Tichys Einblick
Klare Linie

An Grundschulen in Österreich: Kopftuch per Gesetz verboten

Das Kopftuchverbot folgt einem bestehenden generellen Gesichtsverhüllungsverbot an öffentlichen Orten und in öffentlichen Gebäuden.

imago images / Becker&Bredel

Ümit Vural, seit 2018 kurdischstämmiger Präsident immerhin von bis zu 500.000 Muslimen der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), tobt gerade mächtig, weil die Regierung Österreichs jetzt nach mehreren Anläufen ein Gesetz beschlossen hat, welches das Kopftuch an Grundschulen generell verbietet. Der Ex-Fußballspieler und gelernte Jurist Vural willalle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um dieses destruktive und desintegrative Gesetz zu Fall zu bringen“. Für den gläubigen Muslim ist das Kopftuch „integraler Teil der Glaubenspraxis unter dem Schutz der Religionsfreiheit“. Ein Verbot betrachtet er als „ein ausschließlich Musliminnen diskriminierendes Gesetz“.

Österreichs Regierung schaut nun allerdings mit aller Gelassenheit auf solche religiös motivierten Muskelspielchen. Bundeskanzler Kurz twitterte ja bereits vor knapp einem Jahr in einer Art Umkehrung der Argumente Vurals, dass für ihn Religionsfreiheit neben Frauenrechten und Meinungsfreiheit auch darin bestehe, das Kopftuch zu verweigern. Diese Freiheit wird nun verpflichtend für Mädchen an österreichischen Grundschulen.

„Es kann nicht sein, dass jemand ins Gefängnis muss, weil sie kein #Kopftuch tragen will. Ich verurteile daher die Verhängung einer Haftstrafe von 20 Jahren für Shaparak Shajarizadeh im #Iran auf das Schärfste. Frauenrechte, Meinungs- und Religionsfreiheit sind unverletzlich.“

Beschlossen wurde das Kopftuchverbot an Volksschulen im Unterrichtsausschuss des Nationalrats ÖVP und FPÖ als einfachgesetzliche Regelung.

In der Praxis bedeutet das dann für die muslimischen Mädchen, dass ihre Eltern, so sie weiterhin Anhänger des Kopftuches schon für Grundschülerinnen sind, dass diese Eltern genau noch bis zum österreichischen Schultor ihren Einfluss auf die Kleinen geltend machen können und darüber hinaus nicht mehr.

Nun sind Beschneidungen von Elternrechten durch den Staat prinzipiell zweischneidig, aber in diesem Fall darf man diese Sorge getrost ad acta legen. Der unnachahmliche Geschmack der Freiheit, die Symbole der westlichen Welt sollen hier bitte für diese sechs bis elfjährigen Mädchen höchste Priorität haben. Wer sich aus der muslimisch-österreichischen Gemeinde dagegen stemmt und weiter davon spricht, alle rechtlichen Mittel ausschöpfen zu wollen, der legt schon damit ein Bekenntnis ab, was er von diesen westlichen Werten für sich und seine Kinder in Wahrheit hält.

Immerhin noch ein Jahr hatte es in Österreich gedauert, über alle Bedenkenträger und Gegner der Freiheit hinweg, dieses Gesetz zu realisieren. Es war im April letzten Jahres, als Bundeskanzler Sebastian Kurz eine neue Strategie der Verhinderung der Diskriminierung muslimischer Mädchen versprach: „Eine Verschleierung von Kleinkindern ist definitiv nichts, was in unserem Land Platz haben sollte.“ Wie wichtig es dem Bundeskanzler damals schon war, zeigt das frühere Ansinnen, dieses Gesetz „Kinderschutzgesetz“ zu nennen, wenn es darum geht, Mädchen vor dem stigmatisierenden Kopftuch zu schützen. „Alle Kinder sollen die gleichen Chancen haben, Mädchen und Jungen“, so Kurz damals voller Überzeugung.

Dieses Gesetz folgt übrigens einem bereits bestehenden generellen Gesichtsverhüllungsverbot. Einem Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, das vorsieht, dass an öffentlichen Orten und in öffentlichen Gebäuden die Gesichtszüge nicht durch Kleidung oder andere Gegenstände „in einer Weise verhüllt oder verborgen werden dürfen, dass sie nicht mehr erkennbar sind“. Halloween ist übrigens explizit davon ausgenommen, so steht es in dem Erlass, Wien beweist also auch noch bei solchen Themen Humor, die für Teile der moslemischen Gemeinde bierernst sind.

Laut Kurier sind auch die Sozialdemokraten keine generellen Befürworter solcher Kopftücher für Mädchen. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid wünscht sich allerdings noch Ergänzungen: „Es braucht weit mehr: Es geht um Integration, Sprachförderung, ganztägige Schulangebote, um Ressourcenausstattung mit mehr Lehrern, mehr Sozialpädagogen.“

Das Gesetz soll nun generell „das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, untersagen. Begründet wird dies im Gesetzesantrag mit „der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau“.

In den Erläuterungen heißt es weiter, dass mit dem Verbot auch die Information über den körperlichen Entwicklungsstand, das Religionsbekenntnis bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Islam-Ausrichtung geschützt werden soll. „Die Verhüllung des Hauptes bzw. das Tragen des Kopftuchs zeige nämlich das Erreichen der Geschlechtsreife an, die Art der Trageweise unter Umständen die Anhängerschaft zu einer bestimmten Gemeinschaft bzw. auch die Einhaltung bestimmter religiöser Regeln und die familiäre Situation“, berichtet Österreichs „Die Presse“.

Ausgenommen sind übrigens Kopfverbände aus medizinischen Gründen bzw. Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen. Den Eltern drohen im Widerholungsfalle dann Geldstrafen von bis zu 440 Euro. Zunächst müssen sie binnen vier Schultagen zu einem verpflichtenden Gespräch erscheinen und wenn das Kind dann erneut verhüllt in die Schule kommt, wird der Verstoß entsprechend geahndet.

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