Die slowakische Nationalversammlung hat 150 Sitze. Gewonnen hat die Wahl am Wochenende der Sozialdemokrat Robert Fico mit seiner Partei „Richtung-Slowakische Sozialdemokratie (Smer-SSD) mit 22,94 % und kann damit 42 Plätze im Parlament besetzen. Für eine Regierungsmehrheit benötigt Fico 76 Stimmen. Als zweitstärkste Partei etablierte sich die Partei Progressive Slowakei (PS), die in der letzten Legislaturperiode nicht dem Parlament angehörte. Allerdings siegte die stellvertretende Parteivorsitzende Zuzana Čaputová bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019. Sie ließ ihre Parteimitgliedschaft ruhen und trat die Präsidentschaft an.
Dass die EU alles unternehmen wird, um einen Regierung Fico zu verhindern, lässt sich vermuten, schon aus dem Grund, weil der Linke Robert Fico politisch dem Rechten Viktor Orbán nahesteht. Es geht zwar auch, aber nicht nur um die Ukraine. Möglich indes scheint, dass Fico ein Bündnis mit der anderen sozialdemokratischen Partei, mit Hlas – sociálna demokracia (Stimme Sozialdemokratie), mit Peter Pellegrini eingeht, der 27 Stimmen in die Koalition einbringen würde. Doch zur Mehrheit würden noch 7 Stimmen fehlen. Möglich auch, dass Richard Sulik und die liberale Sloboda a Solidarita (SASKA) dazu kommt. Jedenfalls werden mindestens drei Parteien, wenn Fico ein Bündnis schmiedet, zusammenkommen müssen, vier wenn überraschend Michal Šimečka eine Regierungs-Koalition auf die Beine stellt. Was die Slowaken vor allem wünschen, ist eine stabile Regierung – und das weiß auch die Präsidentin, die der EU-Administration und Michal Šimečka nahesteht.
Fakt ist, dass sieben Parteien in das neue Parlament einziehen, von rechts bis links, die 10, 11, 12 oder 16 Abgeordnete stellen dürfen, während Smer-SSD, PS und Hlas – sociálna demokracia 42, 32 oder 27 Mandate gewonnen haben.
Die Tagesschau berichtet hingegen völlig korrekt, wenn sie Fico als Linksnationalisten beschreibt. Auch der MDR und die Frankfurter Rundschau sprechen korrekt von der linksnationalen Smer, während die Großmeister der Objektivität wie die ZEIT und die Süddeutsche natürlich von einer prorussischen Partei sprechen.
In Brüssel und im feministischen Außenministerium Deutschlands, das sich auch als Weltinneministerium sieht, beobachtet man die Entwicklung des Ukraine-Krieg zurecht mit wachsenden Sorgen. Die EU befindet sich auf der schiefen Ebene, weil schon bald die Brüsseler Administration und Deutschland allein in Kiew sein könnten, denn die USA, Ungarn, Polen, möglicherweise die Slowakei beurteilen den Ukraine-Krieg immer nüchterner. Auch in anderen europäischen Staaten beginnt man die Situation neu zu bewerten.
In den USA sorgt der Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikaner für eine zunächst erst einmal vorläufige Sperre für die Ukraine-Hilfe. In der Nacht zum Sonntag wendeten beide Parteien den Shutdown, den Stillstand der Regierung, in buchstäblich letzter Sekunde ab, indem sie einen vorläufigen Haushaltsplan beschlossen, der erst mal bis Mitte November gilt und damit die Handlungsfähigkeit der Regierung sichert. Die Einigung ist indes doch erstaunlich, denn mehr als die Republikaner ursprünglich wollten, beinhaltet der Plan größere Posten für Nothilfen bei Naturkatastrophen und es wurde auch der Rotstift bei den Sozialausgaben nicht so rigoros angesetzt, wie es anfangs von den Republikanern gefordert wurde. Allerdings votierten einige Republikaner dafür, dass die Hilfen für die Ukraine erst mal nicht im vorläufigen Haushaltsplan erscheinen. Auch wenn die deutsche Presse die Schuld dafür den Republikanern zuschiebt, ermüdet auch im demokratischen Lager die Bereitschaft, die Ukraine zu unterstützen, spürbar.
Der Präsident der Kiewer Wirtschaftshochschule „Kyiv School of Economics“ drückte auf X seine Sorge darüber aus, „dass die Unterstützung der USA bald noch weiter nachlassen könnte“ und richtete seine Hoffnung auf die EU: „Wenn Europa seine Unterstützung für die Ukraine verstärken kann, kann es helfen.“ Im Klartext: die EU und das von Selenskyj heftig umworbene Deutschland sollen die Lücke ausfüllen, die möglicherweise die USA hinterlässt.
Schließlich hatte Baerbock schon einmal gesagt: „Ja, wir müssen mehr tun, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland, nicht gegeneinander.“ Wer ist in diesem Fall eigentlich das sich im Krieg befindende „wir“? Die Feststellung, dass Deutschland, dass die EU in einem Krieg gegen Russland sei, wurde später als Versprecher heruntergespielt, und das mag er auch für Baerbocksche Verhältnisse gewesen sein, womöglich aber eben ein Freudscher Versprecher.
Jedenfalls gab Baerbock wieder mal ihrer Neigung zu überstarken Worten, zum schlechten Sprachstil und zum Pathos nach. Es mag sein, dass pathetische Worte das Herz stärken, zuweilen reizen sie aber auch nur das Zwerchfell.
Während der Außenbeauftragte der EU, Borell von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro nach Kiew überweisen will, kämpft Baerbock für einen „Winterschutzschirm“ für die Ukraine, der den Ausbau der Luftverteidigung, die Lieferung von Strom-Generatoren und die Stärkung der Energieversorgung zum Inhalt hat. Allerdings preschte Borell mit der Ankündigung des jährlichen Schecks vor. Man wird sehen, wessen Unterschrift am Ende die Schecks tragen.
Dass lautstarke Signal, das die EU senden wollte, vermag jedoch nicht über die wachsende Skepsis in den USA hinwegtäuschen – und auch in Europa ist nicht alles so, wie es sich Baerbock und Co wünschen. Dass Ungarn nur einen ranghohen Diplomaten schickt, hat man erwartet, doch auch Polen, bis vor kurzem noch der engste Freund und Unterstützer der Ukraine entsandte auch nur einen Vize-Außenminister.
Vom Winter bis zum Sommer 1943 überfielen ukrainische Partisanen polnische Dörfer und Siedlungen. Vor allem mit Äxten und Spießen wurden polnische Männer, Frauen und Kinder niedergemetzelt, auch während katholischer Gottesdienste. Man spricht von 80 000 bis 100 000 Polen. Am 11. Juli 1943 erreichte der Paroxysmus der Gewalt seinen Höhepunkt, als 99 Dörfer angegriffen wurden. In der Erinnerung des Polen Jerzy Krasowski bot sich häufig folgendes Bild: „Wir fanden einen entsetzlichen Anblick vor. Ein wenige Jahre alter Junge war am Tor auf einen Pfahl gespießt worden … Vor der Türschwelle lagen die Leichen von Männern und zwei Frauen, die grausam mit Äxten zerhackt worden waren.“ Feuerwaffen kamen bei diesen Massakern selten zum Einsatz. Bis heute gib es keine Entschuldigung der Ukraine, bis heute wartet man in Polen vergeblich darauf. Unter dem Eindruck des russischen Überfalls traten diese Erinnerungen in den Hintergrund, doch nun bestimmen sie immer stärker das Denken der Polen.
Die Offensive der ukrainischen Armee wird kaum als erfolgreich eingeschätzt. Russland stellt sich auf einen langen Zermürbungskrieg ein. In Washington und in vielen europäischen Hauptstädten erkennt man das Dilemma, das eine Fortsetzung des Krieges nicht löst. Nur in Berlin, besonders bei den Grünen und in der FDP, besonders im Außenministerium, wird das Wollen über das Können gestellt. Doch es wäre gut, wenn die deutsche Regierung, bevor sie losläuft, mal nach rechts und nach links schaut, was die anderen machen – um am Ende nicht in eine Abseitsfalle zu rennen.