Tichys Einblick
Traurig

Coronavirus in Italien: Hilferuf aus der Quarantäne

Ein Schicksal bewegt Italien: Ein Bruder kann seine sterbende Schwester nicht retten und steckt sich selbst an.

Screenprint: Facebook

Automatisch kommt einem bei dieser tragischen Geschichte, der engen Bruder-Schwester-Bande, der Buchtitel von Gabriel Garcia Marquez‘ „Liebe in Zeiten der Cholera“ in den Sinn, selbst wenn der Inhalt des Romans eine andere Geschichte der Liebe erzählt.

Das Coronavirus breitet sich ziemlich gleichmäßig und zügig aus, Ministerpräsident Conte hat gestern noch gesamt Italien zu Sperrzone erklärt, Österreich sperrt die Grenzen und verhängt einen Einreisestop aus Italien. Die Mehrheit der Italiener zieht gleichmütig und ohne Hysterie mit – um ihren Teil zur Eindämmung des Virus beizutragen.

Einer, der sich mit der ganzen Tragik um das Virus nicht abfinden mochte und möchte, ist der Italiener Luca Franzese, der aus seiner Wohnung nahe Neapel die Öffentlichkeit über den Tod seiner Schwester quasi live informierte, das Video über Facebook und YouTube hochgeladen hat, hier bei Napoli Today. Auch BILD hat in der Zwischenzeit berichtet.

Binnen 36 Stunden teilte Luca Franzese die gesundheitliche Entwicklung und das Fortschreiten der Erkrankung der Schwester bis hin zu deren Tod. Krank war seine Schwester Teresa wohl schon zuvor, an Epilepsie leidend.

Wegen anderer Infizierter im Quartier war Luca Franzese mit seiner 47-jährigen Schwester Teresa und dem Vater der beiden allein in Quarantäne.

Nun ist Teresa gestorben, und Luca klagte und weinte in seiner Trauer, „Italien hat uns allein gelassen…“, und die Bürger fühlen mit, nicht nur in Italien.

Luca habe sogar versucht, als nicht einmal Teresas Hausarzt vorbei schauen wollte, selbst per Mund-zu-Mund-Beatmung das Leben seiner Schwester zu retten. Es gelang ihm nicht, Teresa ist gestorben, wohl am Coronavirus, wie der Test ergeben habe. Nun ist wahrscheinlich auch Luca Franzese infiziert. Eine der Videoaufnahmen zeigt die tote Schwester im Hintergrund im Bett, ein anderes wiederum, wie ein Bestattungsunternehmen mit dessen Mitarbeitern die Schwester abholt. Alle Mitarbeiter mit dem Chef, in Schutzbekleidung samt Mundschutz und Schutzbrillen. Es sei sehr schwer gewesen, überhaupt ein Bestattungsunternehmen zu gewinnen.

Man sieht nun das ganze Dilemma der Quarantäne und Isolation, wenn Kranke plötzlich infiziert mit Corona in Todesgefahr sind, und kaum Rettungspersonal da ist, adäquat überall zu reagieren.

Man kann anhand der sich überschlagenden Nachrichten kaum glauben, dass der Fall bei Luca Franzese und seiner verstorbenen Schwester ein Einzelfall sein soll. Luca Franzese wollte das Leben seiner Schwester erhalten, eigentlich die Aufgabe von geschulten Ärzten und Medizinern. Die geraten aber immer mehr an ihre Kapazitätsgrenzen, wie dieses mehr als ernüchternde Interview aus „Corriere della Sera“ mit einem Narkosearzt aus Bergamo offenbart, die Übersetzung hier.

In Zeiten von Corona und Quarantänen bitten skurrilerweise selbst Ärzte, nicht bei jedem Schnupfen und Grippesymptom sofort in die Praxis zu kommen, denn die Ansteckungsgefahr sei gerade dort sehr hoch.

Anzeige
Die mobile Version verlassen