Tichys Einblick
Christenverfolgung kein Thema

Auswärtiges Amt antwortet nichtssagend auf Unruhen gegen Christen in Pakistan

Antworten aus dem Auswärtigen Amt zur weltweit zunehmenden Christenverfolgung zeigen die Gleichgültigkeit der Bundesregierung gegenüber dem Thema. So wie das Christentum der abstrakten Religionsfreiheit untergeordnet wird, so fällt die Meinungsfreiheit im Inneren häufig genug einer abstrakten „Demokratie“ zum Opfer.

IMAGO

In einer schriftlichen Frage wollte der Abgeordnete und außenpolitische Sprecher seiner Fraktion Petr Bystron (AfD) wissen, „wie oft und bei welchen Gelegenheiten … sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock seit 2021 bis heute gegen die Diskriminierung bzw. Verfolgung von Christen öffentlich ausgesprochen“ hat, etwa in offiziellen Stellungnahmen, Pressemitteilungen, bei Pressekonferenzen oder Veranstaltungen.

Die Antwort vom 11. September fiel aus christlicher Sicht ernüchternd aus: „Die Bundesministerin des Auswärtigen setzt sich wie die Bundesregierung insgesamt konsequent für die Achtung und Wahrung der Menschenrechte weltweit ein.“ Es gibt also kein direkte Zuwendung zu verfolgten Christen weltweit, sondern nur eine allgemeine Vorliebe für die Geltung der Menschenrechte, und zu denen gehören eben auch die „Religions- und Weltanschauungsfreiheit“, für die auch die Außenministerin (wie das Kabinett) einträten. Und das wiederum sei „zum Beispiel“ im „Aktionsplan Menschenrechte der Bundesregierung 2023–2024 als Teil des von der Bundesministerin des Auswärtigen vorgelegten 15. Menschenrechtsberichts der Bundesregierung“ vorgesehen.

Menschenrechtsberichte, Aktionspläne, dürre Parlamentsantworten – aber was tut die Ministerin konkret? Denn Christenverfolgungen sind keine Theorie, sondern leider Praxis, ob nun in Berg-Karabach, das gerade von tausenden Armeniern aufgrund einer akuten Hungersnot geräumt wird, oder etwa im mehrheitlich muslimischen Pakistan, wo Mitte August eine christliche Gemeinschaft von einem antichristlichen Mob angegriffen wurde. Hunderte mit Stöcken und Steinen bewaffnete Angreifer stürmten laut britischem Guardian eine vorwiegend christliche Nachbarschaft in Faisalabad, setzten mindestens fünf Kirchen, Häuser und Mobiliar in Brand. Vorausgegangen waren Social-Media-Bilder von verbrannten Koranseiten. Wer die Bilder produziert hat, bleibt dabei unbekannt und darf gleichgültig sein.

„Blasphemie“ ist das Thema im Hintergrund

„Blasphemie“, schreibt der Guardian, „ist ein heikles Thema im ultrakonservativen Pakistan, wo jeder, der den Islam oder islamische Persönlichkeiten beleidigt haben soll, mit der Todesstrafe rechnen muss.“ Islamistische Politiker würden häufig Kampagnen zu dem Thema fahren. Politiker seien ermordet und Studenten gelyncht worden. Auch die diplomatischen Beziehungen mit europäischen – also angeblich christlichen – Ländern werden gelegentlich von dieser Stimmung berührt.

Da scheint es beinahe schon folgerichtig, dass sich auch eine Annalena Baerbock wegduckt und möglichst keine Identifikation mit den Christen im fernen Orient aufkommen lässt. Wären es muslimische Rohingya zwischen Myanmar und Bangladesch, dann wäre der Aufschrei der grünen Ministerin vielleicht sogar lauter. Denn er wäre ungefährlich. Christen und Buddhisten in Europa würden ihr nichts vorwerfen. Aber wo es um den Schutz von Christen gegen Muslime geht, könnte das auch in Deutschland anders sein. Daher vielleicht die wenig vornehme Zurückhaltung des Auswärtigen Amtes an dieser Stelle.

Bystron fragte die Außenministerin konkret nach diesen Vorfällen und ihrer Reaktion darauf. Doch wieder kam nur ein Sermon über „Achtung und Wahrung der Menschenrechte“ im allgemeinen heraus: „Die Bundesministerin des Auswärtigen setzt sich wie die Bundesregierung insgesamt konsequent für die Achtung und Wahrung der Menschenrechte weltweit ein.“ Darauf folgte ein weiterer kraftloser Satz: „Die Entwicklung in Pakistan verfolgt die Bundesregierung mit Sorge und hat dies mehrfach zum Ausdruck gebracht.“ Wo, wird nicht verraten. „Zudem hat die Bundesregierung durch ein Gespräch mit dem Bischof der betroffenen
Gemeinde und mit von den Ausschreitungen betroffenen Familien ihre Anteilnahme unterstrichen.“ Auch der Botschafter spricht in dürren Worten von der abstrakten Religionsfreiheit als „fundamentaler Komponente jeder Demokratie“.

Wie immer fehlt hier das Bekenntnis zu spezifisch christlich-abendländischen Werten, so auch im Inneren, wo für die „Demokratie“ schon einmal die konkrete Meinungsfreiheit geopfert wird. Für Petr Bystron zeigen die Antworten aus dem Auswärtigen Amt, dass die „Christenverfolgung überhaupt kein Thema“ für die Bundesaußenministerin sei. Baerbock habe sich nicht persönlich „zu den schweren christenfeindlichen Ausschreitungen in Pakistan geäußert“. Zudem tauche das Wort „Christen“ auch nur zweimal im Menschenrechtsbericht der Bundesregierung auf, das Wort „Christenverfolgung“ gar kein einziges Mal. Dagegen gehe es 67 Mal um „LSBTI“ (die deutsche Version von LGBTI, also eine Gruppe von Menschen, die durch Homo-, Bi- oder Trans- oder Intersexualität geeint sein sollen). „Das zeigt die Prioritäten dieser Bundesregierung deutlich auf: links-grüne Klientelpolitik.“

Die AfD-Bundestagsfraktion hatte Anfang dieses Jahres die Einführung eines internationalen Tages gegen Christenverfolgung in einem Bundestagsantrag angemahnt. Der Antrag wurde am 27. Januar diskutiert – zufällig (oder auch nicht) war das der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Parteien lehnten Tag gegen Christenverfolgung ab

Die AfD forderte von den anderen Parteien, die „weltweite, menschenrechtswidrige Christenverfolgung als brennendes Problem konsequent zu benennen und zu ächten“ und schlug den 15. Februar als mögliches Datum vor.Am 15. Februar 2015 habe die Terrormiliz „Islamischer Staat“ ein Video von der Enthauptung von 15 koptischen Christen veröffentlicht, begründete die Fraktion ihren Vorschlag. Die Bundesregierung solle sich in der EU und bei den UN für die Einführung dieses Erinnerungstages einsetzen. In 50 Ländern weltweit seien 312 Millionen Christen von Verfolgung bedroht oder betroffen. Auch „medial“ sei das Problem in Deutschland „stark unterbelichtet“.

Eine Studie des Pew Research Centre von 2016 sprach sogar von 144 Ländern, in denen Christen zur Zielscheibe von Verfolgung, Diskriminierung und Bedrohung würden. Neben Pakistan verzeichnet der große Nachbar Indien viele Vorfälle. So starben allein in diesem Jahr 142 Menschen in der Provinz Manipur, wurden über 300 Kirchen beschädigt und hunderte Dörfer angegriffen, wie Christianity Today schreibt. https://www.christianitytoday.com/news/2023/july/christian-persecution-internally-displaced-persons-india.html In Manipur stehen sich Christen und Hindus in etwa gleich großen Zahlen gegenüber. In Delhi wurde im August eine Kirchengemeinde an einem Sonntag angegriffen und angeblich Bibeln zerrissen.

Die Grünen-Abgeordnete Beate Walter-Rosenheimer wandte sich – wie nicht anders zu erwarten – gegen den AfD-Antrag und sagte: „Es gibt kein christliches, kein jüdisches, kein muslimisches Blut, es gibt nur menschliches Blut. Wir sind alle gleich.“ Zum Beifall von Grünen, SPD und Abgeordneten der FDP und Union behauptete sie, der Antrag diene nur der „altbekannten Muslimenhetze, Islamhetze“. Angeblich hingen die weltweit zunehmenden Christenverfolgungen „nicht von den Religionen ab, sondern vom politischen System“. Das sind so grüne Wolkenkuckucksheime vom Demokratie- und Werte-Export in andere Kulturkreise. Um das Schweigen und die weitgehende Nicht-Reaktion des Auswärtigen Amtes zu dem Komplex – wie sich, noch einmal sei es gesagt, auch an Berg-Karabach zeigt – zu verstehen, sind solche Relativierungen aus der Grünen-Fraktion sicher aufschlussreich.

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