, wieder neues Vertrauen zu Werbekunden aufzubauen.
Doch Yaccarino ist nicht nur eine gewiefte Verkäuferin, sondern sieht sich und die Firmen, die sie vertritt, auch in einer pädagogischen Verantwortung. Im Zuge der Pandemie offenbarte sich Yaccarino als Maßnahmen-, Masken- und Impfbefürworterin. In ihrer Funktion als Vizevorsitzende des Ad Council produzierte sie regelmäßige Werbekampagnen zu Themen öffentlichen Interesses, u.a. erarbeitete sie im Jahr 2021 eine Impfkampagne für die Biden-Administration, an der auch Papst Franziskus teilnahm.
Seit 2019 ist Yaccarino darüber hinaus Vorsitzende der Taskforce „Zukunft der Arbeit“ des WEF und anderer Komitees und Organisationen, die sich Themen wie Quotenregelungen und Rassengerechtigkeit verschrieben haben. Vor allem ihre Verbindung zum WEF ließ bei vielen Twitter-Nutzern die Alarmglocken schrillen.
Kurze Zeit nach Bekanntgabe von Yaccarino als zukünftigem CEO, kursierte ein weiteres Video über die Plattform, in dem sie Elon Musk im April dieses Jahres dazu befragte, ob dieser potenziellen Werbeträgern zusichern könnte, nicht mehr nach drei Uhr morgens zu twittern. In demselben Gespräch brachte sie den Wunsch von Sponsoren zum Ausdruck, das, was Musk aufbaue, beeinflussen zu können. Der Twitter-Besitzer betonte zwar, dass ein solches Versprechen bedeuten würde, dass er sich beeinflussen lasse und dies das Konzept der freien Meinungsäußerung zunichte mache, doch mit seiner Entscheidung den Posten des CEO an Yaccarino abzutreten, bestätigte Musk wieder seinen Ruf als enigmatischer Milliardär, dessen Absichten nicht vollends transparent erscheinen.
Yaccarino entpuppte sich auch als Anhängerin der früheren Aussage von Elon Musk „freedom of speech, not freedom of reach“ („freie Meinungsäußerung, nicht freie Reichweite“) zu gewährleisten, womit bereits kurz nach der Übernahme von Twitter erste Sorgen laut wurden, dass die weit verbreitete Praxis der Reichweitenbegrenzung unliebsamer Meinung unter neuem Namen weiter fortgeführt würde.
Während viele etablierte Medien die Bestellung von Yaccarino feiern – der Standard bezeichnete sie gar als „Antithese zu Musk“ und eine „Absage an Verschwörungs-Twitter“ – mischen sich auch einige besorgte Stimmen aus dem Mainstream darunter, die darauf verwiesen, dass Yaccarino 2018 auch von Donald Trump in den Rat für Sport, Fitness und Ernährung berufen wurde und auf Twitter u.a. Michael Shellenberger, dem republikanischen Gouverneur von Florida Ron de Santis, sowie weiteren Accounts aus dem liberal-konservativen und alternativen Spektrum folgt.
So entsteht ein Bild der designierten Twitter-Chefin, das trotz eindeutiger Tendenzen, ähnlich wie bei Elon Musk, einer eindeutigen Kategorisierung in einem der Lager zugegen läuft. Es ist gerade diese Position zwischen den Fronten, auf die sich Musk in der Verteidigung seiner Entscheidung ebenfalls zurückzog, als er Yaccarinos Skeptikern auf Twitter zurief, „nicht zu früh zu urteilen“.
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