Vergangene Woche hat eine Grand Jury in Washington D.C. Anklage gegen Michael Sussmann, einen Anwalt der Präsidentschaftskampagne von Hillary Clinton, erhoben. Er soll dem FBI Hinweise auf eine angebliche Trump-Russland-Verbindung vorgelegt und dabei über seine Funktion als Anwalt für Clinton gelogen haben.
Der auf den ersten Blick unscheinbare Fall ist dabei nur ein Stück in einem Puzzle an verborgenen Vorgängen, die zu den FBI-Ermittlungen gegen Trump während des Präsidentschaftswahlkampf 2016 führten und nun langsam publik werden. Von Trump-Gegnern in Auftrag gegebene und von der Clinton-Kampagne bezahlte Recherchen über angebliche Russland-Verbindungen landeten als vermeintliche Beweise beim FBI, das darauf hin die Überwachung von Mitgliedern der Trump-Wahlkampagne anordnete. Am Ende gipfelte der öffentlichkeitswirksame „Skandal“ in der Ernennung von Robert Mueller als Sonderermittler, der nach mehr als zwei Jahren zum Enttäuschen der Trump-Gegner keine solche Zusammenarbeit mit Russland feststellen konnte. Trump wurde bekanntlich nicht des Amtes enthoben.
Sussmann traf sich in Washington mit dem Chefanwalt des FBI und übergab ihm Daten, die beweisen sollten, dass Trump über geheime Kanäle mit Russland kommunizieren würde. Das FBI begann danach, diese Vorwürfe zu untersuchen – und die Medien auch. Sussmann wird allerdings nun vorgeworfen, beim Treffen behauptet zu haben, „für keinen Klienten“ zu arbeiten. Tatsächlich arbeitete er direkt für die Clinton-Kampagne und verbuchte sogar die Zeit bei seiner Anwaltskanzlei entsprechend. Aber hier hört es noch nicht auf:
Nun taucht in der Anklageschrift ein nicht benanntes Internet-Unternehmen und dessen Manager auf. Der ließ nämlich in diesem und mehreren weiteren Internet-Unternehmen, an denen er beteiligt war, Datenbestände „nach negativen Informationen über Trump“ durchsuchen. Dank Zugriff auf öffentliche und nicht-öffentliche Daten baute der Manager darauf das Narrativ der Geheimkanäle zu Russland auf. Zu den nicht-öffentlichen Daten, die durchleuchtet wurden, gehörten auch solche, die das Unternehmen „als Subunternehmer in einer sensiblen Beziehung zwischen der US-Regierung und einem anderen Unternehmen erworben hatte“. All das steht in der Anklage.
Dem Manager wurde wohl auch eine Regierungsposition im Falle eines Clinton-Siegs angeboten, er schrieb in einer E-Mail: „Die Demokraten haben mir vorläufig den Top-Job [für Cybersecurity] angeboten, als es so aussah, als würden sie gewinnen. Ich würde den Job definitiv nicht unter Trump annehmen.“
Die Anklageschrift beschreibt weiter detailliert, wie der Mythos von einer Trump-Russland-Verbindung gesponnen wurde. Als Beteiligte darauf hinwiesen, dass die Daten den gewünschten Verdacht nicht unterstützten, schrieb der Manager: „Die VIPs würden sich freuen, wenn sie *irgendetwas* beweisen könnten, dass einen Versuch für diesbezügliches Fehlverhalten zeigt. Sie suchen nach einem wahren Kern, der als Grundlage für eine genauere Betrachtung dienen könnte.“
Dieser „wahre Kern“ über angebliche Geheimkanäle war am Ende Datenverkehr von Servern mit Trumps-Domain an einen Server einer russischen Bank: Später stellte sich allerdings heraus, dass der fragliche E-Mail-Server nicht mal von der Trump Organization betrieben wurde, sondern von einem Massenmarketing-E-Mail-Unternehmen, das Werbung für Trump-Hotels und unzählige weitere Kunden verschickte. Eine völlig Luftnummer also, wie das FBI dann am Ende auch feststellte. Trotzdem reichte es für einen Anfangsverdacht, ein Verdacht den Sussmann und andere auch fleißig an die Medien verbreiteten.
Die Anklage gegen Sussmann erfolgte auch deswegen jetzt und isoliert von möglichen weiteren Vorwürfen, weil eine Verjährung kurz bevorstand. Der von Trumps Justizminister eingesetzte Sonderermittler John Durham ist wohl mit seiner Untersuchung der Ursprünge der Trump-Russland-Ermittlungen noch lange nicht am Ende. Gut möglich, dass er mit der hier publik gewordenen Anklageschrift nur an der Oberfläche kratzt.