Tichys Einblick
Italien: G20-Gipfel und Demos

G20-Gipfel in Rom: Biden beim Papst und zahlreiche Demos in der ewigen Stadt

Während des G20-Gipfels werden bis zu 20 Demos erwartet: gegen den G20-Gipfel sowieso; aber auch die FFF-Bewegung und andere Klima-Gruppen sind organisiert an Ort und Stelle, ebenso wie die 'No Green Pass'-Demonstranten – und mit dem schwarzen Block antifaschistischer Strömungen aus ganz Europa und selbst aus Übersee wird gerechnet.

IMAGO / ZUMA Wire

Dass die scheidende Kanzlerin Angela Merkel ausgerechnet beim G20-Gipfel in Rom den Finanzminister und ihren designierten Nachfolger Olaf Scholz den 20 großen Staatsführern vorstellen möchte, besitzt schon eine gewisse Chuzpe. Warum? Olaf Scholz hatte als Hamburgs Bürgermeister den Demos und Gewaltszenen beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg kaum etwas entgegengesetzt, Straßenzüge in der Hansestadt wurden weitestgehend ungestraft in Schutt und Asche gelegt. Viele Bürger und Selbstständige kämpfen heute noch um Erstattungen und Rehabilitation.

Olaf Scholz wird heute und morgen wohl an seine Vergangenheit erinnert, aber wird es Italiens Innenministerin Liciana Lamorgese besser machen? Jedenfalls werden während des G20-Gipfels in der Ewigen Stadt bis zu 20 (mittel-)große Demos erwartet – registrierte und nicht beantragte oder genehmigte, wie Korrespondenten der Nachrichtensender Radio 24 Milano und il Sole 24 ore berichten.

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Mit bis zu einer Million zusätzlichen Besuchern wird in Rom gerechnet. Mit Demonstranten gegen den G20-Gipfel sowieso, aber auch die FFF-Bewegung und andere Klima-Gruppen sind organisiert an Ort und Stelle, ebenso wie die ‚No Green Pass‘-Demonstranten – und mit dem schwarzen Block antifaschistischer Strömungen aus ganz Europa und selbst aus Übersee wird ebenfalls gerechnet. Die vereinten Kommunisten treffen sich zur Antikapitalismus-Kundgebung und gegen die Rechtskonservativen auf der Piazza San Giovanni, die schon mehrmals von der Lega um Matteo Salvini und der Fratelli d‘ Italia um Giorgia Meloni von zig Tausenden Anhängern beider Parteien besucht wurde.

Deshalb etwa Alarmstimmung ausrufen? Die Innenministerin wird sich doch nicht etwa wie Scholz einst verkalkulieren? Italienische Radio- und Fernsehsender vermelden: Alarm „No“ – aber zu Vorsicht und Wachsamkeit ein klares „Si“. Polizei und Militär schützen die rote Zone, den Bereich, in dem sich der G20-Gipfel mit seinen angereisten Teilnehmern zum Stelldichein trifft. Der Verkehr in Rom ist stark beeinträchtigt und könnte streckenweise auch ganz zusammenbrechen. Die Nachfolgerin Salvinis wird auch daran gemessen, wie sie die Beeinträchtigungen für die Bürger einerseits und den reibungs- und störungsfreien Ablauf für die Gipfelteilnehmer organisiert; Mario Draghi als Gastgeber möchte sich nicht blamieren.

Die Themen auf der Agenda für die knapp 36 Stunden Gipfel-Dauer: Afghanistan, Klima, Umweltschutz, Pandemiebekämpfung. Viele Themen gelten dabei als längst entschieden: Geld und Unterstützung für Wiederaufbau gibt es nur für diejenigen, die eindeutig auf EU-Linie sind. Auch Mario Draghi weiß, Auszahlungen aus dem hoch dotierten Recovery Fund gibt es nur, wenn die Gelder auch adäquat eingesetzt werden.

Wer demonstriert macht sich schuldig
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Joe Biden holte sich symbolträchtig beim Besuch bei Papst Franziskus im Vatikan das Okay, weiterhin zur Kommunion zugelassen zu sein. Denn der US-Präsident hat den heimischen Abtreibungsbefürwortern bisher nie Schranken aufgezeigt. Das war aber auch nicht Gegenstand des Gesprächs mit Franziskus. Biden wurde vielmehr gelobt, dass er das Klima und die Erderwärmung so ernst nimmt. Ein zahnloserer Grüßaugust im Papstamt war wohl selten.

Joe Biden wiederum lobt Italien für dessen hohe Impfquote. Die Drittimpffung für die Ältesten startet bereits. Italien liegt längst bei über 82 Prozent. Der aus UK angereiste Prime Minister Boris Johnson ist wie Franziskus fast komplett auf grüner Linie bzw. war. Auch UK muss zunehmend einsehen, dass der Weg einer sicheren Energieversorgung doch nicht nur aus grünen Phantasien gespeist werden kann. Der sehr belesene Johnson verglich das antike Rom und dessen Untergang gar mit dem Westen heute. Man stünde am Scheideweg. Der G20-Gipfel in Italiens Hauptstadt sei daher auch der geeignete Ort, mit all seinen „antiken Ruinen“ – und wie Rom sich wieder erholt habe, nach dem Niedergang.

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Der akute Klimawechsel und die Umwelt wäre für uns alle enorm wichtig. Wir stünden alle am Scheideweg: Entweder wir ändern die Gewohnheiten und den Ausstoß von Abgasen und Tonnen von Kohlenstoffdioxid oder der Westen würde wie einst das römische Reich untergehen. Skurrile Ansichten, so könnte man meinen, zumal sich China an diesen Diskussionen kaum beteiligt.

Die Gefahr des Westens liege ganz woanders, widerspricht Salvini. Italien werde allein mit einer Invasion junger Männer aus dem arabisch-afrikanischen Sprachraum kaum fertig, auch Premier Draghi adressierte dies jüngst wieder. Allein die Zahlen der ankommenden Migranten steige täglich wieder rasant an, NGO-Schiffe und „Aktivisten” befeuern diese Situation. Ein Thema auf dem G20-Gipfel? Eher dahingehend, dass rotgrüne Politiker den Begriff von „Klimaflüchtlingen” verfestigen, um weitere etwaige Fluchtgründe zu institutionalisieren.

Silvio Berlusconi, jüngst 85 geworden und kein bisschen leise, Giorgia Meloni und Matteo Salvini trafen sich zum Gipfel neben dem Gipfel. Trotz der mäßig verlaufenen Kommunalwahlen erfährt das Mitterechtsbündnis in der Bevölkerung sehr großen Rückhalt. Die Unterstützung für Forza Italia ebenso wie für Fratelli d‘ Italia nehmen zu, die der Lega ist in den Umfragen weiterhin stabil.


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