Suvarnabhumi Airport. Wieder blicke ich in sympathische Gesichter. Freundliches Lächeln leuchtet mich an, streichelt mich leicht, haftet nicht und endet im Ungefähren. Der weich quäkende Thai Singsang spült sich warm in mein Ohr, findet Gehör in meinem Herzen und ich fühle mich ein bisschen wie daheim, back home in Bangkok. Die Erschöpfung vom transkontinentalen Flug: Vergessen. Ich schaue auf meine Uhr: 6 Uhr morgens oder 6 Uhr abends? Egal. Ich bin da, bin zurück im freundlichen Dampfbad.
Sky Train. Jedes mal erstaunt mich, mit welcher Disziplin die Thais den Zug betreten. Es gibt kein Hauen und Stechen, kein Drücken und Zerren wie in Indien. Die Waggons halten zentimetergenau vor den auf den Boden gemalten Ein- und Auslasspfeilen. Vor diesen haben sich bereits lange Schlangen gebildet. Ohne Hast und fest den Blick auf ihr Smartphone gerichtet, betreten die Passagiere die Bahn. Aus den Augenwinkeln suchen sie sich einen freien Platz und bearbeiten dann weiter ihre Kleincomputer. Jungs spielen Onlinespiele, Mädchen chatten sich die Mädchen-Seele aus dem Leib, Erwachsene starren mit gefrorenem Lächeln auf die fallenden Kurven der Börsencharts.
Die auf Stelzen gebaute Bahn gleitet lautlos 10 Meter über den Straßen und die Skyline von Bangkok erstreckt sich weit über den dunstigen Horizont. Paya Thai. Aussteigen! Ich wuchte meinen Rucksacktrolley die Treppen hinunter und lächele nun auch wie ein Weltmeister. Und ich muss gestehen, es tut mir gut. Auch der Taxifahrer strahlt mich an und nimmt mir zuvorkommend mein Gepäck ab. Oh you are from Germany, very good country. Thailand very very good country. Yes we like to smile, make everybody happy.
Langsam quälen wir uns durch den Dauerstau in Bangkok. Die Klimaanlage des Taxis ist auf Tiefsttemperatur gestellt, mir gefriert fast das Blut in den Adern und ich erinnere mich: In Thailand ist Kälte Statussymbol. Wer es sich leisten kann, in der Hitze die Kälte zu genießen, der zeigt, dass er sich was leisten kann. Wir sind angekommen. Lächelnd wuchtet der Taxler mein Gepäck aus der Tiefkühltruhe und zeigt dann auf das Taxameter: 300 Baht. Verdammt, bisher habe ich immer 100 bezahlt. In meinem Tran habe ich die Grundregel des Taxifahrens nicht beachtet: Sich immer zuerst den ungefähren Preis sagen lassen.
Freundlich lächelt der Taxler, aber mir gefriert das Lächeln auf den Lippen. Soll ich nun Terror machen oder bezahlen? Plötzlich bin ich sehr müde und sehr erschöpft, der Jetlag macht sich bemerkbar. Dann bricht sich die Wut Bahn. Empört belle ich den Taxler an, giftete ihm ein bissiges „You Mafia! I pay 100!“ zu. Lächelnd tut er so, als verstehe er mich nicht. Wer in Thailand außer sich gerät, hat verloren. Hier gilt das deutsche „Wer schreit, hat Unrecht“ und zusätzlich verliert er hier noch sein Gesicht.
Vor dem Taxi geht ein Polizist vorbei. Der Taxler stürzt auf ihn zu, und ich kann mir genau vorstellen, was er ihm erzählt: Dieser Falang versucht, mich um meinen Fahrpreis zu betrügen. Der Polizist blickt mich streng an. Ich nehme Zuflucht zur Zeichensprache, zeichne eine gerade Linie in die Luft und rufe: No! No! Dann male ich mit meinem Zeigefinger verschlungene Linien und mache ein verzweifeltes Gesicht. Der Polizist versteht sofort und blickt nun den Taxifahrer streng an. Jetzt geht es darum, dass keine Seite ihr Gesicht verliert. Der Taxifahrer geht mit verbissenem Lächeln auf 200 herunter, der Polizist schlägt locker lächelnd 150 vor, ich akzeptiere und lächele müde. Willkommen im Land des Lächelns, willkommen in Thailand.
Ich betrete das Guesthouse. Ein einfaches und billiges Zimmer soll es ein. Lächelnd fragt mich der Portier, wie lange ich hier zu wohnen wünsche. 3 Tage, sage ich erst mal. Also kassiert er lächelnd den 3tägigen Obolus und ich zahle froh, froh ein Zimmer für diesen Preis bekommen zu haben. Schön ruhig, mitten in Bangkok, nahe am Fluss der Könige, dem Chao Phraya. Normalerweise bezahle ich nur für einen Tag und warte erst einmal ab, welche Überraschungen das Zimmer für mich in petto hat. Erschöpft lege ich mich auf mein frisch bezogenes Bett und nicke ein.
Irgendwann beginne ich von meinem Zahnarztbesuch zu träumen, nur 2 Tage her. Es krachen die Bohrer, es kreischen die Sägen. Wieder werde ich gemartert und Schweiß gebadet wache ich auf. Verdammt das ist kein Traum. Albtraum wird zur Albwirklichkeit. Neben dem Gästehaus wird ein Haus gebaut. Jetzt sind die Arbeiter von der Mittagspause zurück! Der Portier lächelt: You paid for 3 days. Sorry. What can I do? Das weiß ich auch nicht, aber ich kann mich weniger dämlich anstellen. Schließlich bin ich kein Greenhorn, aber gehörnt werde ich doch immer wieder, besonders wenn ich müde bin und das bin ich jetzt. Also Ohropax. Friede meinen Ohren. Und ich döse weiter.
Irgendwann wache ich auf. Ich habe Hunger. Also schlender ich die Straße entlang und bestelle mir in einer kleinen Kneipe grünes Curry und einen Papaya Salat. Die Schärfe treibt mir den letzten Schlaf aus dem Hirn. Hinter der Schärfe verbirgt sich eine Vielfalt ungeahnter Geschmacksaromen. Ist es die Hitze oder das Chilli? Schweißtropfen tropfen von meiner Stirn und geben dem Curry ein weiteres Aroma. Zum Luftholen ein Wasser. Nahm. Und dann auf die Toilette. Hong Nahm. Wasser abstellen. Ich bezahle. Kein Trinkgeld. Die Thais haben mich jetzt schon 2 mal übertölpelt.
Nach 30 Metern rufen mir die Menschen zu: Stopp! Was jetzt? Revolution? Shut down Klaus, weil kein Trinkgeld? Keuchend erreicht mich der Kellner. You forgot wallet. Im Tran hatte ich tatsächlich meine Tasche vergessen. Bargeld, Kreditkarten, Pass. Alles was das Herz begehrt, bekomme ich nun nachgetragen. Und alle Umstehenden klatschen Beifall. Und ich klatsche gleich mit, will dem Mann einen lächelnd Finderlohn geben. Doch der lehnt empört ab.
Und die Moral von der Geschicht? Traue keinem Thai gar nicht? Die meisten Thais sind grundehrlich. Dafür sorgt schon die buddhistische Philosophie. Schlechte Taten verursachen ein schlechtes Karma. Und wer will schon als Laus wiedergeboren werden. Offene Gewalt ist im buddhistischen Thailand tabuisiert. Aber Schlitzohren gibt es hier nicht wenige, besonders in Tourismusgebieten. Und auch die lächeln im Land des Lächelns wie die Weltmeister.