Tichys Einblick
Unruhen in UK setzen sich fort

Aufstand gegen jahrelange Politik geht weiter – Schnelljustiz beginnt

Der britische Aufstand gegen übermäßige Immigration und deren Folgen geht weiter. Zugleich läuft eine Schnelljustiz an, wie das UK sie noch nie gesehen hat. Der Aufstand soll so niedergerungen werden, auch online. Das wird aber nicht viel nützen, denn die tieferen Gründe bleiben bestehen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Owen Humphreys

Die Hälfte der Briten hält laut einer Umfrage die Antwort der Regierung auf die teils gewaltsamen Unruhen für nicht ausreichend. 43 Prozent glauben, dass Innenministerin Yvette Cooper persönlich nicht souverän in dieser Angelegenheit auftritt. Nur 14 Prozent sind laut dem Daily Telegraph der gegenteiligen Ansicht, dass die Politik gut mit der Lage umgeht.

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Inzwischen wurden mehr als 400 Personen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die übermäßige Immigration und deren Folgen festgenommen, wie Keir Starmer nach einem weiteren Cobra-Treffen mitteilte. Mehr als zwei dutzend Städte sind betroffen, vor allem in England, aber auch in Nordirland und Wales. Moscheen, Hotels und Polizisten wurden angegriffen. Die Unruhen gehen nun seit mehr als einer Woche weiter. Gegen rund 100 Festgenommene wurde bereits Anklage erhoben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Und ein Mann wurde wegen „Gewalttaten“ bereits zu drei Jahren Haft verurteilt. Sogar die Ehefrau eines Tory-Stadtrats soll zum Anzünden von Migrantenhotels aufgerufen haben, wie ebenfalls der Telegraph meldet.

Premierminister Starmer sagte, er erwarte „substantielle Urteile“ bis zum Ende der Woche. „Das sollte eine machtvolle Botschaft an alle Beteiligten, entweder direkt oder online, senden, dass es wahrscheinlich ist, dass man innerhalb einer Woche ein Urteil bekommt.“ Unruhe und Gewalt sind also nicht allein Dinge der Straße, die entsprechenden Delikte lassen sich anscheinend auch online irgendwie begehen und sollen genauso schnell abgeurteilt werden. Ein 28-Jähriger aus Leeds wurde für einige Facebook-Posts angeklagt.

Justiz geht in Aufstandsbekämpfung über

Das gleicht damit schon eher einer Erstickung der Unzufriedenheit im Volke. Hinzu kommt: Wer immer die Aufstände vom Ausland aus anfacht, dessen will man durch Auslieferungsanträge habhaft werden – eine Botschaft, die direkt an Tommy Robinson gerichtet sein dürfte, der die Proteste mit zahlreichen Tweets begleitet. Was die oben genannte Umfrage aber auch ergab: Ein Drittel der Befragten unterstützt gewaltlosen Protest, wie er ebenfalls neben den Unruhen stattfand.

Aber eine Änderung der Gesetzgebung zur illegalen Migration scheint im Moment nicht in Frage zu kommen. Vielmehr hat die Regierung dieselbe sofort nach Amtsantritt entschärft, auch wenn es nur um den bis dahin folgenlos gebliebenen Ruanda-Plan ging. Auch bei der legalen Migration gibt es keine Anzeichen zu einer Kehrtwende.

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Die Gewalttäter könnten nun teils sogar mit Terrorvorwürfen angeklagt werden, wie der leitende Staatsanwalt Stephen Parkinson, ein Nachfolger von Sir Keir Starmer, sagte. In Frage käme das, wo „organisierte Gruppen eine Aktivität zum Zwecke der Beförderung einer Ideologie planen … und eine wirklich, aber wirklich ernsthafte Störung beabsichtigen“ – in diesem Fall will auch Parkinson von Terrorismus ausgehen, und es gebe auch schon einen Fall, wo das geprüft werde. Die Einstufung als politischer Terrorismus war seit Tagen aus linken Kreisen gefordert worden. Parkinson stellte nur klar, dass man jeden gangbaren Weg begehen werde, und bedauerte, dass sogar Jugendliche und Kinder bis hin zum Alter von elf Jahren an den Unruhen teilnähmen.

Auch am Mittwoch erwarteten die britischen Polizisten Unruhen an vielen verschiedenen Orten. Mehr als 100 örtliche Demonstrationen sind für den Abend geplant. 6.000 Beamte waren eigens zur Aufstandsbekämpfung abgestellt und warteten auf ihren Einsatz. 39 Immigrationszentren im ganzen Land galten als besonders gefährdet.

Russischer Einfluss und reale Gründe

Beruht nun all dies auf russischem Einfluss? Das wird auch dieser Tage wieder halblaut gemunkelt, wo es um die offensichtlich heftigen und zum Teil gewaltsamen Proteste im UK gegen Massenmigration und deren Folgen (Kriminalität, Wohnungsmangel, erhöhte Staatsausgaben, Inflation usf.) geht.

Wenn man die Unruhen auf russische Desinformation zurückführen will, dann wäre das etwa so wie der Flügelschlag des kanadischen Schmetterlings, der den Hurrikan in der Karibik hervorruft. Das ist sicher möglich, aber nicht wahnsinnig plausibel. Die Heftigkeit der Proteste geht eher schon auf eine gewisse Frustration und damit auf das Gefühl zurück, dass die Bedürfnisse der Bürger von der Politik weitgehend ignoriert werden – und das freilich schon seit Jahrzehnten.

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67 Prozent der Briten glauben, dass die Migrationspolitik „ein Faktor“ bei den Protesten ist. Das restliche Drittel macht „russische Desinformation“ verantwortlich. Aber auch die klügste orchestrierte Online-Kampagne kann nur da funktionieren, wo Mediennutzer empfänglich dafür sind, also schon im Ansatz unzufrieden sind. So war Rotherham bei Sheffielt, wo die Protestler einen Angriff auf ein Migrantenheim starteten, von 1980 bis 2013 das Epizentrum eines riesigen Grooming-Skandals gewesen, in dem vor allem Pakistaner systematisch Kindesmissbrauch (in etwa 1.400 Fällen) begingen.

Es war dieses Ressentiment, das auch zum Brexit führte. Und nun haben die einfachen Briten festgestellt, dass die Zuwanderungszahlen durch den Austritt aus der EU nicht gesunken, sondern gestiegen sind, und zwar ausgerechnet jene Zuwanderung aus außereuropäischen Ländern, die seit je als die problematischere galt. Demgegenüber hatte etwa die polnische Zuwanderung nach Großbritannien ihre Spitze schon 2017 erreicht. Seitdem ist die polnische Gemeinde von knapp über einer Million wieder auf rund 700.000 abgeschmolzen. Aber auch das liegt noch über dem Wert der 2000er-Jahre.

Wie das Land unter der Massenzuwanderung leidet

Insgesamt zeigen viele verschiedene Zahlen, wie sehr Großbritannien unter der Massenzuwanderung leidet. So stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach dem tiefen Lockdown-Fall zwar 2022 wieder über das Niveau von 2019. Das BIP stieg auch seitdem leicht an. Aber interessanterweise gibt es seither einen Abschwung beim BIP pro Kopf. Das bedeutet in Kürze, dass die britische Wirtschaft zwar wächst, dieses Wachstum aber auf mehr Köpfe verteilt wird.

Messermorde versus Protest dagegen
Nach Southport will Starmer hart durchgreifen – gegen den Protest
Auch bis Anfang August dieses Jahres sind wieder 17.000 Bootsmigranten in Großbritannien angelandet oder von der britischen Küstenwache gerettet worden, wie man aus dem Data-Hub des Spectator erfährt. Sie durften bis vor kurzem kein Asyl stellen, sondern waren für Flüge nach Ruanda vorgesehen. Die Labour-Regierung hat als eine ihrer ersten Maßnahmen den Ruanda-Plan der Konservativen kassiert und so die Möglichkeit des Schutzes im Königreich wieder eingeführt.

Hinzu kommt eine gigantische Netto-Migration, die ausgerechnet nach dem Brexit nie gesehene Ausmaße erreichte und seit Juni 2022 bei über 600.000 Personen pro Jahr liegt. Früher überschritt diese Summe aus legaler und illegaler Zu- und Abwanderung nicht die Zahl von 300.000 pro Jahr. Das neue Zuwanderungsgesetz der Regierung Johnson hatte vielleicht auch diesen unvorhergesehenen Effekt der Enthemmung.

Zugleich wurde auch die NHS-Warteliste immer länger, wuchs in vier Jahren von 4,57 Millionen auf 7,77 Millionen benötigte Behandlungen an. Knapp acht Millionen Mal warten Briten auf Behandlung. Und zur gleichen Zeit füllten sich die Gefängnisse in zuletzt nicht gesehener Weise, und so wurde auch ein mittelfristiger Trend gebrochen, in dem sich die Justizanstalten zuvor sukzessive geleert hatten. All das sind mittel- bis kurzfristige Trends, die zeigen, dass ganz aktuell etwas schief läuft im Vereinigten Königreich. Eine Revolution ist dennoch nicht zu erwarten, jedenfalls nicht in einer bestimmten Richtung. Eins ist aber sicher: Die Gründe für die englische, nordirische, auch walisische Unruhe bleiben bestehen, solange Labour nichts gegen die massive Zuwanderung unternimmt.


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