Tichys Einblick
Die andere Seite der Kandidatin Harris

Der Parteitag der Democrats: Eine Bühne für Schauspieler

Kamala Harris ist ein Phänomen. Als Vizepräsidentin war sie so unbeliebt und so wenig erfolgreich, wie kein Vorgänger. Trotzdem wird sie jetzt von den Democrats hochgejubelt.

Kamala Harris und Tim Walz, 20. August 2024

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jacquelyn Martin

Das Peter-Prinzip von Laurence J. Peter lautet: „In einer komplex angelegten Hierarchie steigt jeder Beschäftigte so lange auf, wie er auf seiner bisherigen Position erfolgreich ist. Übersteigen die Anforderungen der neuen Position aber die Fähigkeiten, bleiben weitere Beförderungen aus.“ Kamala Harris ist der lebende Beweis, dass dieses Prinzip nicht immer zutrifft.

Kann sie Präsidentin, wenn sie als Vize schon schlecht war? Fragt man ehemalige Mitarbeiter, dürfte die Antwort einhellig ausfallen. Während ihrer politischen Karriere, zunächst als Senatorin von Kalifornien und dann als Vizepräsidentin, erwarb sich Kamala Harris den Ruf, eine schwierige Chefin zu sein. Es herrscht eine Atmosphäre des Misstrauens und des Chaos.

Diejenigen, die in den letzten zehn Jahren für Kamala Harris gearbeitet haben, berichten, dass sie eine tyrannische Chefin war, die ihre Mitarbeiter verschreckte, die herumfluchte, den direkten Blickkontakt verbot und verlangte, dass Mitarbeiter aufstanden, wenn sie einen Raum betrat. Beschreibungen reichten von „Unwohlsein“ bis zu „Seelen zerstörend“.

Die Fluktuation ihrer Mitarbeiter hatte ein gefährliches Ausmaß angenommen. Daten der Regierungsaufsichtsgruppe Open the Books machen deutlich, wie extrem Harris’ Personalproblem ist: 91,5 Prozent ihrer Angestellten haben gekündigt.

„Unsere Analyse ihrer Zeit als Vizepräsidentin zeigt eine außergewöhnlich hohe Abwanderung“, sagte Adam Andrzejewski, CEO von Open the Books: „Die Geschichten ehemaliger Mitarbeiter, die ab und an in der Presse erscheinen, sind mehr als nur Anekdoten, sie werden durch die harten Daten gestützt. Nur sehr wenige Mitarbeiter haben während ihrer Amtszeit als Vizepräsidentin durchgehalten.“

„Die Leute wollen wirklich! wirklich! nicht für Kamala Harris arbeiten“, schrieb der ehemalige Mitarbeiter Dan McLaughlin bereits im Januar 2022.

Nun ist eine hohe Fluktuation im Büro eines Vizepräsidenten typisch. Viele Mitarbeiter kommen, erhoffen sich einen Karrierepush sowie neue Kontakte und ziehen dann weiter. Das Niveau der Abwanderung in Harris’ Büro ist allerdings einzigartig und wird in Washington bereits als „Drehtür“ bezeichnet. Zum Vergleich: In der gleichen Zeitspanne gab es bei Trump die deutlich niedrigere Fluktuation von 72 Prozent. Präsident Biden kam auf 77 Prozent. Vizepräsident Mike Pence auf eine Fluktuationsrate von 83 Prozent.

Schon in ihrer Zeit als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco und als kalifornische Generalstaatsanwältin beklagten sich Mitarbeiter über eine toxische Arbeitsplatzkultur. Fragen zu ihrem Führungsstil und ihren Führungsfähigkeiten wurden schon damals laut.

Ein hochrangiger Democrat, dessen Sohn während Harris’ Zeit als Generalstaatsanwältin von Kalifornien (2011-2017) als Praktikant für Harris arbeitete, schrieb Ende 2019: „Es gibt eine andere Seite von Kamala Harris, die die Öffentlichkeit nicht kennt.“ Die Parteiprominenz allerdings kennt diese Seite ganz sicher.

Insofern kann man den zur Zeit statt findenden Parteitag der Democrats als Lehrstück für Schauspieler sehen. Es sind oskarreife Glanzleistungen, die hier gezeigt werden. Nancy Pelosi beispielsweise, die Joe Biden noch im Juli vehement zum Rücktritt drängte, hielt ein Schild in der Hand auf dem stand „We love Joe“. Während sie es schwenkte, drückte sie eine Träne aus dem linken Auge.

Barack Obama, der den Artikel von George Clooney in der New York Post unterstützte, mit dem Biden letzten Endes zum Abschuss frei gegeben wurde, und auch seine Frau Michelle, bezeichneten ihn als besten Präsidenten aller Zeiten. Hinter den Kulissen wussten alle, dass Biden schon lange Zeit nicht mehr vernünftig regieren konnte, jetzt taten sie so, als wäre er topfit.

Kaum jemand aus der Führungsspitze der Democrats war nach dem Rücktritt Bidens von der Kandidatur Kamala Harris’ überzeugt, man kannte sie und ihre „Erfolgsbilanz“. Jetzt lobt man sie als Hoffnungsträgerin, als die neue Zukunft der Partei. Die Vielgelobte nimmt die Huldigungen sitzend entgegen, während alle um sie herum aufstehen. Ganz wie weiland die Queen.

Joe Biden bezeichnete in seiner Abschiedsrede seine Entscheidung, Kamala Harris zur Kandidatin gemacht zu haben, als beste Entscheidung seiner politischen Karriere. Anschließend verließ er die Bühne und seine Partei und fuhr in den Urlaub. Ist er verbittert? Nachtragend? Wundern würde es niemanden. Der Dolchstoß, den seine Partei ihm gab, tat weh. Wer weiß, ob die Unterstützung für seine unfähige Vizepräsidentin nicht klammheimlich Rache an seiner Partei ist.


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