Die griechischen Sicherheitsbehörden haben einen Schlepperring aufgedeckt, der auf der griechischen Ägäis-Insel Lesbos agierte. An dem Ring waren vier NGOs (non-governmental organisations) beteiligt. 33 NGO-Mitglieder und ihre Helfer wurden inzwischen angeklagt, darunter 19 Deutsche, zwei Schweizer, eine Französin, eine Bulgarin und ein Spanier; eine Österreicherin und eine Norwegerin dienten als Kontaktpersonen in der Türkei und sind auch unter den Festgenommenen. Sieben der Angeklagten gehören der Leitungsebene der vier NGOs an. Zwei der NGOs haben den gleichen Hauptsitz an einer Berliner Adresse, scheinen also eng miteinander verwoben zu sein. Daneben waren ein Iraner und ein Pakistani an den Operationen beteiligt. Laut Polizei soll der Ring seine Arbeit im Juni letzten Jahres begonnen und seitdem mindestens 32 illegale Überfahrten organisiert haben, wobei 3.000 Migranten nach Lesbos gelangten.
Organisiert wurde das Ganze durch private Online-Gruppen und Internet-Apps. Die Überfahrten wurden dabei akribisch geplant: Informationen zu den Ab- und Anlegeorten der Boote, der genaue Zeitpunkt der Fahrt, schließlich Anzahl, Geschlecht und Alter der Bootsinsassen wurden geteilt, ebenso Details zum Aufnahmelager Moria. Außerdem wurde durch Telephonanrufe oder die übermäßige Verwendung einer Mobilfunk-Anwendung versucht, die Arbeit der griechischen Küstenwache zu behindern.
Kurz bevor Moria brannte, hatte man sie endlich. Nach Monaten der Ermittlungen konnte die griechische Polizei auf das Schiff einer NGO zugreifen und so den Schlepperring aufdecken. Hinweise hatte sie zuvor von den griechischen Geheimdiensten und der eigenen Antiterroreinheit bekommen. Auf dem Schiff wurden das Operationsbuch der NGO, Landkarten und Notizen beschlagnahmt. Beeindruckend für die Beamten war das Ausmaß der mit anderen NGOs ausgetauschten Informationen. Was man auch fand: Pläne zu einer Schmuggelfahrt vom 1. März diesen Jahres, die dann doch nicht stattfand. Es war die Zeit der Grenzkrise am Evros. Seitdem ist die Athener Regierung bemüht, der illegalen Immigration an allen Fronten einen Riegel vorzuschieben.
Die NGOs erhalten Millionen vom Staat – für größenteils unklare Dienstleistungen
Bestätigt hat sich damit auch ein seit langem bestehender Verdacht, dass die NGOs den Bootsmigranten zwischen der Türkei und den griechischen Inseln mit Rat und Tat beiseite stehen könnten. Zum Thema Rat zirkulierten in Online-Foren Landkarten, auf denen die NGO-Standorte auf Lesbos mitsamt Anfahrtsrouten von der türkischen Küste verzeichnet waren. Das ging auch über ähnliche Nachrichten aus der Schlepperszene zwischen Afrika und Italien hinaus. Die Nähe von Inseln und Festland machten in der Ägäis eine noch engere Abstimmung von Schleppern und NGOs möglich. Das Ergebnis ist aber beide Male das Gleiche: Die irregulären Landungen von Migranten, die meistens ohne Asylanspruch sind, nehmen zu.
Bis vor kurzem waren in Griechenland nur einzelne Verhaftungen wie die des dänischen Schleppers Salam Aldeen gelungen, der für die NGO »Forensic Architecture« tätig war. Außerdem scheint die Festnahme, wahlweise auch Ausweisung Aldeens eher eine On-Off-Geschichte gewesen zu sein. Anfang September diesen Jahres war er wohl bereits wieder in Moria, postete jedenfalls Bilder vom Brand des Lagers.
Indes gehen die Ermittlungen gegen die vier verdächtigen NGOs weiter. Man will nun noch Licht in die Geldflüsse der NGOs bringen. Asyl- und Migrationsminister Notis Mitarakis stellte fest, dass man die illegalen Aktionen von NGOs nicht akzeptieren werde. Seit Anfang des Jahres bemüht sich die griechische Regierung um eine Erfassung aller im Land arbeitenden NGOs, deren Tätigkeit zudem besser kontrolliert werden soll. Denn zum Teil war schlicht unbekannt, worin die Aktivitäten der verschiedenen NGOs bestanden. Insgesamt sind mehr als 400 NGOs in Griechenland tätig und nehmen Millionen Euro für ihre Dienste ein.
Lesen Sie dazu weiter >>>