Tichys Einblick
Irritierende Aussagen zu Nahost

Baerbock zu Israel: Nichts als belehrendes Geschwätz

Israel verteidigt sich gegen die Terrorarmee der Hisbollah: Erfolgreich, wie die Tötung des Terror-Chefs Nasrallah eindrucksvoll belegt. Die deutsche Außenministerin kommentiert dies mit wohlfeilem Geschwätz, gleichsam von der Seitenlinie aus. Wieder einmal präsentiert sich deutsche Außenpolitik damit im denkbar schlechtesten Licht.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Am Samstag bekam ich eine Nachricht aus Israel: „Ist das wahr?“, wollte ein Freund von mir wissen. Er hatte die Meldung eines israelischen Journalisten angehängt: „Die deutsche Außenministerin behauptet: Die Eliminierung Nasrallahs helfe der Sicherheit Israels überhaupt nicht.“ Tatsächlich ging eine derartige Aussage Annalena Baerbocks zu diesem Zeitpunkt auch durch die deutschen Medien – nicht lange, nachdem klar geworden war, dass Israel Hassan Nasrallah in Beirut mit einem Luftschlag getötet hatte, Anführer der Terrormiliz Hisbollah seit 1992.

Als ich die Nachfrage zu Baerbocks Aussage aus Israel bekam, war ich zunächst geneigt, sofort ein empörtes „Ja, es ist wahr!“ zurückzuschreiben. Dann aber entschied ich mich, kurz in die Rolle von Baerbocks Pressesprecher zu schlüpfen und Sinn in dem zu suchen, was die grüne Ministerin im ARD-Bericht aus Berlin gesagt hatte. Wörtlich lautet das Zitat:

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„Die Lage ist brandgefährlich. Es droht, dass diese ganze Region in die absolute Gewaltspirale weiter reinrutscht. Deswegen haben wir in New York Donnerstagnacht – gemeinsam mit den Amerikanern, Franzosen, aber auch etlichen arabischen Ländern – dazu aufgerufen, dass es eine 21-tägige Waffenpause gibt, dass es keine weitere Eskalation gibt. Das Gegenteil ist jetzt passiert. Und jetzt mit den jüngsten Meldungen muss man deutlich sagen: Die Militärlogik, das ist die eine – mit Blick auf die Zerstörung von Hisbollah-Terroristen. Aber die Sicherheitslogik ist eine andere. Und es droht – und deswegen hatten wir ja zu einer Feuerpause aufgerufen – es droht die Destabilisierung des gesamten Libanons. Und das ist in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels.“

Auf Nachfrage betonte Baerbock dann noch das „Recht auf Selbstverteidigung“ Israels. Ich fasste das Ganze in meiner Antwort an den israelischen Bekannten so zusammen: „Sie sagte, dass die Eskalation wegen der Tötungen den ganzen Libanon destabilisieren könne und dass das nicht gut sei für die Sicherheit Israels. Außerdem meinte sie, die militärische Logik sei die eine Seite, die Sicherheitslogik aber die andere – und von dem, was ich verstanden habe, denkt sie, dass es keine Verbindung zwischen beiden gibt.“ Der Freund war nicht überzeugt: „Geschwätz, Geschwätz… Was empfiehlt sie denn, um das Problem zu lösen? Der Hisbollah noch mehr Waffen zu geben?“

Was kann man da noch sagen? Er hat einfach recht. Ein eindrückliches Beispiel dafür, wie Deutschlands Außenpolitik unter Baerbock in der Welt wahrgenommen wird: Als belehrend, als Politik der hohlen Phrasen, als ahnungsloses Kommentieren von der Seitenlinie ohne Praxisrelevanz. Denn die Realität sieht so aus: Israel befindet sich seit dem 8. Oktober beinahe unter Dauerbeschuss aus dem Libanon. Die Hisbollah hat das Feuer ohne Not eröffnet – aus „Solidarität“ mit den Massenmördern der Hamas.

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Fast ein Jahr lang hat Israel das faktisch geduldet – weil Premierminister Benjamin Netanjahu zu Kriegsbeginn die Strategie festlegte, sich voll auf den Gazastreifen zu konzentrieren. Erst nach 11 Monaten ständigen Beschusses ist das Land nun in die Offensive gegangen. Eskaliert das die Lage? Kurzfristig ja: Der Raketenbeschuss der Hisbollah auf Israel ist nun intensiver geworden; es droht ein Eingreifen des Iran. Hatte Israel eine andere Möglichkeit? Nein, es war die beste Option aller schlechten – eine gute gab es nicht. Das nennt man Krieg.

Baerbock hat davon keine Ahnung, vom Nahen Osten gleich dreimal nicht. Was ihre Aussage besonders empörend macht: Es ist die „Weltgemeinschaft“ und mit ihr Deutschland, die versagt haben, bevor die Kämpfe überhaupt ausbrachen. Laut UN-Sicherheitsratsresolution 1701, verabschiedet während des Libanon-Kriegs 2006, dürften südlich des Litani-Flusses gar keine bewaffneten Truppen außer staatlich-libanesischen Einheiten agieren, also auch nicht die Hisbollah.

Umsetzen sollen das unter anderem die bereits seit 1978 existierenden UN-Soldaten der UNIFIL. Deutschland beteiligt sich seit 2006 an dieser Mission, allerdings vor allem im Bereich der Marine, die unter anderem den seeseitigen Waffenschmuggel eindämmen soll. Erst im Juni wurde das Mandat für bis zu 300 Soldaten vom Bundestag verlängert. Baerbock machte seinerzeit deutlich, wie wichtig das gerade in der aktuellen Situation sei: „Diese Mission dient der Sicherheit der Menschen im Libanon und der Sicherheit der Menschen in Israel. Sie macht einen Unterschied.“

Welchen Unterschied?, fragt man sich. Die Wahrheit ist: Seit der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1701 im Jahr 2006 verabschiedete, hat sich die Hisbollah von einer Terrormiliz in eine Terrorarmee gewandelt. Sie hat seitdem ihren Raketenbestand mit iranischer Hilfe vervielfacht, genauso die Zahl ihrer Soldaten, die im Südlibanon bereitstehen, um eine Invasion nach Israel zu starten. Was hat Deutschland vor 2023 getan, um das zu verhindern? Und vor diesem Hintergrund umso mehr: Was berechtigt eine deutsche Außenministerin, Belehrungen an Israel zu verteilen?


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