Tichys Einblick
Dokumentation

Ein Brief aus Los Angeles

Tichys Einblick dokumentiert einen authentischen, bedrückenden und doch zuversichtlichen Blick in die Zukunft mitten aus der Katastrophe in Los Angeles.

Blick aus der high school der Tochter von Gunter "Dicki" Fliszar am 7. Januar

Vor zwanzig Jahren haben meine Frau und ich an einem wunderschönen Ort an der Küste in der Nähe unseres Hauses geheiratet. Dort versammelten wir uns mit unserer Familie und Freunden. Einige waren aus der näheren Umgebung angereist, andere kamen aus weit entfernten Ländern und Kontinenten. Nach der Zeremonie unter einer wunderschönen alten Eiche fand unser Empfang in einem kleinen Saal, zehn Minuten zu Fuß durch die Schlucht entfernt, statt. Unsere Gäste und wir übernachteten in Hütten. Es war eine der besten Zeiten unseres Lebens. Seitdem ist unsere Familie oft zum Temescal Canyon gefahren, um eine schöne Zeit in der Natur mit schönen Erinnerungen zu verbinden.

Alle diese Orte sind verschwunden.

Während meine Frau mit unserem ersten Kind Nona schwanger war, freundete sie sich in einer Mama-Gruppe mit anderen werdenden Müttern an. Sie kam Andrea sehr nahe, die einen Sohn hatte – Aidan. Zum Glück war Andreas Ehemann Harlan cool, wir wurden gute Freunde. Seitdem feiern wir jedes Jahr gemeinsam mit Andreas Familie und Freunden Heiligabend im Haus der Familie, erfüllt von Musik und Lachen.

Dieser Ort ist nun fort.

Unsere Freunde lebten in einem Haus oben auf den Santa Monica Mountains. Ich habe ihre drei Söhne eine Zeit lang in Musik unterrichtet. Es war immer fantastisch, von ihrem Haus hinunter zu fahren, die Aussicht ist so atemberaubend, ganz LA mit der Küste liegt vor einem. Ihr ältester Sohn bekam vor ein paar Jahren, als er zur High School ging, ein E-Bike, um nach der Schule leichter den steilen Hügel hinauffahren zu können.

Er braucht dieses Bike nicht mehr, da ihre Wohnung und seine High School nicht mehr existieren.

Das ist eine Katastrophe. Ja, einige Menschen in den betroffenen Gebieten sind „reich“, wie Paris Hilton oder Mel Gibson, aber die meisten sind es nicht. Wie unser Kumpel Brian, ein hart arbeitender Musiker, der gerade Zwillinge bekommen hat und jetzt ohne irgendetwas dasteht. Außerdem ist Altadena kein wohlhabendes Viertel und ist stellenweise auch bis auf die Grundmauern niedergebrannt.

Wohnt man in Los Angeles, weiß man, dass die Pacific Palisades und Malibu die Orte sind, wo die meisten gerne leben würden. Es ist/war die schönste Gegend, eingebettet zwischen den Bergen und dem Meer. Die Menschen, die dort ihr Zuhause hatten, hatten einen Traum wahr gemacht. Die Orte in dieser Gegend, die Parks, Restaurants und Cafés wurden von allen Einwohnern LAs besucht. An einem schönen Sonntag eine Fahrt entlang der Küste ist eine der Lieblingsbeschäftigungen von Angelenos.

Viele dieser Orte sind verschwunden.

Jetzt ist die Zeit, über den Verlust zu trauern und Menschen in Not zu helfen. Ja, es wird wichtig sein herauszufinden, warum dieser Brand so schlimm war, wer welche Fehler gemacht hat. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Leute wie uns, das zu tun. Lasst die Politiker auf beiden Seiten ihre Behauptungen aufstellen, wer oder was schuld ist. Es ist ihre Aufgabe, mit dem Finger zu zeigen und Punkte zu sammeln. Unsere Aufgabe ist es, Mensch zu sein. Einfühlsam, voller Unterstützung für die Bedürftigen. Hier sind jetzt unsere Kräfte gefragt.

Friedliche, positive Gedanken und Gebete sind ein guter Anfang. Es ist großartig, Geld an Menschen und Organisationen zu senden, die eurer Meinung nach wertvoll sind. Die Menschen brauchen im Moment alle möglichen Dinge wie Unterkunft, Nahrung und Kleidung. Deshalb werden meine Frau, die Kinder und ich jetzt ein paar Säcke nehmen und sie mit Kleidung füllen, die wir entbehren können.


Gunter „Dicki“ Fliszar ist Sohn von Fritz Goergen und bezog zusammen mit einer Sängerin aus Israel, einem Sänger aus Texas, einem Gitarristen aus England, einem weiteren und Bassisten wie Bandleader und Komponist aus Kalifornien in der Corona-Zeit musikalisch eine klare Position.

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