Tichys Einblick
Hollywood fällt ihm in den Rücken

ABC, CNN, MNSBC – Sender geben Biden zum Abschuss frei

Er lässt aber auch nichts aus. Joe Biden spricht beim Nato-Gipfel über die Ukraine und übergibt dann das Mikrofon an „den Präsidenten der Ukraine … Putin“. Ein Schock, nicht nur für Selenskyj, der neben ihm auf der Bühne stand. 

US-Präsident Biden und Präsident der Ukraine Selensky, Washington, USA, 11. Juli 2024

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Matt Rourke

Der Saal hielt den Atem an, als Biden plötzlich Putin als Präsidenten der Ukraine adressiert. Zwar berichtigte Biden seinen Fehler schnell; aber der Clip lief fortan nonstop auf allen Kanälen. ABC, CNN, MNSBC. Gerade jene Sender, die bislang alles für Fake News und Deep Fakes erklärt hatten, was über den Gesundheitszustand des US-Präsidenten berichtet wurde, überschlagen sich plötzlich mit einer ehrlichen Berichterstattung und journalistischer Recherche.

Es ist ein Dammbruch. Keiner der Kommentare der Moderatoren, keiner der Leitartikel wäre vor dem TV-Duell mit Trump denkbar gewesen. Die vom Sender ausgegebenen Maulkörbe sind weg. Es wird klar: Big Joe steht nicht nur unter Beschuss, er ist zum Abschuss frei gegeben.

„Ukraines President Putin“ 

Donnerstagabend, nur eine Stunde nach dem Patzer mit Putin/Selenskyj gab Biden eine Pressekonferenz, an die hohe Erwartungen gesetzt wurden. Kein Präsident gab bisher weniger Pressekonferenzen als Biden, die letzte war vor acht Monaten, im November 2023. Mittlerweile haben auch die Democrats den Grund dafür begriffen. Es ist hochgradig gefährlich, Biden frei sprechen zu lassen. Ohne Teleprompter kann er nicht mehr. Spätestens nach dem Nato-Gipfel weiß es auch die internationale Elite.

85 Prozent der Amerikaner sind laut der neuesten Umfrage überzeugt, dass Biden zu alt für den Job ist. Verheerend, wollen die Dems doch die Wahl gewinnen. 16 Senatoren und Kongressabgeordnete (Stand 11. Juli)  fordern mittlerweile öffentlich seinen Rücktritt. Nancy Pelosi, Chuck Schumer und hochrangige Democrats reden ihm gut zu, Biden sträubt sich – die Frage ist, wie lange noch. Die Strippen werden hinter seinem Rücken gezogen.

Am Dienstag schrieb George Clooney, Biden wäre nicht mehr fähig, den Job zu machen. Mittwoch wurde bekannt, dass Clooneys Vorstoß mit Obama abgesprochen war. Donnerstag äußerte sich Michael Douglas in die gleiche Richtung. In Hollywood steht man gern auf der richtigen Seite: offensichtlich nicht mehr neben Biden.

Bidens sofortiger Rücktritt wird gefordert

Die Schlinge um Bidens Hals zieht sich zu. Täglich kommen mehr Stimmen aus Politik und Media und erklären ihn für untauglich. Es geht nicht mehr nur darum, dass er als Kandidat zurücktritt. Biden soll als Präsident abtreten. Möglichst freiwillig und möglichst schnell. Die große Frage, die alle jetzt umtreibt: Wer übernimmt?

Das Headquarter der Democrats hat bestätigt, dass man aktuell Umfragen durchführt, wie sich Kamala Harris gegen Trump schlagen würde. Die Angst in Washington wächst, dass Trump weitere vier Jahre ins Oval Office einziehen könnte.

Die meisten Staatschefs schwiegen lieber über Joe Biden. Anders der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der den US-Präsidenten öffentlich mit den Worten verteidigte, dass Biden fähig wäre, „sehr strategisch die richtigen Entscheidungen auf den Weg zu bringen“.

Welchen Biden werden wir heute sehen?

Bei der Pressekonferenz am Donnerstagabend wollte Biden die Nation überzeugen. Die New York Times schrieb, er könnte entweder die Kritiker zum Schweigen bringen oder eine Welle neuer Rücktrittsforderungen auslösen. Wobei man Ersteres nicht wirklich erwartete. ABC zog diesen Versuch schon im Vorfeld ins Lächerliche. Die Moderatorin fragt kühl: „Welchen Biden werden wir gleich wohl sehen? Das wird spannend.“

Vorab, es war einer von Bidens eher guten Tagen. Relativ gesehen. Anfangs war der alte, scharfe Biden kurz präsent, aber je länger er sprach, desto häufiger übernahm der Teufel – man munkelt Parkinson – und machte die Pressekonferenz zum Gruselkabinett.

Biden betrat die Pressebühne mit einer Stunde Verspätung, verlas eine Erklärung zum Nato-Gipfel und versuchte, Punkte zu machen, indem er Putin angriff. Nicht schlecht, aber sobald sich sein Blick vom Manuskript wegdrehte, verhaspelte er sich. Seine Stimme war rau.

Er nahm Fragen an, allerdings nur von Journalisten, deren Namen auf seinem Zettel standen. Gleich die erste Frage war die danach, wie er mit der Kritik an ihm umgeht und wie er Kamalas Chancen einschätzt, Trump zu schlagen. Biden war klar, hält Kamala Harris für äußerst kompetent, schließlich hätte er sie ausgewählt. Er schätzt sich selbst aber immer noch als die qualifizierteste Person ein, um Trump zu schlagen.

Bei der Frage, wie er den Verlauf des Nato-Gipfels einschätzt, kam dann wieder der Biden zum Vorschein, den wir beim Trump-Duell erleben mussten. Der, der Fremdscham verursacht, der mich als Zuschauer ängstlich vor dem nächsten Stammeln, dem nächsten Verstummen hinterlässt. Er haspelte, verlor sich in Formulierungen, Wiederholungen. Gleichzeitig lobte er sich für seine Leistungen ins Unermessliche. George Clooney schrieb: „Democrats können den Anblick kaum noch ertragen und drehen den Ton runter.“ Mir als Journalist geht es ähnlich.

Was würde aus Europa, gewänne Trump die Wahlen, wurde gefragt. Macron hätte gerade verkündet, in Frankreich sei man happy, dass Biden Präsident der Vereinigten Staaten wäre. Biden freute sich über die Frage, lächelte schief und behauptete, alle Verbündeten hätten ihm gerade versichert, sie seien glücklich, dass er das Land regiert und niemand anders. Wirklich?

„I’m good“

Die Frage, ob er einem Test seiner neurologischen Fähigkeiten zustimmen würde, wies Biden entschieden zurück: „I’m good.“ Altersstarrsinn, kann man nur vermuten. Der könnte auch der Grund für sein „Nein“ zum Rücktritt sein. Er hält sich tatsächlich für den einzigen, der Trump schlagen kann. Er betonte auch noch einmal, fast drohend, dass ein anderer Kandidat bei null anfangen müsste, während er bereits Hunderte Millionen in seiner Wahlkampfkasse hätte. Freiwillig wird er scheinbar nicht gehen. Muss Kamala Harris ihn absetzen lassen? Die Democrats haben definitiv ein echtes Problem.

Fazit: Die Pressekonferenz war kein komplettes Desaster, er sprach teilweise flüssig, aber immer wieder gab es diese Bibbermomente, in denen man die Luft anhielt und sich fragte, was gleich passiert. Das tat körperlich weh. Wie er ins Leere starrte, versuchte, seinen Faden wiederzufinden. Nein, Biden schaffte es nicht, die Wähler zu beruhigen. Er wird es auch in den nächsten Tagen nicht schaffen. Clooney hat recht: Biden muss weg. Biden weiß es nur noch nicht.

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