Wie Dänemark, will auch Deutschland illegale Migration bekämpfen. Während Dänemark sie jedoch von vornherein verhindern will, indem der Asylstatus von Migranten in Drittländern geprüft wird, will Deutschland noch mehr Einwanderung ermöglichen und dafür illegale Migration einfach in legale Migration umwandeln. „Wir werden irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration ermöglichen“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf einer Pressekonferenz am 14. Januar anlässlich des Besuchs der schwedischen EU-Kommissarin Ylva Johansson in Berlin. Bei ihrer Asylpolitik setzen Faeser und Johansson auf eine „Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten“.
Damit ist der dänische Integrationsminister, der selbst afrikanische Wurzeln hat und dessen Vater aus Äthiopien geflüchtet ist, Vertreter einer strikten Migrationspolitik. Das Ziel der – wohlgemerkt: sozialdemokratischen – Regierung lautet: null Asylbewerber nach Dänemark. Vor allem bei deutschsprachigen Medien und Politikern steht sie deshalb unter Kritik. Die NZZ vom 20. Januar 2022 stellt fest, Tesfaye sei für viele „das personifizierte Böse: ein Sozialdemokrat mit Migrationshintergrund, der den Islam kritisiert“, und fragt ihn in einem Interview, wie er damit umgehe, dass er von seinen „eigenen Genossen häufig als Verräter und Rassist beschimpft“ werde. Tesfaye erklärt die Gründe für seine Haltung und seine Politik, die nachfolgend zusammengefasst sind.
Tesfaye stellt in dem Interview klar, dass das Null-Ziel der Regierung nur Asylsuchende betrifft, nicht Flüchtlinge. Die deutsche Presse würde da keinen Unterschied machen. Er sieht das heutige Asylsystem als Teil des Problems, nicht der Lösung. Die Hälfte der Asylbewerber in Europa sei nicht schutzbedürftig, und es seien mehrheitlich junge Männer. „Wenn sie abgelehnt werden, verursacht das einen Haufen Probleme und Kosten.“ Dänemark strebt ein internationales Asylsystem an, in dem den Leuten in der Nähe von Konfliktgebieten geholfen wird. „Wir wollen sichergehen, dass die Leute, die in Kopenhagen landen, wirklich Flüchtlinge sind, die von der UNO ausgewählt worden sind – und nicht von Menschenschmugglern.“
Die Herkunft von Migranten ist Tesfaye egal. Er beurteile eine Person danach, was sie ist und was sie tut. „Und danach, was sie zur dänischen Gesellschaft beiträgt.“ Die Migration aus dem Mittleren Osten sei sehr hoch und führe zu großen ökonomischen Herausforderungen. Leute aus Thailand, China oder Indien sind dagegen Nettozahler für die dänische Wirtschaft und tragen zu einem nachhaltigen Wohlfahrtsstaat bei. Die Mehrheit der Muslime sei zwar nicht kriminell, aber wichtiger sei deren mangelnde kulturelle Integration: „die Bereitschaft, demokratische Werte zu leben, die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu akzeptieren oder dass eine Religion niemals über dem Gesetz steht“. Den gestiegenen Antisemitismus sieht Tesfaye ebenfalls in der Migration begründet: „Die jüdischen Schulen, aber auch die Gemeinden sind in einem Maße mit Antisemitismus konfrontiert, das es früher nicht gab. Das ist wegen der Migration.“
Auch zum Thema Staatsbürgerschaft hat Tesfaye klare Vorstellungen: „In Dänemark ist die Philosophie, dass man Bürger wird, wenn man integriert ist.“ Was das bedeutet – er nennt Beispiele wie Dänisch sprechen, keine schweren Straftaten begehen, einen Job haben –, darüber könne dann diskutiert werden. Er wisse, dass es andere Länder gibt, die die Staatsbürgerschaft dagegen als Motivation für die Menschen nutzen wollen, sich zu integrieren. „Dann ist sie nicht das Geschenk am Ende des Integrationsweges.“ Tesfaye hält das für den falschen Weg: „Die Staatsbürgerschaft sollte am Ende des Weges stehen, nicht am Anfang.“
Auch hier ist der deutsche Weg ein anderer: Durch ein „modernes Staatsangehörigkeitsrecht“ sollen nach Plänen der Bundesregierung die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglicht und der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfacht werden. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren.“ Wie eine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag ergeben hat, weiß die Bundesregierung so gut wie nichts darüber, wie sich eine solche Gesetzgebung auswirken würde. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat zudem angekündigt, dass es Afghanen ermöglicht werden soll, schon vor Ablauf ihres Asylverfahrens an Integrations- und Sprachkursen der Bundesregierung teilzunehmen. Damit ist die Asylentscheidung im Grunde hinfällig geworden, und man könnte sich das Verfahren auch sparen.