Aus Sicht Chinas ist nicht etwa Russland, sondern sind die USA und ihre Verbündeten für den Krieg in der Ukraine verantwortlich. Das russische Außenministerium teilte nach einem Gespräch von Außenminister Sergej Lawrow und dessen chinesischem Kollegen Wang Yi mit, der Grund für die aktuelle Situation sei „die von den USA und deren Verbündeten ermutigte Weigerung Kiews“, das vom „UN-Sicherheitsrat genehmigte Maßnahmenpaket von Minsk umzusetzen“. Medien berichten außerdem, der chinesische Staatssender CCTV habe Wang dahingehend zitiert, dass China immer die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder respektiert habe, aber die Ukraine-Frage jedoch „komplexe und besondere historische Aspekte“ habe. Man verstehe Russlands „legitime Bedenken in Bezug auf Sicherheitsfragen“.
Das Verhältnis zwischen Russland und China war stets schwierig. Mal sah man sich mehr als Partner, mal eher als Kontrahenten. Und das schon zu Zeiten der früheren Sowjetunion. Geprägt durch phasenweise Feindschaft (Krieg am Grenzfluss Ussuri 1969), tendierte das Verhältnis zuletzt wieder zu einer – allerdings ambivalenten – Partnerschaft. Putin und Xi wurden keine Freunde, aber sie sind Partner.
Alles in allem lässt sich derzeit eine Art „strategische Partnerschaft“ zwischen beiden Staaten konstatieren. Das wurde auch klar, als Putin anlässlich der Olympischen Spiele kürzlich in Peking Xi besuchte und man auf Schulterschluss machte. Gemeinsames Ziel jedenfalls ist, die USA aus dem Indopazifischen Raum hinauszudrängen.
Nun also die Ukraine. China und Xi haben damit Probleme. Und damit sind diese Probleme auch Putins und Xis Probleme. China jedenfalls schloss sich den Sanktionen – bislang – nicht an. Zu sehr ist es auf die mit Vertrag von 2014 beschlossenen Gas-Lieferungen Russlands („Power of Siberia“ von 2014) angewiesen.
Problem Nummer 1
Chinas Führung, namentlich Außenminister Wang Yi, verlangte in einem Telefonat mit US-Außenminister Blinken und im Rahmen einer Telefonschaltung zur jüngsten Münchner Sicherheitskonferenz MSC, dass die „Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität jedes Landes geschätzt und respektiert werden“ solle. Und Chinas UN-Botschafter ruft alle Beteiligten zur Zurückhaltung auf. Was übrigens schon während der Krim-Krise 2014 geschah. Allerdings ist nicht ganz klar, was China aktuell meint. Meint China die Ukraine als Ganzes oder die „abtrünnigen“ Provinzen Donezk und Luhansk? Zudem muss man bei diesem Appell mitdenken, dass China vorhat, die „abtrünnige Provinz“ Taiwan zu schlucken. Da passen Absicht und Appell nicht zusammen. Und auch der „Genozid“-Vorwurf Putins an die Ukraine kann den Chinesen nicht schmecken, sind sie doch diejenigen, die Uiguren unterdrücken und drangsalieren
Problem Nummer 2
China verlangte nach diplomatischen Lösungen. Das heißt: China wollte den jetzigen Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht und schon gar keinen eskalierten Konflikt zwischen Russland und der EU bzw. der NATO. Das könnte Chinas Projekt einer Einbindung der Ukraine in die „neue Seidenstraße“ gefährden. Außerdem könnten die Auswirkungen der Energiekrise auf die EU Chinas Handel mit den EU-Staaten belasten. Das will China nicht riskieren.
Problem Nummer 3
Resolutionen des UN-Sicherheitsrates gegen Russland werden den offenbar zu allem entschlossenen Putin zunächst wenig kratzen. Er bricht das Völker- und UN-Recht und geriert sich wie ein Kriegsverbrecher. Indes ist nicht ausgeschlossenen, dass der Sicherheitsrat eine Resolution gegen das Veto-Mitglied verabschiedet und sich China als anderes Veto-Mitglied der Stimme enthält.
Problem Nummer 4
China will sich ganz offenbar den Sanktionen des Westens nicht anschließen. Die Frage allerdings ist, ob China Russland hilft, das US-Finanzsystem zu unterlaufen und Russland Kredite gewährt. Sicher ist das nicht.
Wie auch immer: Der aktuelle Kriegszustand in der Ukraine klärt sich nicht in Berlin, sondern in Moskau, in Washington … und eben auch in Peking. Die Deutschen mit ihrer „werteorientierten und feministischen“ Außenpolitik sind hier nicht einmal Zaungast.