Der Angriff auf Israel und wie er unsere Sicht auf die Welt verändert
Matthias Nikolaidis
Der Angriff auf Israel ist ein Wendepunkt. Deutlich tritt die weltweite Gemeinschaft der Muslime hervor, die keinen Zweifel an ihrer wahren Loyalität lassen, egal ob sie in Berlin, London oder Kuwait sind. Europa und der Westen werden angesichts dieser Realität nur langsam wach.
Die nadelstichartigen Angriffe palästinensischer Terroristen auf grenznahe Gebiete Israels sind etwas Neues für das Land und durchaus ein real gewordener Alptraum. Kaum abzusehen ist der Einfluss des Geschehens auf die Weltpolitik, was der träge, nichtssagende Auftritt von US-Präsident Joe Biden nur umso deutlicher empfinden ließ. Hinzu kam eine beachtliche Medienoffensive der Hamas, die sich auch der neuen sozialen Medien (X, Telegram usf.) bediente. Schockierend war daneben, dass viele Israelis zu Geiseln der Palästinenser gemacht wurden – neben denen, die unmittelbar ihr Leben durch die Angriffe verloren.
Bis zum Samstagabend waren es mehr als 250 Menschen auf der israelischen Seite, die dem terroristischen Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel zum Opfer fielen. Daneben gab es fast 1.500 Verletzte. Zudem gab die Hamas bekannt, sie habe dutzende israelische Soldaten entführt. In Sderot kam es laut Augenzeugenberichten zum Blutbad unter Zivilisten, aber auch die Terroristen erlitten Opfer. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Der Angriff am heiligen Shabbat und zudem am religiösen Fest Simchat Tora brennt sich gerade als nationales Trauma in der israelischen Seele ein. Denn der junge Nationalstaat war immer stolz auf sein Militär und kann es wohl auch sein. In diesem Fall versagten aus unklarem Grund die Warnmechanismen. Eine Rave-Party in der Wüste in ziemlicher Nähe der Gaza-Grenze wurde von dem Angriff überrumpelt – junge Leute in phantasievollen Outfits mussten zunächst zu Fuß fliehen, bevor sie ihre Autos erreichten. Angeblich werden viele Teilnehmer vermisst, wurden vielleicht entführt.
„Was sind diese Leute? Das sind Barbaren“
Derweil gab es in Berlin-Neukölln und anderswo … Freudenfeste. Am späten Samstagabend versammelten sich in dem Berliner Bezirk rund 50 Personen zu einer Demonstration, die den Angriff feierte. Veranstalter war erneut die pro-palästinensische, strikt israel- und judenfeindliche Organisation „Samidoun“, die schon am Nachmittag desselben Tages orientalische Süßigkeiten an Passanten auf der Sonnenallee verteilt hatte. Ein Fernsehteam von Welt TV, das seine Arbeit machen wollte, wurde dabei bedrängt und zum Löschen der Aufnahmen aufgefordert. Der Ton ist laut Berichten bedrohlich, wie Bild berichtet. Der offizielle Samidoun-Instagram-Post zeigt die Dimension und Stimmung des Geschehens wohl am besten.
— Jörg Reichel (dju Berlin-Brandenburg) (@ver_jorg) October 7, 2023
Der israelische Botschafter Ron Prosor forderte, hart gegen diese Gruppe vorzugehen. Jubel über die Ermordung von Zivilisten sei völlig fehl am Platz, in Israel ebensowenig wie in Deutschland. „Diejenigen, die so etwas tun, müssen zur Strafe gebracht werden«, sagte Prosor laut dpa. Aktionen wie die von Samidoun dürfe man weder in Berlin noch anderswo erlauben. Der Verein sei „ein trojanisches Pferd“, das die deutsche Demokratie missbrauche: „Was sind diese Leute? Das sind Barbaren.“
Die Grünen waren noch 2002 offen für militante Palästinenser
Derweil bejubelte auch Arafat Abou-Chaker, das Oberhaupt des kriminellen Abou-Chaker-Clans, die Terror-Anschläge auf Instagram mit einer Landkarte, auf der die von der Hamas attackierten Orte markiert waren, zusammen mit der Überschrift: „Ich liebe es sowas zu sehen“. So werden auch die Bezüge zwischen der Clankriminalität und dem radikalen Islam deutlich. In Berlin und Brandenburg war vor anderthalb Jahren schon einmal aufgefallen, dass es durchaus Zuammenhänge zwischen der islamistischen Hisbollah und einem Neuköllner Clan gibt: Gemeinsam betrieben sie anscheinend Geldwäsche, wie der Tagesspiegel berichtete.
Findige Menschen erinnerten sich, dass es da mal eine Partei gegeben hatte, die – in unnennbarer Naivität – auch für die „Aufnahme militanter Palästinenser“ eintrat, die in Israel als äußerst gefährlich galten. Damals sagte auch der FDP-Linke Gerhart Baum, man müsse schlicht „sicher stellen, dass von den Palästinensern in der EU keine Gefahren ausgingen, etwa durch mögliche Angriffe auf israelische Einrichtungen“. Dann könnte man sie auch aufnehmen – oder nicht?
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner rief „alle Menschen in Berlin zur Besonnenheit“ auf. Die Berliner Polizei reagierte – auch auf die genannten Vorgänge – mit einer Verstärkung der Mannzahl vor jüdischen Einrichtungen. Die Polizei habe die „Schutzmaßnahmen jüdischer und israelischer Einrichtungen bereits erhöht“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gegenüber dem Tagesspiegel. Dasselbe geschah laut dem Zentralrat der Juden auch bundesweit. Ein Aufruf auf der Plattform X an arabische und Muslimverbände, sich von dem Palästinenser-Angriff zu distanzieren, verhallte ungehört.
Lindner: Steuergelder überdenken, die an Terrorgruppen gehen
Finanzminister Lindner will nun deutsche Steuergelder überdenken, die an palästinensische Organisationen gehen. In diese Kategorie gehören über 340 Millionen Euro. Lindner hofft auf eine rasche „Empfehlung“ von Außenministerin Annalena Baerbock, wie die Bundesregierung angesichts dieses terroristischen Überfalls auf ein ganzes Land mit den eigenen Finanzströmen umgehen sollte. „Etwaige Konsequenzen könnten sofort umgesetzt werden“, sagte der Minister laut dpa.
Doch Baerbock beschränkte sich bisher darauf, den „unterschiedlosen Raketenbeschuss, Kommandoangriffe auf friedliche Zivilisten“ und die „brutale Entführung von unschuldigen Menschen“ zu missbilligen. Die Geiselnahmen seien „abscheulich“ und verstoßen sogar gegen das humanitäre Völkerrecht, so die einschlägige Expertin. Baerbock ist mit ihrem Ministerium allerdings auch verantwortlich für die Finanzierung mehrerer Gruppen, die von Israel seit Jahren als terroristisch eingestuft werden.
Verschiedene israelische Regierungen baten darum, dass Deutschland und die EU keine offensichtlichen Terrorgruppen mehr finanzieren, die in das Umfeld der Hamas gehören. Doch das wurde insbesondere vom Auswärtigen Amt ignoriert. Kurz zuvor waren auf einer Berliner Demo Slogans wie „Tod Israel, Tod den Juden“ skandiert worden. https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/berlin-neukoelln-gegen-israel/ Auch diese Demo war von der besagten Gruppe „Samidoun“ organisiert worden.
Die Zeit der gelöschten Tweets und der gereinigten Profile
Daneben ist nun wieder die Zeit der gelöschten und umgeschriebenen Teaser angebrochen. Die SZ musste diese zum Lesen anreizen sollenden Sätze aus einem Online-Post neu formulieren und postete das Ganze deshalb lieber neu, um jede Spur eines Fauxpas zu tilgen. Aber im Internet geht nichts unter (s. das Bild unten). Übrig und stehen blieb zudem der Kommentar eines ehemaligen Israel-Korrespondenten, der um Verständnis für den terroristischen Angriff zu werben schien.
In einem Berliner Veranstaltungsort, dem Neues-Deutschland- oder nd-Gebäude, das teilweise im Besitz der Linkspartei ist, wurde just am 7. Oktober ein philo-palästinensischer Kongress abgehalten, auf dem die Wichtigkeit des Einreißens von Zäunen hervorgehoben wird und die „vollste Solidarität mit dem Widerstand“ verkündet wird. Die (radikale) Linke muss aber nichts löschen, weil sie voll dazu steht.
In ein ähnliches Milieu gehört offenbar der ÖRR-Moderator Malcolm Ohanwe, der schon seit längerem durch kuriose politische Auffassungen aufgefallen ist, nun eben durch schönste Kriegs- und Terrorpropaganda zugunsten der Palästinenser. Doch das ist auf dem Hintergrund der Gegenwart vielleicht doch nicht mehr sagbar.
In der Folge verabschiedeten sich die Sender arte und BR von seinem bunten, illustren Namen. Der sonst um kaum einen Kulturmarxismus und Wokismus verlegene Edelsender Arte bat um Tilgung seines Namens aus dem X-Profil von Ohanwe. Fehlen nur noch WDR und ZDF, wo Ohanwe ebenfalls tätig ist oder war.
Mélenchon verweigert die Solidarität, Trump spendet sie
Natürlich ist auch das europäische Ausland mit dem Kriegsausbruch in Israel befasst: In Frankreich haben alle Parteien den brutalen und unerwarteten Angriff verurteilt – mit Ausnahme des ultralinken „Aufsässigen Frankreichs“ (La France Insoumise, LFI) von Jean-Luc Mélenchon. Präsident Emmanuel Macron hat die „terroristischen Angriffe, die derzeit Israel treffen, mit Festigkeit verurteilt“. Marine Le Pen schrieb ihrerseits, der Terrorismus könne nicht toleriert werden, und stellte sich „mehr als jemals“ an die Seite Israels. Auch Éric Ciotti von den konservativen Républicains erinnerte an die Pflicht Frankreichs, dem „jüdischen Staat“ zur Seite zu stehen. Der entschiedene Konservative Éric Zemmour konstatierte mit Bedauern, dass Israel den Dschihad auf seinem Territorium erfahre.
Nur die linke LFI – mit stark „diversem“ Wählerprofil – sprach in ihrer kurzen Mitteilung ausführlich davon, dass die „bewaffnete Offensive der palästinensischen Kräfte unter Führung der Hamas“ vor allem in den Kontext einer „sich intensivierten Besatzungspolitik“ von seiten Israels im Gazastreifen, Westjordanland und Ostjerusalem zu stellen sei, gegen die sich die muslimischen Araber also legitimerweise wehrten. Die palästinensische Hamas hatte unter anderem die mehrmalige „Stürmung“ des Tempelbergs durch orthodoxe Juden als Grund für den Angriff genannt – also eher ein Ereignis, das an die Konkurrenz zweier Kultgemeinschaften um einen heiligen Ort erinnert.
Vereinzelt gab es Demonstrationen aus genau diesem Spektrum (analog dem Linkenhaus in Berlin). Auf Deutsch heißt es da: „In Paris, am 7. Oktober 2023, der Hass, die Schande, Feiglinge demonstrieren und unterstützen die feigen Ausfälle der Hamas-Terroristen.“
Innenminister Darmanin hat indes angekündigt, jüdische Einrichtungen in Frankreich besonders zu schützen, auch wenn das Skeptiker wie den Kopten Jean Messiha erstaunt: Sonst hatten doch die Auseinandersetzungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas nie etwas mit Frankreich zu tun…
In den USA bekundete Donald Trump seine Solidarität mit dem israelischen Volk und seine Verurteilung der palästinensischen Kriegsverbrechen. Leider gebe es derzeit keine politische Führung in den USA. Stattdessen hat das Weiße Haus unter Joe Biden sechs Milliarden Dollar an den extrem US-feindlichen und israelfeindlichen Iran gezahlt – aus Anlass eines Geiseldeals.
Demonstrationen in den Metropolen der islamischen Welt – und Europas
Wenn man dem Video-Material glauben darf, gab es in vielen Städten der islamischen Welt mehr oder minder große Demonstrationen, so etwa in Istanbul.
… in Sana’a im angeblich so unglückseligen, vorgeblich bürgerkriegsgeplagten Jemen, …
… im reichen Königreich Bahrain …
… und im multikulturellen London:
Auch in Kuwait gab es ähnliche Demonstrationen. Die Führung des Landes hatte vor allem Israel für den Angriff auf es verantwortlich gemacht.
Saudi-Arabien geht erneut auf halbe Distanz zu Israel
Es gab auch eine Pressemitteilung zum Gaza-Angriff in Israel, die viele aufrüttelte. Die Führung Saudi-Arabiens hatte es herausgegeben und sich darin trotz der zuletzt verbesserten Beziehungen zu Israel zu einiger Schärfe hinreißen lassen. Die saudische Führung spricht darin zum einen von einer „Situation zwischen mehreren palästinensischen Fraktionen und den israelischen Besatzungstruppen“, was vielleicht einfach der Status quo der Betrachtung war und ist: Israel sei Besatzungsmacht in Israel. Der Konflikt scheint aber darüber hinaus als symmetrisch beschrieben zu werden: Gefordert wird deshalb ein allgemeiner Stopp der Eskalation zwischen den beiden Seiten.
Man könnte sagen, damit kehre das Königreich in weniger israelfreundliche Zeiten zurück. Das ist aber noch nicht alles. Daneben erinnert der saudische Verfasser an die eigenen „wiederholten Warnungen vor den Gefahren einer explosiven Situation als Folge der anhaltenden Besatzung und der Entrechtung des palästinensischen Volkes … und der wiederholten systematischen Provokationen gegen seine Heiligkeit.“ Zum Ende wird es also immer eindeutiger, und die Saudis scheinen zu wissen, wo sie in dem Konflikt stehen: letztlich an der Seite der Palästinenser. (Die Übersetzung aus dem Tweet wurde überprüft.)
In Erinnerung bleiben die Allahu-akbar-Rufe
In Israel sind laut Prosor alle Optionen zur Gegenwehr gegen den Angriff der Hamas auf dem Tisch – auch eine Invasion des Gazastreifens. Die palästinensische Hamas habe Israel den Krieg erklärt, und sie werde den Preis dafür bezahlen, sagte Prosor. „Wir müssen zurückschlagen.“ Derweil ist auch die allgemeine Diskussion über die Bewertung der Kriegsereignisse offen: Judith Sevinç Basad stellt fest, dass „eine neue Stufe der Barbarei“ durch die judenhassenden Hamaskämpfer erklommen sei.
Bei der Frau, von der hier sie spricht, dürfte es sich nach neuen Informationen um eine deutsche Friedensaktivistin handeln. Sie wäre nicht die einzige Unbeteiligte, die in diesen Konflikt hineingezogen wurde und ihr Leben dabei verlor.
Daneben bleiben von diesem Sonnabend vor allem die Allahu-akbar-Rufe so viele der Milizionäre oder Terroristen in Erinnerung. Rufe, die man auch erst einmal richtig deuten muss.
Andernorts fallen sie auch … nämlich auf den neuesten Bootstouren von Tunesien mit Kurs auf Süditalien.
Auch in einem griechischen Flüchtlingslager auf der Ägäis-Insel Samos begannen die Insassen die Allahu-akbar-Chöre, sobald sie von der Nachricht des Angriffs gehört hatten.
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