Tichys Einblick
Komplette Öffnung

Dänemark öffnet: Am 1. Oktober fallen alle Corona-Regeln

Wofür die Leute in anderen Ländern demonstrieren, das beschließt in Dänemark das Parlament. Der Nachbar im Norden lehrt den Rest Europas einmal mehr, was Demokratie und Freiheit bedeuten. In knapp zwei Monaten wird es keine Teilnehmergrenzen für Veranstaltungen mehr geben, keine Masken drinnen wie draußen, vor allem aber: Der Corona-Pass wird im Land bedeutungslos.

IMAGO / Dean Pictures

Deutschland ist allmählich umgeben von Corona-Wundern. In Großbritannien und den Niederlanden gelang bereits die Öffnung der Gesellschaften, und trotz zeitweise hochschnellender Inzidenzen – auch dies vollkommen natürlich nach der Aufhebung der Einsperrmaßnahmen – überwog in beiden Ländern der Enthusiasmus, nicht die Sorge. Zu Recht – inzwischen sind die Zahlen trotz Öffnung in beiden Ländern deutlich zurückgegangen.

Nun folgt Dänemark den beiden Ländern auf dem Fuß. Die schrittweise Öffnung des Landes ist schon seit Mitte Juni beschlossene Sache. Da fiel zuerst die Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, auch in geschlossenen Räumen. Nur stehende Passagiere im öffentliche Nahverkehr mussten die Maske tragen. Auch diese Regel wird zum 1. September fallen – zusammen mit vielen weiteren Einschränkungen. Einen Monat später entfallen dann alle verbliebenen Regeln.

Ab dem 1. Oktober gelten keine Kontaktbeschränkungen mehr. Die Dänen können wieder normal zum Arbeiten ins Büro gehen. Auch die Teilnehmerbegrenzung bei Freizeitangeboten und kulturellen Veranstaltungen fallen. Heute wird bei mehr als 500 Besuchern noch der sogenannte Corona-Pass benötigt. Ab dem 1. September wird diese Grenze auf 2.000 Personen angehoben, ab Oktober soll auch diese Begrenzung fallen.

Grundlegend: kein Corona-Pass mehr

Damit wird – und das ist grundlegend – der gerade erst eingeführte Corona-Pass im Land selbst keine Funktion mehr haben. Das ist die eigentliche frohe Botschaft. Ab dem 1. Oktober werden die Dänen wieder ein freies Volk sein, bei dem es nicht auf ein ausweisartig mitgeführtes Quasi-Gesundheitsdokument ankommt. Aus diesem ›Pass‹ ging jeweils hervor, ob jemand geimpft, genesen oder negativ getestet war. In Dänemark fällt also nicht – wie in einer monströsen Idee des amtierenden deutschen Gesundheitsministers – ein G weg, sondern alle drei werden gestrichen, und zwar ersatzlos. In Italien haben Bürger ihren »Green Pass« in einer mehr als symbolischen Geste verbrannt. In Dänemark wird diese Haltung ab dem 1. Oktober Gesetz sein.

Einen verstohlenen Blick wird man auch beim Nachbarn im Norden vorerst auf die Corona-Inzidenz werfen. Allerdings werden die Grenzen für Interventionen deutlich angehoben: in Gemeinden von 300 auf 500 positiv Getestete pro 100.000, in Kreisen von 500 auf 1.000. Auch diese Anpassung geht davon aus, dass sich höhere Inzidenzen in der kommenden Phase der Pandemie nicht mehr in häufigeren Hospitalisierungen niederschlagen.

Entscheidung für eine funktionierende Gesellschaft

Und noch eins soll in Dänemark diesen Herbst ausgeschlossen bleiben: ein Schul-Shutdown. Nicht in Frage steht der Präsenzunterricht im neuen Schuljahr. Man ist zuversichtlich, mit regelmäßigen Tests für Kinder ab zwölf Jahren, Händewaschen und Desinfektion der Klassenräume durchzukommen, wie der Nordschleswiger weiß.

Eine kleine Ironie bleibt hier allerdings für Dänemark-Reisende aus dem Ausland: Bei Einreise brauchen sie noch einen Test oder ähnlichen Nachweis, doch nicht mehr bei der Rückkehr beispielsweise nach Deutschland. Dänemark gilt hierzulande nicht mehr als Hochrisikogebiet, auch wenn die Inzidenz bei knapp über 100 liegt.

Man sieht, die Dänen lassen auch in der neuen Phase nicht alle Vorsicht fahren. Aber sie fällen eine wesentliche Entscheidung für eine funktionierende und von neuem gesellige, menschliche Gesellschaft. Man möchte es die neue, aber eigentlich alte Hyggeligkeit nennen. Die Bild-Zeitung berichtet von dänischen Experten, die dazu auffordern, das neue Virus nun definitiv »wie eine Grippe« anzusehen und dem Gesundheitssystem zuzutrauen, dass es die Erkrankten mit Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein behandeln kann.

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