Ein Mann steht mit einer Farbrolle vor einem Beauty-Salon mitten im Kabul. Rechts ist noch ein Werbeplakat des Salons zu sehen: Eine wunderschöne Frau in einem weißen Brautkleid; sie trägt ihr langes Haar offen, ist geschminkt und zeigt ihre weibliche Figur. Auch auf den anderen zwei Plakaten posierten vorher schöne Frauen in weißen Brautkleidern, wie man sie aus dem Westen kennt. Doch der Mann ist gerade dabei, all dies zu übermalen. Schon vor dem Einmarsch der Taliban wurden Vorkehrungen getroffen.
Jetzt beginnt wieder die Hölle für Mädchen und Frauen unter der Taliban-Herrschaft
Kabul ist gefallen – und mit Kabul die in den letzten Jahren langsam zurückgewonnene Freiheit der Frauen. Bereits binnen weniger Stunden begannen die Taliban die Scharia einzuführen. Das ganze Land wird von den Islamisten jetzt in eine mittelalterliche Hölle für Frauen verwandelt.
Dieses Übermalen von Frauen-Bildern gehört dazu. Frauen dürfen im öffentlichen Raum unter einer islamistischen Führung nicht mehr präsent sein. Es ist viel mehr als nur Farbe. Das Übermalen ist de facto eine Vernichtung. Denn der Einmarsch der Taliban ist nichts anderes als eine Vernichtung der freien Frau in Afghanistan. Derweil werden in Kabul Listen von unverheirateten Mädchen und Frauen erstellt. Islamisten erlauben nicht, dass Frauen unverheiratet bleiben. Es kann sich nur um wenige Tage handeln, bis die Zwangsheiraten beginnen.
Gerade die Frauen profitierten in den großen Städten von dem 20-jährigen NATO-Einsatz in Afghanistan, wo die Taliban vertrieben worden sind. Denn sie konnten sich dort in den letzten Jahrzehnten dadurch eine Freiheit aufbauen, die es vorher lange nicht gab. Sie gingen zur Schulde, studierten, gründeten Unternehmen, durften Polizistinnen werden und konnten sich sogar in das Parlament wählen lassen. Besonders Berufe wie Journalistinnen wurden plötzlich möglich – wenn auch unter Todesgefahr, denn die Taliban versuchen gezielt, Journalisten zu töten. Auch mussten die Frauen nicht ihr Gesicht verschleiern. Stattdessen konnten sie in Kabul stolz ihre weibliche Schönheit durch ihr offenes Haar und ihre geschminkten Gesichter zeigen. Es ist ein zwanzig-jähriger Kampf für Frauenrechte, der jetzt innerhalb Stunden vernichtet wird! Es war für die Frauen wirklich ein mühsamer, stolz geführter Kampf gegen die harten patriarchalischen Strukturen und einen strikten Islam.
Die mittelalterliche Hölle für Frauen
Die berühmte Frauenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali schrieb in ihrem Buch „Beute“ 2021: Afghanistan „war in den vergangenen Jahrzehnten eines der schlimmsten Länder, wo man als Frau leben kann“. Dieser Zustand wird nun wieder durch die Taliban hergestellt. Relativ schnell ist zu beobachten, wie die Scharia – die islamische Rechtslehre – in Kabul und ganz Afghanistan angwendet wird. Die radikalislamische Miliz macht aus dem Land ein Kalifat. Besonders Kabul war die Stadt, in der viele Frauen sich von patriarchalischen Strukturen frei machten und Errungenschaften genießen konnten. So leben dort viele Frauenrechtlerin, die besonders in Gefahr sind.
Unterdrückungssystem für Frauen
Das „Islamische Emirat“ ist zurück. Als es bis 2001 existierte, war das erklärte Ziel der Taliban, ein „sicheres Umfeld für Frauen zu schaffen, in der ihre Keuschheit und Würde wieder unantastbar ist“. Die Frau soll in vollständiger Zurückgezogenheit leben, was ein absolute Beschränkung ihrer persönlichen, sozialen und auch wirtschaftlichen Interaktionen mit der Außenwelt bedeutet. Die islamische Praxis der Taliban ist ein Unterdrückungssystem für Frauen. Frauen dürfen (ab einem Alter von acht Jahren) keine Schule besuchen, keine Ausbildung absolvieren und nicht arbeiten, außer in Ausnahmen bei medizinischen Berufen. Dass die Frauen keinen Beruf ausüben dürfen, führt zu großer Armut und großem Hunger!
Die Misshandlungen und Morde an Frauen
Schon vor wenigen Wochen wurden Videos publik, auf denen die Taliban brutal Frauen auspeitschen. In einer Provinz wurde vor kurzem eine Frauenrechtsaktivistin erschossen. Und vor wenigen Tagen wurden auch zwei Polizistinnen von den Taliban entführt und anschließend hingerichtet. Besonders die Frauen in Kabul leben derzeit in Todesangst. Die Taliban haben Listen von Frauen, die sich für Frauenrechte einsetzten oder Berufe ausübten. Sie schweben derzeit alle in Lebensgefahr! Eine, der bekanntesten Hinrichtungen geschah im Jahr 1999 in Kabuls großem Ghazi-Stadion. Vor 30.000 Zuschauern wurde die Frau namens Zarmeena, eine Mutter von sieben Kindern, hingerichtet. Zuvor wurde sie drei Jahre lang gefoltert. Ihr Vergehen: Um ihre Tochter zu schützen, hatte sie ihren gewalttätigen Ehemann, der sie misshandelte, ermordet. Vielen Frauen werden Körperteile wie Hände, Arme oder Ohren zur Strafe amputiert, wenn sie gegen die Scharia verstoßen oder auch nur versuchen, vor ihren gewalttätigen Ehemännern zu flüchten. Ehrenmorde, Morde an Frauen, die sich nicht an die Normen halten, um die „Ehre“ der Familie wieder herzustellen, ist unter Taliban-Herrschaft Normalität.
Unter der Taliban-Herrschaft werden auch zutiefst patriarchalische Strukturen und archaische Vorstellungen in die Städte zurück kommen. Die Frau wird im ganzen Land wieder als wertlos, unterlegen und minderwertig angesehen werden. Die Frau muss wieder eine gute Ehe- und Hausfrau für ihren ihr überlegenen Mann sein. Die großen Städte Afghanistans werden in den selben Zustand wie vor dem Jahr 2001 versetzt. Frauen werden aus dem öffentlichen Leben vollständig verbannt werden, sodass nicht einmal mehr im Radio irgendein einziger Bezug auf eine Frau zu hören sein wird. Heute sind 30% der Beschäftigen im öffentlichen Dienst Frauen. Mit der Machtübernahme der Taliban wird es keine einzige Frau mehr im öffentlichen Dienst geben. Alle Frauen, die für ihre Positionen in der Gesellschaft kämpften, werden zurückgeworfen in eine mittelalterliche islamische Welt. Sie werden keine Rechte mehr besitzen und müssen sich total unterwerfen.
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