Schon zu Beginn der Präsidentschaft Donald Trumps verglich ich seine kommende Regierungszeit mit jenen letzten Jahren der römischen Republik, als „populistische“ Volkstribunen wie Catilina oder Clodius sich in einer Mischung aus Ehrgeiz, Demagogie, Reformbestreben und echter sozialer Sorge gegen die römische Senatsoligarchie und ihre enge Verknüpfung mit den damaligen Finanzeliten auflehnten – und kläglich scheiterten. Das Ende der Trump’schen Präsidentschaft bestätigt diese Vermutung.
Die „Black Lives Matter“-Unruhen, das Chaos der „Erstürmung“ des Kapitols am 6.1.2021 und die mittlerweile erlangte völlige Kontrolle seines Gegenspielers über sämtliche Institutionen der Republik erinnern in fataler Weise an jene Monate blutiger Auseinandersetzungen zwischen dem Volkstribunen Clodius, jenem zum Populisten gewordenen „enfant terrible“ des römischen Patriziats, und seinem Kontrahenten Milo, dessen Terror von der Senatsoligarchie systematisch gefördert worden war, um Clodius und seine Getreuen von den Straßen und den von ihnen besetzten öffentlichen Gebäuden zu vertreiben und auch physisch aus dem Weg zu räumen.
Erhellend ist dabei die ultimative Konsequenz jener kurzen Hochphase der populistischen Bewegung im spätrepublikanischen Rom, nämlich das noch engere Zusammenrücken der gefährdeten Elite und deren Bereitschaft, selbst genau das zu vollziehen, was sie dem Gegner vorwarf: die politische Instrumentalisierung des Notstands. So folgte auf die Ermordung Clodius’ im Jahre 52 v.Chr. die in der politischen Geschichte Roms unerhörte Ernennung des Pompeius zum Consul ohne Kollegen, welche faktisch einen zentralen Bestandteil der römischen Gewaltentrennung außer Acht setzte und wesentliche Züge des späteren Kaiserreichs vorwegnahm.
Wer allerdings glaubt, dass der anstehende Sieg des politischen Establishments von Dauer sein wird, hat sich getäuscht: Die amerikanischen „Deplorables“ ebenso wie die französischen „Gelbwesten“ oder die deutschen „Wutbürger“ und „Coronaleugner“ werden gerade aufgrund ihrer inhaltlichen Schwammigkeit auch weiterhin ein mächtiges politisches Kapital sein, das demjenigen zur Verfügung stehen wird, der es zu benutzen weiß und begriffen hat, dass der politische Kampf der Zukunft wie im spätrepublikanischen Rom wohl nicht mehr über Wahlen und Institutionen, sondern über Charisma, öffentliche Meinung, Finanzkraft und den Druck der Straße entschieden werden wird. Im alten Rom folgte daher auf die kurze Ruhe des alleinigen Consulats des Pompeius nur allzu rasch der Aufstand Caesars, der 49 v.Chr. zum Beginn eines mehr als zwanzigjährigen, teils offenen, teils verdeckten Bürgerkriegs führte, bis die ermatteten Parteien sich schließlich der Kompromissherrschaft des geschickt zwischen Populismus und Kulturkonservatismus lavierenden Augustus und seiner zumindest als Fassade wiederhergestellten Republik unterwarfen und die republikanische Selbstzerfleischung der Stabilität der Kaiserzeit opferten. Aus welcher Richtung wird wohl der europäische Caesar und somit der Anfang vom Ende kommen?
Professor Dr. David Engels ist Senior Analyst am Instytut Zachodni in Poznań.