Der Club der Länder, die ihre Maßnahmenpolitik lockern oder ganz aufheben, ist größer geworden. Die finnische Premierministerin Sanna Marin verkündete am Montag, im Februar sämtliche Corona-Regeln aufzuheben. Das Kabinett werde am Mittwoch einen Fahrplan beraten. Die Fallzahlen seien rückläufig, die Impfung hätte dazu beigetragen, hohe Hospitalisierungsraten zu verhindern. Man sei in einer guten Position, um die Einschränkungen aufzuheben. „Wir sehen Beispiele in anderen Ländern, die darauf hindeuten, dass es möglich ist, die Gesellschaft kontrolliert, aber schnell zu öffnen“, sagte die Finanzministerin Annika Saarikko.
Für das Nachbarland Norwegen wird erwartet, dass Premierminister Jonas Gahr Støre heute Abend eine Stellungnahme zu Lockerungen abgibt. Das meldete der öffentlich-rechtliche Rundfunk Norwegens NRK. Die Regierung hatte bereits im Vorfeld Erleichterungen signalisiert. Zwar könne von einer vollständigen Öffnung „dänischen Stils“ keine Rede sein. Es gibt aber Anzeichen dafür, die Quarantäne-Regeln, Homeoffice-Pflicht und Einreisebestimmungen anzupassen.
Selbst in Italien denkt man laut über das Ende der Maßnahmen nach
Auch in der Schweiz mehren sich die Anzeichen baldiger Lockerungen. Gesundheitsminister Alain Berset kündigte den Wegfall der Quarantäne nach Kontakt mit Infizierten und der Homeoffice-Pflicht bereits für diesen Mittwoch an. Seitdem mehren sich die Stimmen, die eine Aufhebung sämtlicher Maßnahmen in der Eidgenossenschaft befürworten. Bei den Spitälern insgesamt, nicht nur auf den Intensivstationen, drohe derzeit keine Überlastung, erklärte Berset. Aufgrund der „Durchseuchung“ mit Omikron beträgt die Immunisierung in der Schweiz rund 90 Prozent. Der ehemalige Basler Kantonsarzt Thomas Steffen spekulierte sogar, dass man ab März „völlig maskenfrei“ sein könne.
Selbst in Italien, wo zusammen mit Deutschland und Österreich die härtesten Corona-Regeln in Europa herrschen, deuten sich Überlegungen an, eine Exit-Strategie vorzubereiten. Zwar hat die Regierung zum 1. Februar einige Maßnahmen weiter verschärft. So wird das Impfzertifikat von 9 auf 6 Monate – entgegen EU-Bestimmungen – gesenkt und eine Impfpflicht für Personen über 50 Jahre eingeführt.
Zugleich äußerte Pierpaolo Sileri, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, dass man die Spitze der Omikron-Welle durchgestanden hätte. Omikron sei für Geimpfte wie eine schwere Grippe, eine „Koexistenz“ mit dem Virus stehe bevor. Er nannte den 31. März als Enddatum des Notstands. Bereits Ende Februar hätte man jedoch die meisten Regeln abgeschafft, die jetzt gelten würden. Auch der „Green pass“ könne dann „überdacht“ werden.
Kretschmann: Keine Exitstrategie vor Ostern
Dänemark stuft dagegen ab heute COVID-19 nicht mehr als „gesellschaftskritische Krankheit“ ein, nachdem die Regierung diesen Schritt letzte Woche angekündigt hatte. Mund-Nasen-Schutz und Impfzertifikat fallen damit weg. Großveranstaltungen und das dänische Nachtleben kehren zurück. Dänemark ist das erste EU-Land, das in der Omikron-Welle ein Ende aller Corona-Beschränkungen beschließt. Einzig bei der Einreise von Ungeimpften gibt es noch Hürden. Zuvor hatte das Vereinigte Königreich den Ausstieg aus den Corona-Maßnahmen angekündigt. Auch in Spanien will man einen neuen Kurs einschlagen.
In Deutschland bleiben solche Szenarien reine Utopie. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) warnte vor „haltlosen Ausstiegsdebatten“, man sei immer noch in einer dramatischen Situation. „Wir brechen keine Debatte über Exitstrategien vom Zaun – das wäre völlig unangemessen und das völlig falsche Signal“, sagte Kretschmann auf einer Regierungspressekonferenz. Eine Debatte über Exitstrategien vor Ostern „sehe er überhaupt nicht“.