Sie war der erste schwedische Regierungschef weiblichen Geschlechts. Gewählt wurde Magdalena Andersson am Morgen des 24. Novembers, mit einem denkbar knappen Ergebnis. 117 Abgeordnete stimmten für sie, 57 enthielten sich, doch 174 stimmten sogar gegen die Sozialdemokratin. Eine Gegenstimme mehr hätte Andersson durchfallen lassen.
Zurück trat sie am Nachmittag desselben Tages. Der Grund: Der Haushalt ihrer rot-grünen Minderheitskoalition (unter Einschluss der ex-kommunistischen Linkspartei) hatte keine Mehrheit im Reichstag gefunden, wohl aber der Entwurf der Opposition aus Christdemokraten, der (konservativen) Moderaten Sammlungspartei und den rechtskonservativen Schwedendemokraten. Es war das erste Mal, dass ein Budget unter Beteiligung der Schwedendemokraten vom schwedischen Parlament angenommen wurde.
Andersson hätte zwar gern regiert, fügte sich aber am Ende: »Für mich geht es dabei um Respekt, aber ich möchte auch nicht eine Regierung führen, deren Legitimität aus Gründen angezweifelt werden kann.« Zugleich erklärte sie, dass sie das Amt der Regierungschefin erneut anstreben will. Parlamentspräsident Andreas Norlén führte umgehend Gespräche mit allen acht im Reichstag vertretenen Parteien an.
Andersson nimmt Parallelgesellschaften ins Visier
Anfang November war Andersson zur Vorsitzenden der schwedischen Sozialdemokraten gewählt worden und hatte seither einen Schwenk ihrer Partei vorbereitet. Ähnlich wie die dänische Schwesterpartei sah auch sie die Immigration deutlich kritischer, als es früher unter Sozialdemokraten üblich war. Vor allem gegen die grassierende Drogen- und Bandenkriminalität wollte sie vorgehen. In diesem Zusammenhang hatte es immer wieder wilde Schießereien und aufsehenerregende Bombenanschläge in Schweden gegeben. Die Migrantenghettos in den Vorstädten der großen Städte Stockholm, Göteborg und Malmö gelten als Schwerpunkte dieser Verbrechensarten.
Aftonbladet: »Grüne erzählen Mist«
Ende August hatte Anderssons Vorgänger Stefan Löfven seinen Rückzug als Partei- und Regierungschef für den Herbst angekündigt. Zuvor hatte der Reichstag dem Sozialdemokraten am 21. Juni das Misstrauen erklärt – formal aufgrund eines Streits über Mietpreisbindungen. Eingereicht hatten den Misstrauensantrag die Schwedendemokraten, unterstützt wurde er auch von der Linkspartei und sogar von konservativen Parteien, die damit allerdings eher gegen die Regierungspläne in Sachen Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsbekämpfung protestierten.
Am Donnerstag kündigte Reichstagspräsident Norlén vor der zahlreich erschienenen Presse eine zweite Chance für Andersson an. Etwas frustriert erklärte er, das Chaos des Mittwochs hätte vermieden werden können. Er hätte Andersson nie als Premierministerin vorgeschlagen, wenn er von ihrem folgenden Rücktritt gewusst hätte, schreibt Aftonbladet. Das war eine klare Rüge an die Grünen, von denen sich Norlén eine Mitteilung vorab erwartet hätte. Ein Kommentar der schwedischen Tageszeitung war gar mit den Worten überschrieben: »Miljöpartiet snackar skit«, zu deutsch etwa: »Die Grünen erzählen Mist«. Die Kolumnistin Lena Mellin glaubt, dass sich die Grünen langfristig ins eigene Fleisch schneiden. Nicht sie werden als Gewinner der Lage vom Platze gehen, sondern ihre Gegner, als erste die ausgegrenzten Schwedendemokraten.