Tichys Einblick
US-Wahlkampf

Angebliche „Deep Fakes“ bei Harris und Biden – wie die Öffentlichkeit gezielt manipuliert wird

Es geht schon wieder los. Videos, die rhetorische Fehltritte von Kamala Harris zeigen, werden umgehend als „deep fakes“ gebrandmarkt. Ganz wie einst die Videos des senilen Biden als Fake der böswilligen Trumpistas galten. Wer steckt eigentlich hinter der „fake news“-Ausrede?

picture alliance / Sipa USA | Sipa USA

Ein jüngst aufgetauchter Zoom-Mitschnitt zeigt wie Mitglieder des Biden/Harris-Team 2020 die Wähler manipulierten. Sie hatten ein Programm entwickelt, um unerwünschte Enthüllungen auf Social-Media-Plattformen zu erkennen, zu verfolgen und als Fake News zu kennzeichnen. Ihr Ziel war, all die Geschichten um Bidens „Senior Moments“, also seinen mentalen Niedergang, als Falschmeldung deklarieren. Das System funktionierte damals – und es funktioniert nach wie vor.

Dem unabhängigen Reporter Matt Orfalea wurde das Video eines Zoom-Meetings zugespielt, welches am 18. November 2020, also direkt nach der Wahl Bidens, mit Mitgliedern von HOPE not hate geführt wurde, eine englische Aktivistengruppe, deren Mission ist, die „Rechten“ zu bekämpfen. Im Mitschnitt enthüllt der damalige Digital Direktor der Biden-Harris Kampagne, Rob Flaherty, wie man die Wähler mithilfe von Big-Tech manipuliert habe, damit diese denken, Bidens geistiger Zustand sei „Desinformation“. Flaherty prahlt damit, dass seine Propagandakampagne zu 200.000 zusätzlichen Stimmen für Biden geführt hätte.

„Das Besondere an der Aktion: Es war nicht nur eine Werbekampagne. Sie überwachten jeden Tastendruck, den die User machten“, sagt Glenn Beck, einflussreicher Radiohost und Podcaster. „Das Vorgehen war KGB-mäßig“.

War es ein einmaliger Einsatz dieses Manipulations-Teams? Immerhin traten Biden und Harris doch an, die Welt besser und ehrlicher zu machen. Es scheint so, als ob diese Losung nur für andere, nicht für die eigene Seite gilt. Rob Flaherty ist heute stellvertretender Kampagnenmanager von Kamala Harris!

E-Mails zeigen, laut Matt Orfalea, dass Flaherty nicht nur Nachrichten über Bidens mentale Gesundheit manipulierte. Er drängte Facebook dazu, Tucker Carlson dafür zu zensieren, dass der damals behauptete, der COVID-19-Impfstoff würde die Übertragung nicht stoppen. Bei einer Senatsbefragung, unter anderem zu dieser Zensur, wurde Flaherty später aufgefordert „Fehlinformationen“ zu definieren. Er weigerte sich. Im Zoom Call dagegen sagte er, zu den Fehlinformationen gehörten „Online-Gespräche über die Korruption Bidens oder seine geistige Fitness“. Die effektive Definition von „Fehlinformationen“ war also alles, was das Biden-Team für unbequem hielt.

Rebecca Rinkevich war ebenfalls Mitglied des Biden/Harris-Team und zielte die Wähler mikrogenau an, die der „Desinformation“ – mittlerweile auch als Realität bekannt – von Bidens mentalem Niedergang ausgesetzt waren. Sie verwendete dafür psychografisches Targeting, eine Taktik, für die Cambridge Analytica nach der Wahl 2016 stark kritisiert und hinterfragt wurde. Rinkevich wörtlich im Zoom Meeting: „Wir haben Leute auf der Grundlage von Online-Verhaltenshinweisen ins Visier genommen. Wir haben Profile aufgebaut, basierend auf der Art der Inhalte, die sie konsumierten, was sie gesucht haben, die Art von Websites, die sie besuchten, damit wir Leute in Echtzeit ansprechen konnten, da sie dieser Desinformation ausgesetzt waren“.

Der Journalist Sasha Issenberg schrieb in seinem Buch „Lie Detectives“, Flaherty und Rinkevich sahen die Gelegenheit, einen Wähler in einem Moment der Neugier zu manipulieren. Die Manipulation war enorm. Gab man zum Beispiel die Wörter „Biden“ + „senil“ in einer Suchleiste ein, wurden kurze Videos von Biden gezeigt, in denen er klar spricht. Somit glaubten viele der damals Beeinflussten, es würde sich bei den „senilen Momenten“ um Fakes handeln.

Bidens Team setzte auch eine Armee von Online-Influencern ein, um „Desinformation“ zu bekämpfen. Als Beispiel für „Desinformation“ nannte Flaherty die Zweifel an Bidens geistiger Fitness. Durchaus berechtigte Zweifel, die gerade erst zum Rücktritt des Präsidenten von einer erneuten Kandidatur führten, brandmarkten die Profis also als „Desinformation“.

Der Schöpfer und leitende Analyst des Programms war Tim Durigan. Seine Berichte, so Flaherty, „gingen an die höchste Ebene der Biden Kampagne“. Durigan war es ein Anliegen, dass die sozialen Medien „Fehlinformationen“ unterdrücken, um Nachrichtenquellen wie die New York Times zu fördern. Kein Wunder feierte die New York Times das Biden/Harris-Team doch und nannte Bedenken über Bidens psychische Gesundheit „grundlose Gerüchte“ und „Fehlinformationen“ von „rechten Influencern“. Wir erinnern uns auch an den Oktober 2019, als der Laptop von Hunter Biden nicht nur von der New York Times als russische, beziehungsweise rechte Fehlinformation bezeichnet wurde.

Das Biden-Team brachte die Medien dazu, ihre Täuschung zu multiplizieren. Das hat letzten Endes geholfen, entscheidende Wählerstimmen zu bekommen. Laut Rinkevich ist „insbesondere die Sorge um Bidens geistigen Zustand im Laufe unserer Kampagne um 8 Punkte gesunken“, was zu „etwa 200.000“ zusätzlichen Stimmen für Biden führte. Zur Einordnung: Biden gewann mit weniger als 200.000 Stimmen in Arizona, Georgia, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin … kombiniert!

Heute leitet Becca Rinkevich das Institute of Rebooting Social Media@Harvard. Tim Durigan leitet die DNC-Disinfo-Analyse und Flaherty ist stellvertretender Kampagnenmanager für Kamala Harris und beaufsichtigt digitale Anzeigen und soziale Medien.

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