Tichys Einblick
Bald auch Asylverfahren in Ruanda?

Dänemark: Weg für Abschiebehaft im Kosovo frei

Dänemark bleibt bei seinem eingeschlagenen Kurs einer stringenten Asylpolitik. Zwar lässt das Asylabkommen mit Ruanda auf sich warten. Der Vertragsabschluss der Briten könnte die Dinge hier vorantreiben. Jetzt haben die Dänen ein Abkommen mit dem Kosovo unterschrieben, das dänische Haftanstalten entlasten soll.

Symbolbild

Getty Images

Trotz Kritik von Interessengruppen und der EU-Kommission bleibt die dänische Regierungschefin bei dem rigorosen Kurs. Mette Frederiksen scheint entschlossen, den Plan für Asylzentren außerhalb Europas, den sie zusammen mit Ausländerminister Mattias Tesfaye ersonnen hat, umzusetzen. Die Unterredungen mit Ruanda werden fortgesetzt, vielleicht auch mit anderen – im Gespräch waren verschiedene afrikanische Länder.

Illlegale Migration
Johnson verkündet britische Einigung mit Ruanda: Illegale Migranten sollen ausgeflogen werden
Begrüßt hat man insofern, dass die britische Regierung mit Boris Johnson und Priti Patel eine Einigung für Asylverfahren in Ruanda verkündet hat. Natürlich kostet das, anfangs sollen 120 Millionen Pfund an die Ostafrikaner fließen. Ausländerminister Tesfaye hofft laut einem Statement, dass auch andere Länder sich der Vision von Aufnahmezentren außerhalb Europas anschließen: „Ich hoffe, dass sich in naher Zukunft mehr europäische Länder der Vision anschließen werden, dass die Migration durch verbindliche Partnerschaften mit Ländern außerhalb Europas besser gesteuert werden sollte.“

Einblick in das britisch-ruandische Abkommen habe er zwar nicht, aber basierend auf der öffentlichen Erklärung, ging Tesfaye davon aus, dass es ein guter Schritt in die richtige Richtung sei. Die derzeitigen Asylsysteme seien nicht nachhaltig. Seit 2014 seien mehr als 22.000 Menschen auf ihrem Weg über das Mittelmeer gestorben. Zudem habe die Hälfte der Ankommenden keinen Anspruch auf Schutz.

1.000 fehlende Haftplätze
Dänische Regierung öffnet den Weg für Abschiebehaft im Kosovo
Tatsächlich sind die Briten den Dänen zuvorgekommen wie der Igel dem Hasen. Mattias Tesfaye verhandelt seit Monaten mit Ruanda, um ein ähnliches Abkommen abzuschließen. Er bestätigte, dass die Gespräche einen Mechanismus für den Transfer von Asylbewerbern umfassen. Die dänische Regierung will so einen würdigeren Umgang mit dem Phänomen Migration in Gang setzen, als ihn „die kriminellen Netzwerke von Menschenschmugglern, die im Mittelmeer operieren“, zeigen.

Patel hatte in der ruandischen Hauptstadt Kigali von der „größten Reform unseres Immigrationssystems seit Jahrzehnten“ gesprochen. Damit sollten „böse Menschenschmuggler“ in die Schranken gewiesen werden, die die Lage der Migranten zu eigenen Zwecken ausnutzten. Der britisch-ruandische Abschluss ist auch insofern ein gutes Zeichen, als er zeigt, dass solche Abkommen im Interesse beider Vertragspartner liegen können.

Dänemarks Kampf gegen die Überlastung dauert schon seit 2015

Seit Jahren haben unterschiedliche dänische Regierungen sich bemüht, die illegale Massenmigration in ihr Land zu beenden, die seit 2015 im Gefolge der deutschen Entscheidungen auch das Land am Belt in Mitleidenschaft gezogen hatte. Schon 2016 beschloss die Regierung Rasmussen ein Gesetz, nach dem Ankommende Wertgegenstände an den Staat verlieren, um sich darüber an den Kosten ihres Verfahrens und ihrer Unterbringung zu beteiligen. Später ging die neue sozialdemokratische Regierung daran, die Ghettobildung in dänischen Städten umzukehren. Syrer sollen heute möglichst in die sicheren Teile Syriens zurückkehren. Flucht ist laut Mette Frederiksen ein temporärer Zustand, der endet, sobald man beim Aufbau der Heimat helfen kann.

Dänischer Integrationsminister Tesfaye:
„Das heutige Asylsystem ist Teil des Problems, nicht der Lösung“
Kritiker sehen all das als Abschottungspolitik, die die Migranten nur in andere europäische Länder wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien treibt. Anitta Hipper, Kommissions-Sprecherin für Inneres, Migration und innere Sicherheit, bekräftigte die Position der EU-Kommission, die vor allem in der kritischen Frage besteht, ob denn Asylverfahren und internationaler Schutz unter diesen Umständen überhaupt noch gesichert seien. Laut der Tageszeitung Berlingske kritisierten auch Experten das Regierungsvorhaben mit dem Argument, die Einhaltung der Menschenrechte sei in dem afrikanischen Land nicht gesichert. Doch Frederiksen hatte ihre Ideen nicht erst nach ihrer Wahl entwickelt, sondern schon im Wahlkampf für sie geworben und die Wahl mit ihnen gewonnen.
Spruchreif: Straftäter zur Abschiebehaft ins Kosovo

Nun hat Dänemark einen weiteren Punkt gesetzt und ein Abkommen mit der Regierung des Kosovo geschlossen. Bis zu 300 ausländische Straftäter sollen zur Abbüßung ihrer Strafen ins Kosovo ausgeflogen werden. Dazu werden Haftplätze im Gefängnis von Gjilan vom dänischen Staat angemietet. Für dänische Haftstandards soll dabei gesorgt sein. Nach verbüßter Strafe sollen die Häftlinge dann in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.

„Mit dieser Vereinbarung“, heißt es in einer Pressemitteilung, „sendet Dänemark ein klares Signal an Ausländer aus Drittstaaten, die zur Abschiebung verurteilt wurden.“ Die Zukunft der Abzuschiebenden liege nicht in Dänemark, daher sollen sie auch ihre Haftstrafe nicht in Dänemark absitzen. Justizminister Nick Haekkerup sprach von einem bahnbrechenden Abkommen, das Platz in den dänischen Gefängnissen schaffe und Gefängnismitarbeiter entlaste. Seit dem Jahr 2015 ist die Belegung dänischer Gefängnisse sprunghaft gestiegen und passierte 2021 die Marke von 4.000 Häftlingen, womit zugleich die Kapazitäten erschöpft waren. Mittelfristig plant Haekkerup in diesem Bereich auch Neubauten.

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