Tichys Einblick
Israel als Energielieferant

Annalena Baerbock wählte die falsche Reiseroute in Nahost

Mit der Auswahl ihrer Reiseziele zeigte die deutsche Außenministerin, dass sie nicht weiß, wo die Zukunft des Nahen Ostens liegt: auf der Energie-Route zwischen Tel Aviv und Abu Dhabi.

Außenministerin Annalena Baerbock bei der Pressekonferenz zu ihrem Besuch in Kairo am 12. Februar 2022

IMAGO / Xinhua

Die kürzlich gewählte Reiseroute der deutschen Außenministerin, Annalena Baerbock, im Nahen Osten war rückwärtsgewandt. Die Reiseplaner leben offensichtlich im falschen Jahrhundert mit Scheuklappen. Statt Tel Aviv, Ramallah, Amman und Kairo, hätte sie von Tel Aviv aus schnurstracks nach Abu Dhabi fliegen müssen. Auf dieser Route liegt die Zukunft des Nahen Osten. Es ist die Energie-Route nicht nur des Morgen-, sondern höchstwahrscheinlich auch des Abendlandes.

Bei den großen Auseinandersetzungen des 21. Jahrhunderts geht es immer auch um Energie. Dazu gehört natürlich auch der schwelende Konflikt Russland–Ukraine. Die Nord-Stream-2-Pipeline ist nur eines von vielen Stichwörtern. Der Palästina-Konflikt spielt seit Langem keine entscheidende Rolle mehr im Nahen Osten. Das haben die Big Players inzwischen längst begriffen. Brüssel und vor allem Berlins neue Regierung hinken da etwas hinterher. Die Ausrede Corona-Pandemie gilt nicht, denn davon sind alle betroffen.

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Im östlichen Mittelmeer liegen Gasvorkommen, die sich mengenmäßig durchaus mit denen in Russland vergleichen lassen. Derzeit werden rund 1,7 Milliarden cubic-feet Gas täglich gewonnen. Das reicht für 70 Prozent des israelischen Energie-Bedarfs. Außerdem sind Export-Verträge mit Ägypten und Jordanien für 20 bzw. zehn Milliarden US-Dollar unterzeichnet. Und Israel liefert bereits zuverlässig und vertragstreu. 

Das hat mehrere Gründe: Israel kontrolliert mit Leviathan und Tamar die größten Gasfunde draußen im Mittelmeer, die im letzten Jahrzehnt weltweit entdeckt wurden. Die Mengen reichen für vorerst 40 Jahre. Israel ist ein demokratisch-rechtsstaatlich organisierter Partner, der gemeinsam mit Zypern und Griechenland federführend zwischen Europa und Asien agiert. Eine Rolle, die lange Zeit die Türkei gespielt hat und gerne wieder spielen würde. Nikosia und Athen bevorzugen schon aus historischen Gründen die Zusammenarbeit mit Jerusalem und schlüpfen auch gerne unter den Schutz der Israel Defence Forces (IDF). Die israelischen Streitkräfte haben in den letzten 73 Jahren überzeugend bewiesen, dass sie Israels Interessen und die ihrer Partner militärisch verteidigen können. Niemand weiß es besser als die arabischen Nachbarn.

Eine erste Prognose: Donald Trump und Benyamin Netanyahu, zwei Namen, die man in gewissen politischen und medialen Kreisen nur hinter vorgehaltener Hand auszusprechen wagt, werden in die Geschichte als diejenigen eingehen, die die neue Ordnung im Nahen Osten gegründet haben – mit fundamentalen Auswirkungen für Ost und West. Die im September 2020 in Washington unterzeichneten Abraham Accords zwischen Israel und vier arabisch-muslimischen Staaten – Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Bahrein, Marokko und Sudan – sind ein entscheidender Wegbereiter. Die von Deutschland und der EU ausgehende und inzwischen weitverbreitete Polit-Sucht, CO2 zu begrenzen, damit das Weltklima retten zu wollen, befeuert die Entwicklung im Nahen Osten durch exorbitant steigende Energiepreise. Israel erhöht derzeit seine Strompreise um fünf Prozent. Die Gaspreise steigen weltweit um 100 bis 300 Prozent. 

Die Abraham Accords sind nicht unterzeichnet worden, weil Scheichs und Könige Israel über Nacht liebgewonnen haben. Der tiefere Grund liegt in einer angestrebten Pipeline und Eisenbahnstrecke von den Golfstaaten mit der Zustimmung Saudi-Arabiens über den israelischen Hafen, Haifa, ans Mittelmeer und nach Europa. Zufällig erweitert China bereits mit Krediten zu günstigen Konditionen und Gastarbeitern aus dem Land der Mitte Israels größten Wirtschafts-Hafen. Unsicher war lange die Rolle Jordaniens. Mit dem kürzlich unterzeichneten Gas-Liefervertrag zwischen Jerusalem und Amman ist auch diese Hürde genommen. Der Trinkwasser-Liefervertrag aus israelischen Meerwasser-Entsalzungsanlagen tut ein Übriges.

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Jedem, der politisch trainierte Augen im Kopf hat, hätte allein in den letzten Wochen auffallen müssen: Israels Staatspräsident Isaak Herzog wurde kürzlich mit allen Ehren in Abu Dhabi empfangen, Israels Verteidigungsminister Benny Gantz hat in Bahrein einen Vertrag zur militärischen Kooperation unterzeichnet, Marokko investiert in Israels erfolgreiche High-Tech-Szene und der notorische Israel-Hasser der letzten 12 Jahre, Recep Tayyip Erdogan, freut sich urplötzlich auf den Besuch des israelischen Staatspräsidenten Mitte März in Ankara. Da will einer einen Zug nicht verpassen, der bereits Tempo aufgenommen hat.

Nicht nur der geübte Nahost-Experte muss erkennen, dass einstige Feinde Israels, die Jahrzehntelang dem Judenstaat die Pest an den Hals gewünscht haben, jetzt diesen Staat mit Milliarden US-Dollar langfristig finanzieren. Ohne es zu wollen oder gar geplant zu haben, kompensieren sie die Schäden, die sie in den großen Kriegen 1948, 1956, 1967 und 1973 verursacht haben. Je instabiler sie heute sind und bleiben, desto abhängiger sind und bleiben sie von den israelischen Gaslieferungen, die schon allein wegen des Bevölkerungswachstums steigen werden.

Die arabische Propaganda wollte die Juden Israels seit der Staatsgründung 1948 ins Meer werfen. Dort befindet sich Israel heute, aber anders, als die arabischen Nachbarn es sich wünschten. Die Gasfunde werden den zionistischen Judenstaat in naher Zukunft zu den 20 reichsten Ländern der Welt machen und seine arabischen Nachbarn in eine langfristige Energieabhängigkeit zwingen.

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