Tichys Einblick
Mediokratie statt Demokratie

Die Verachtung des kleinen Mannes ist Ursache der Spaltung

Der Graben in der amerikanischen ebenso wie in der deutschen Gesellschaft kann nur überwunden werden, wenn die Medien ihre Verachtung der einfachen, einheimischen Leute aufgeben und ihnen das entgegenbringen, was sie für Minderheiten stets einfordern: Respekt.

Andrew Buchanan

Was bedeutet es, dass die Umfrageergebnisse vor den US-Wahlen wieder so weit neben den späteren Ergebnissen lagen? Der Grund ist offensichtlich: Die Wähler getrauen sich nicht, offen ihre Meinung zu sagen. Und es wird von den herrschenden Medien natürlich nicht thematisiert, welches Klima der Angst und Ausgrenzung sie selbst und das Establishment schaffen. Wenn Bürger Angst haben, offen ihre Meinung zu sagen, dann ist das ein Lackmustest für die Demokratie. Ergebnis: Nicht bestanden! Über solche Zustände wird in den Medien normalerweise anklägerisch berichtet – wenn es um totalitäre Staaten wie China geht. 

Ein Gehirn wäscht das andere

In den USA, land of the free, klappt die einheitliche Beeinflussung der Bürger weniger gut. Zwar dominiert auch dort die Quasi-Einheitspresse von Washington Post bis New York Times. Aber immerhin gibt es im Fernsehen einen Gegenpol: Fox News. Die Amerikaner können sich also über zwei Seiten der Medaille informieren. Diese Möglichkeit gibt es im deutschen Fernsehen nicht. Die Nachrichten und Berichte von RTL und VOX stehen in ihrer Konformität ARD und ZDF nicht nach. Es gilt das Motto: Ein Gehirn wäscht das andere. 

Und es wird noch schlimmer werden. Eine Umfrage der Verbandszeitschrift „Der Journalist“ zur politischen Einstellung des ARD-Nachwuchses zeigt. „Wenn am Sonntag nur die Volontär*innen der ARD wählen würden“, dann sähe das so aus“: 57,1 Prozent für die Grünen, 23,4 für Die Linke, 11,7 für die SPD. Dann folgt die Union mit 3 Prozent. Die AfD findet gar nicht mehr statt, wenn der Journalist*innen-Nachwuchs wählt. Es ist also klar, in welche Richtung der journalistische Weg in Deutschland geht.

Die Medien fallen auf ihr eigenes Wunschdenken herein

Die meisten Journalisten nahmen offenbar an, je mehr Wähler an die Urnen gehen, vor allem Junge, Frauen, Schwarze, Latinos, desto besser für Biden. Wie so oft bei ideologisch bestimmtem Denken war der Wunsch der Vater des Gedankens. 

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Allerdings denken Latinos, Schwarze und Asiaten nicht stets so, wie das pseudolinke Establishment meint, nach den Vorgaben der Black Lives Matter Bewegung. Für Transgender-Anliegen interessieren sie sich nicht, sie wollen keine Frauenquoten in den oberen Etagen und lehnen auch die sonstigen Anliegen der akademischen, politisch korrekten Opferkaste ab. Was die meisten Latinos und Schwarzen und Asiaten wollen, ist Sicherheit und Arbeit.

Trumps Tabubrüche und seine Twitter-Eskapaden sehen sie als Aufbegehren gegen das autoritäre Regime der Political Correctness. Sie wissen, dass das Establishment mit ihren täglichen Sorgen nicht viel zu tun hat. Trump hat das zwar auch nicht. Aber er begehrt auf und lässt sich von keiner Sprach- und Denkpolizei etwas vorschreiben. Deshalb ist er für seine Anhänger ein Held, für das herrschende Establishment aber ein Bösewicht, der ihre Macht in Frage stellt.

Warum aber stimmen Millionen Amerikaner für einen Mann, der in Europa und in den USA von den Medien verfemt wird? 

In den USA gibt es eine aus Siedlerzeiten stammende freiheitlich orientierte Schicht der Landbevölkerung, die sich weder etwas von der Regierung sagen lässt, noch sich von den Medien belehren lassen will. Das gibt es in West-Deutschland nicht. Hier gilt oft noch das Zitat von Heinrich Heine: „Der Deutsche gleicht dem Sklaven, der seinem Herrn gehorcht ohne Fessel, ohne Peitsche, durch das bloße Wort, ja durch einen Blick.“ 

Ostdeutschland ist anders. Hier hat das Hinterfragen eines autoritären Systems Tradition. Nicht wenige Ostdeutsche fühlen sich, als ob sie nach der Wiedervereinigung vom Regen in die Traufe gekommen sind – von der verordneten Einheit der Medien zu den Einheitsmedien, die sich selbst vereinheitlichen. Sie haben Übung im zwischen den Zeilen lesen und kennen den Unterschied des ideologischen Sprechs in der Öffentlichkeit und des Austauschs im Privaten. Das hofften sie eigentlich hinter sich gelassen zu haben.

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Heute ersetzt die Mediokratie allmählich die Demokratie. Die Herrschaft des Demos – des Volkes – wird von der Herrschaft der Medien abgelöst, die das Volk ununterbrochen darüber belehren, was gut und was böse sei und was es zu tun und zu lassen habe. In der Mediokratie bestimmt jene Klasse, die Medien, Politik und Verwaltung beherrscht, die Sprache und damit auch das Denken. Und sie bestimmt damit letztlich auch, was im öffentlichen Leben und in der Politik getan wird.

Diese Mediokratie wird dann zum autoritären System, wenn die Medien einheitliche Meinungen vorgeben und davon abweichende Denkweisen diffamieren und abgewerten. Herrschendes Werkzeug dafür ist zum Beispiel die Cancel Culture. Abweichende „rechte“ Autoren verlieren ihre Verlage (Sarrazin, Maron), Vorträge werden niedergebrüllt oder am einfachsten: Autoren werden erst gar nicht eingeladen. Wenn die Großen gehängt werden, dann weiß der Kleine, was ihm bei Widerspruch blüht, und in der Regel kuscht er dann. Zu diesem Zweck wurde schon im Mittelalter der Räuberhauptmann öffentlich auf dem Marktplatz aufgehängt.

Die Kontaktschuld als Herrschaftsinstrument

Zusätzlich wurde die „Kontaktschuld“ kreiert. Bereits der „Kontakt“ mit politisch missliebigen Personen wird zur Schuld und zieht Diffamierung nach sich. Diese Kontaktschuld trifft heute Menschen, die zum Beispiel Kontakt zur AfD pflegen oder Querdenken-Demos besuchen. Es ist eine infame Methode, Angst bei kritisch eingestellten Menschen zu verbreiten und diese von politischen Aktivitäten abzuhalten oder auch nur davon, ihre Meinung zu sagen. 

„Antirassistische“, linksfeministische Netzaktivisten haben zusätzlich im Internet einen Machtpol installiert. Mit ihrer Opferanspruchsmentalität liegen sie allzeit auf der Lauer und produzieren bei politisch inkorrekten Äußerungen einen Shitstorm in den sozialen Medien. Zeitungen, Verlage und Unternehmen unterwerfen sich fast immer untertänigst, betteln geradezu um Vergebung und geloben ohne jeden Widerspruch, nie wieder Stein des Anstoßes zu sein.

„Querdenken“

Nun ist zum Entsetzen der Meinungsmacht eine neue Oppositionsbewegung entstanden, die sich nicht kontrollieren lässt: Die Corona-Maßnahmen-kritischen „Querdenker“. Werden ihre Beiträge auf Youtube und WhatsApp gelöscht, weichen sie einfach auf Telegram aus. 

Eine zum Erstaunen der Medien bunte Mischung: Von Corona-Maßnahmen in den Bankrott getriebene oder ihm zutreibende Kneipiers, Hoteliers und andere Unternehmer, Esoteriker aller Couleur und ja, es sind auch ein paar Reichsflaggen-Schwenker dabei. Und hier setzen die Medien an. Wer Reichsflaggen hört, denkt natürlich ans Dritte Reich. In Wirklichkeit geht es aber um die Flagge des Kaiserreichs.

Wie Trumpwähler als Idioten hingestellt werden

Die Respektlosigkeit, die die politisch korrekte Klasse so oft beklagt, offenbart sie selbst allzu oft in Artikeln über Trump. Diese Negativbewertung von Trump geht automatisch auch auf seine Wähler über. 

Von Respekt würde es zeugen, wenn die Wähler von Trump oder hierzulande der AfD ernst genommen und die politische Willensbekundung von rund 50 Prozent der amerikanischen Wähler anerkannt würde. Doch sie werden im besten Falle als Verwirrte, im schlimmeren Fall als bösartige weiße Männer abgewertet.

Der kleine Mann

Die hart arbeitenden kleinen Leute der westlichen Bundesstaaten, die meist in einfachen Jobs arbeiten und sich oft genug gerade so über Wasser halten, müssen sich tagtäglich anhören, dass sie mit ihrer Einstellung der Bodensatz der Gesellschaft seien. Sie sind angeblich „privilegiert“, da sie weiß sind, spüren das im Alltag aber nicht. Und sie sind angeblich Rassisten, weil sie sehen, dass illegale Einwanderer meist aus leistungsfernen Kulturen kommen und deshalb ahnen, dass sie diese das Land keineswegs bereichern werden. 

Hillary Clinton brachte die Haltung des herrschenden Establishments auf den Punkt, als sie von den ‚deplorables‘, also den „Erbärmlichen“ sprach. Unfähig, so der Subtext, um die Weisheit der politisch korrekten Ökoeliten zu erkennen. 

Politmediale Meinungseinheitsfront
Bei Anne Will reden deutsche Spalter über Trump als Spalter der USA
Das mediale Establishment in Deutschland denkt ähnlich über den kleinen Mann, der so dumm ist, die AfD im Osten zur starken Partei und in Amerika sogar Trump zum Präsidenten zu machen. In den Medien und Talkshows wird er pathologisierend beschrieben: zerfressen von Hass und Abstiegsängsten, „homophob“, „islamophob“. Eine Phobie, also einer psychischen Krankheit erlegen. 

Die einzige Selbstkritik, die das Establishment der neuen Ökobourgeoisie zulässt: Man habe die Wahrheit einfach nicht gut genug erklärt. Politik und Medien wollen also den einfachen Mann „mitnehmen“. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass der möglicherweise gar keine Lust hat, von seinen Steuergeldern bezahlte Vorträge über Antifaschismus und Antirassismus in aufgepfropfter Gendersprache zu hören. Dass er möglicherweise gar nicht mitgenommen werden will dahin, wo er zu seinem vermeintlichen Glück hin soll. Dass der möglicherweise von der Schuld aufgrund seiner angeblichen Privilegien, die ihm eingeimpft werden soll, nichts wissen, sondern stolz auf sich und auf sein Land sein will.

Und noch etwas wichtiges kommt hinzu: die Erkenntnis dieser „deplorables“, dass ihr Lohn und ihre Stellung in der Gesellschaft nicht von der eigenen Leistung abhängen, sondern von der Herkunft. Akademiker erziehen Akademikerkinder, Arbeiterkinder werden in aller Regel Arbeiter. Die alte Aristokratie wurde einfach durch einen neuen Bildungsadel ersetzt, der seine Privilegien gut hütet und seine Privilegien an seine Kinder weitergibt. Das ist in den USA und in Deutschland so, auch wenn das pseudolinke Establishment etwas anderes weismachen möchte.

So hat sich mit den Jahren eine Kluft zwischen Akademikern und einfachen Leuten aufgetan, nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell. Dieser Kulturkampf oben gegen unten, der in moralischen Geboten und Verboten mündet, stößt inzwischen aber auch viele gut Verdienende ab. So ist es keineswegs so, dass nur der kleine Mann Trump wählt. Inzwischen tut das auch ein Gutteil der Gebildeten und Besserverdiener.

Es war diese Überheblichkeit des Establishments und die daraus folgende Verbitterung des kleinen Mannes, die Trump an die Macht gebracht haben.

Das Einheitsmedien sind mitverantwortlich für den Erfolg der Verschwörungstheorien 

Der eigentliche Grund dafür, dass viele Leute sogenannten Verschwörungstheorien glauben, ist in der tendenziösen Darstellung und massiven Abwertung oppositioneller Meinungen in den dominierenden Medien zu finden. Der misstrauisch gewordene, interessierte Bürger muss ins Netz auf andere Angebote ausweichen, wenn er oppositionelle Meinungen entdecken will. Diese Beiträge dort auf Seriosität zu überprüfen, ist beinahe unmöglich. Aber viele sagen sich: Vielleicht liegt in den schillernden oppositionellen Webseiten mehr Wahrheit als in der Konformität der „seriösen“ Medien. Dass alles, was nicht ins ideologische Raster passt, diffamiert wird, haben wir schließlich schon in der DDR erlebt.

So tragen die etablierten Medien selbst durch ihre einseitige Tendenzberichterstattung eine wesentliche Verantwortung dafür, dass viele der oppositionellen, interessierten Bürger bei Verschwörungstheorien landen.

Politisch korrekte Fake-News

In Europa sind aus den früheren Arbeiterparteien schon lange Akademikerparteien geworden, die in erster Linie von der neuen, gutverdienenden Ökobourgeoisie gewählt werden. Und damit der kleine Mann dasselbe wählt, herrscht jeden Tag ein Einheitswahlkampf in den Medien. Hier wird dem kleinen Mann bis zum Erbrechen „erklärt“, warum er bei Wahlen den Interessen der pseudolinken Ökobourgeoisie folgen soll.

In Deutschland wird es als Gewinn verkauft, wenn der kleine Mann die höchsten Strompreise der Welt bezahlen muss, die natürlich Geringverdiener überproportional belasten.

Es wird ihm als Gewinn verkauft, wenn er aufgrund politischer Entscheidungen bald als Arbeiter im Automobilwerk und bei den Autozulieferern seine Arbeit verliert. 

Es wird ihm als Bereicherung verkauft, wenn plötzlich Millionen illegaler Einwanderer günstige Wohnungen suchen und so zu ihm in Konkurrenz treten. 

Die saturierte Ökobourgeoise belastet all das nicht, oder zumindest kann sie es sich leisten.

Wer ist für die Spaltung der Gesellschaft verantwortlich?

In den Medien ist oft von der „Spaltung“ die Rede, für die in den USA Trump, in Deutschland die AfD die Ursache sei. Aber ist das glaubwürdig? Spalten diejenigen, die eine vom Establishment deutlich abweichende Meinung verfechten? Oder tun das diejenigen, die ihre Vorstellungen aufgrund ihrer Machtposition in Medien, Politik und Verwaltung rücksichtslos durchsetzen? Warum verwechseln die Medien permanent Ursache und Wirkung?

Die Spaltung überwinden? 

Scheinbar naiv trillern die Mediokraten von der „nationalen Aufgabe”, die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Aber wer die Macht hat und die Machtlosen auffordert, die Spaltung zu überwinden, fordert letztlich nichts anderes als deren vollkommene Unterwerfung. 

Präsidentschaftswahl in den USA
Meilenstein für den Wiederaufstieg des politischen Konservativismus
Wirklich überwunden wird die Spaltung aber erst, wenn das Establishment selbst bereit ist, Macht abzugeben. Wenn die Eliten ihre Definitionshoheit über Meinung und Sprache aufgeben. Die Spaltung wird dann überwunden, wenn die Gesellschaft von der Mediokratie zur Demokratie zurückkehrt. Wenn also das Volk nicht erzogen werden soll, sondern die Mächtigen demütig auf das Volk blicken. 

Da sich das Establishment im Besitz der politisch korrekten Wahrheit wähnt, geschieht dies nicht. Denn es bedeutete für sie eine Abkehr von einer für allein selig machend geglaubten Ideologie. Es würde bedeuten, die Slogans, mit denen sie andere missionieren, nun auf sich selbst anzuwenden, zum Beispiel: dem Volk aufs Maul schauen, statt zu erwarten, dass das Volk ihnen nach dem Munde redet. Das wird wohl nicht geschehen. Macht wird nicht freiwillig abgegeben.

Asiaten reagieren anders

In Hanoi brach in der Wahlnacht in den Kneipen und Cafés jedes Mal, wenn verkündet wurde, dass Trump einen Staat gewonnen hat, Jubel aus. In den anderen südostasiatischen Ländern ist die Stimmung nicht anders. Warum?

Überall in Südostasien herrscht eine tiefe Antipathie gegen China. In allen Staaten herrscht die Angst, von China wirtschaftlich und dann auch politisch kontrolliert zu werden. Und Trump ist der erste US-Präsident, der eine aggressive Antichinapolitik fährt. Meines Feindes Feind ist mein Freund, so denken viele Südost-Asiaten. 

Mit der im Westen gepushten pseudolinken Identitätsideologie mit ihrer Opferanspruchsmentalität können Asiaten nichts anfangen. Ja der westliche Schuld- und Opferkult ist ihnen unangenehm und zeugt aus ihrer Sicht von asozialem Denken. Die Vorstellung von (auch historischer) Schuld passt nicht in das karmaorientierte Denken Asiens. Im Gegenteil. Für Asiaten ist es ein absolutes No-Go, negativ über ihre Ahnen zu sprechen. Ahnen werden verehrt, leben sie doch in den jetzigen Menschen weiter. Wer seine Ahnen verurteilt, hasst sich damit selbst. Genau dieser Selbsthass schimmert in den westlichen „Eliten“ immer durch.

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