Tichys Einblick
So wie Syrer auch

Dänemark: Ukrainische Flüchtlinge sollen zurückkehren, sobald Frieden ist

Das Königreich im Norden setzt seine konsequente Flüchtlingspolitik fort. Endet ein Konflikt, dann soll auch das Recht auf Zuflucht entfallen, so der zuständige Minister Kaare Dybvad Bek. Deutschland ist Lichtjahre von dieser Auffassung entfernt und sorgt sich derweil um den „Integrationserfolg“ seiner Flüchtlinge und Zuwanderer. Der scheint sehr mäßig.

Der dänische Migrationsminister Kaare Dybvad Bek (Socialdemokraterne) bei einer Pressekonferenz anlässlich seines Besuchs Österreichs am 26. Mai 2023 in Wien.

IMAGO / SEPA.Media

Das Königreich Dänemark ist zu seiner Verbindung von Humanität und Ordnung in Fragen der Flüchtlings- und Asylpolitik zu beglückwünschen. Einwanderungsminister Kaare Dybvad Bek wird in deutschen Medien als „Hardliner“ präsentiert. Dabei tut er nur, was Mette Frederiksen von ihm verlangt und wofür die dänischen Sozialdemokraten von den Dänen zur größten Fraktion gewählt wurden.

Seit vielen Monaten haben die Dänen die Einschätzung von Syrien verändert und die Existenz vieler sicherer Regionen in dem nahöstlichen Land zum Anlass genommen, um Aufenthaltsberechtigungen von Syrern auslaufen zu lassen. Da Damaskus und die umgebende Region und die Stadt Latakia laut der dänischen Regierung sicher sind, ist ihnen eine Ausreise in ihr Herkunftsland und eine Fortexistenz als Binnenflüchtling zuzumuten. Damit gesellte sich Dänemark dem EU-Partner Ungarn zu, der keine Aufenthaltserlaubnisse an Syrer ausstellt.

Nun hat Dybvad Bek (der zweite Name ist der seiner Frau) diese Sichtweise auch auf Ukraine-Flüchtlinge ausgedehnt, was nur logisch ist. Auch sie kamen nach Dänemark und in andere Länder der EU, weil Krieg in ihrem Land herrscht. Ist der Krieg zu Ende, entfällt dieser Fluchtgrund. Und so sagte Dybvad Bek nun der Tageszeitung Berlingske, dass Ukrainer bei Ende nach dem eingetretenen Frieden wieder in ihre Heimat zurückkehren müssten. „Wir werden diesen Standpunkt nicht ändern. Wir arbeiten mit temporärer Unterbringung im Flüchtlingskontext, und zwar unabhängig davon, woher die Menschen kommen“, sagte er laut der Berliner Zeitung. Und natürlich stünden die Ukrainer den Dänen kulturell näher als die Zuwanderer aus Nahost. Aber auch die Ukrainer würden „ganz anders leben als die Dänen“. So müssten Ukrainer etwa lernen, ihre Kinder nicht zu schlagen.

Ein weiteres Argument für die Rückreise der Ukrainer: Auch die ukrainische Regierung hat darum gebeten. Und das müsse man respektieren, so Dybvad. In Dänemark sind etwas über 30.000 ukrainische Flüchtlinge, die dank einem Sondergesetz eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bis zum März 2025 besitzen. Allerdings können die Ukrainer jederzeit länger bleiben, wenn sie mehr als umgerechnet 50.000 Euro im Jahr verdienen. In Dänemark hat man seit längerer Zeit ein Auge auf die wirtschaftliche Bilanz verschiedener Zuwanderer gelegt und weiß etwa, dass nahöstliche Zuwanderer das Gemeinwesen auch langfristig mehr kosten, als sie ihm bringen.

Kaare Dybvad Bek schließt seine Positionsbestimmung zu ukrainischen Flüchtlingen mit den Worten ab: „Wir müssen uns für nichts schämen. Ich hoffe, dass die Ukrainer daran interessiert sind, ihr eigenes Land wieder aufzubauen, das es braucht.“

Deutschland: Höchststand bei Integrationskursen – kaum Erfolge

Auch in Deutschland gibt es aktuell eine Diskussion um den „Integrationserfolg“ der Ukrainer. Laut Bundesrechnungshof haben weniger als die Hälfte der Ukrainer ihren Integrationskurs mit Erfolg abgeschlossen. Das findet der Hof in einem Bericht an den Haushaltsausschuss „ernüchternd“. Dagegen wertet das Bundesinnenministerium die Ergebnisse als „hervorragend“ – was vermutlich mehr über die geringen Erwartungen des Faeser-Ministeriums aussagt als über die Ergebnisse. Der Rechnungshof teilt „die Euphorie des BMI“ ausdrücklich nicht.

Wie die Welt (in einem Plus-Artikel) berichtet, haben rund 340.000 Migranten im Jahre 2022 einen Integrationskurs begonnen, wovon fast 200.000 Ukrainer waren. Insgesamt leben mehr als 1,2 Millionen Ukrainer in Deutschland (laut Ausländerzentralregister, AZR). In den Kursen geht es um Sprache, Rechtsordnung, Landeskultur und deutsche Geschichte. Ziel ist das Sprachniveau B1.

Dies sei insgesamt ein „neuer Höchststand“ bei den Integrationskurs-Teilnehmern, so der Rechnungshof, was sich wohl vor allem den Ukrainern verdankt, die den Kurs oft als Bürgergeldempfänger machen müssen. Das Anrecht auf diese Sozialleistung dürfte die eigentliche Hauptrolle beim „Integrationserfolg“ irgendwelcher Migranten spielen, seien es nun Ukrainer oder andere. Fiele es weg, wäre der Integrationsdruck (in den Arbeitsmarkt) ungleich größer.

Auch Ukrainer schaffen oft nur A2 – zu wenig zum Arbeiten

Doch viele Ukrainer beenden den meist vom Staat bezahlten Kurs vorzeitig, in diesem Jahr 134.000 nur bis Ende September. Von den Verbleibenden bestanden nur 46 Prozent. Der Rechnungshof dazu: „Die Förderung ist kein Selbstzweck, sondern soll zu Ergebnissen führen. Außerdem entstehen weitere Ausgaben für Wiederholungskurse.“ Für das BMI reicht es aus, dass 90 Prozent der auf ihre Sprachkenntnis geprüften Ukrainer das Niveau B1 oder A2 (direkt darunter) geschafft hätten. Das sei „eine hervorragende Quote“ – offenbar im Vergleich zu anderen Zuwanderern.

Mit A2 kann man kaum eine anspruchsvolle Arbeit finden. Wenn die Ukrainer sich mit mehr schwertun, dann tun das die Asylbewerber aus außereuropäischen Ländern mit Sicherheit erst recht. Die Anforderungen wurden in den vergangenen Jahren bereits deutlich abgesenkt. Und so findet auch Filiz Polat (Grüne) die Ergebnisse der Ukrainer ziemlich gut, denn die „Geflüchteten“ hätten es mit einer „belastenden Situation“ und mit vielen „Unsicherheiten“ zu tun.

Das benennt eines der Probleme, wenn man die Zuwanderung vor allem über Fluchtmigration organisieren will. Wirtschaftlich effizient ist das sicher nicht. Daher ist der dänische Weg vorzuziehen, wonach Flüchtlinge das Land auch wieder zu verlassen haben, sobald der Fluchtgrund entfällt. Das eigentlich Beachtliche an der Initiative des Ministers Dybvad ist, dass er das Kriegsgeheul, das noch immer die deutschen Medien dominiert, ignoriert und auf die Zeit danach blickt, die vielleicht näher ist, als manche denken.

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