Alles redet von politischem Asyl für Flüchtlinge, natürlich in Europa. Aber in einem Kernland am Westrand des Kontinents geschieht gerade etwas Unfassbares. Nicht, dass es das erste Mal wäre. Die Versuche, missliebige Personen auch finanziell zu „canceln“, durchziehen nicht nur die jüngere britische Geschichte. Auch in Deutschland gab es einige Beispiele, wenn auch nicht in der allerersten Reihe der Prominenz. In England ist das nun anders geworden.
Nigel Farage, der Vorkämpfer des Brexit und derzeit politischer Kommentator und Moderator für den Fernsehsender GB News, berichtet, seine Bank habe ihm mit Vorlauf von ein paar Monaten angekündigt, dass sie sein Konto schließen wolle. Die Entscheidung sei „geschäftlich“ begründet, aber eine nähere Erklärung erhielt Farage nicht, der laut eigener Aussage seit 1980 Kunde der Bank ist. Doch damit nicht genug. Auch andere Banken haben erklärt, dass sie Farage nicht als Kunden wünschen. Insgesamt sind es nun acht Banken, die Farage nicht haben wollen. Als „politisch exponierte Figur“ bringe er ein zu hohes Risiko und „Compliance-Kosten“ mit sich. Aber dieses Argument wird offenbar sehr selektiv benutzt.
Der ehemalige Vorsitzende der Brexit Party meint, dass da etwas faul ist. Man wolle ihn vielleicht gar außer Landes treiben. Sein Bankkonto zu verlieren, bedeute für ihn, zu einer „Nicht-Person“ gemacht zu werden. Das könne nicht nur seine weitere Karriere beeinflussen, sondern auch, ob er weiter „in diesem Land“ leben kann oder nicht. Das Leben in Großbritannien werde für ihn „vollkommen unmöglich“, unlebbar.
Farage nannte seine Bank nicht beim Namen, bezeichnete sie aber als „angesehene Bankengruppe“, was man auch schon für den Anfang seiner Verteidigungslinie halten könnte. Hätte eine renommierte Bank wirklich Interesse am Platzen dieser Nachricht? Würde sie gerne als „Cancel-Bank“ bei den Fans von Farage oder neutralen Beobachtern bekannt werden? Im Antasten der politischen Gallionsfigur steckt sicher einiges an ‚Musik‘ für die Ausschließer-Kultur auf der Insel.
So begann Toby Young zu zweifeln
Deren Vorgehen ist dabei gar nicht neu. Erst im vergangenen September hatte Paypal das Konto von Toby Young, dem Journalisten beim angesehenen Spectator und Gründer der britischen Free Speech Union, geschlossen. Der von Young vermutete Grund: Ein Fünftel der Klienten, die die Free Speech Union gegen Angriffe auf ihre Redefreiheit verteidigt, sind Frauen, die sich gegen Auswüchse der modischen Trans-Ideologie wehren und Freiräume für Frauen bewahren wollen.
Der vielfache Ausschluss Toby Youngs – als Privatperson und als Vereinsvorsitzender – von der Bezahlplattform wurde inzwischen wieder aufgehoben. Ein Jahr früher hatte man der neuen Reform Party, Nachfolgerin der Brexit Party, das Bankkonto ohne Vorwarnung entzogen. Auch damals wurden ökonomische Argumente vorgeschützt: Das Konto sei kommerziell nicht gangbar, so die sich entziehende Metro Bank zum Parteivorsitzenden Richard Tice. In Deutschland sind verschiedene Medien zum Opfer von finanziellen Repressionen geworden.
Ein Reverend im Kampf gegen die LGBT-Ideologie
In England ging es kürzlich gegen einen Reverend der anglikanischen Kirche, der sich in einem Kunden-Feedback an seine Bank gegen die Transgender-Ideologie ausgesprochen hatte. Rev. Richard Fothergill war 17 Jahre Kunde der Yorkshire Building Society. In ihrer Antwort bekundete die Bank, dass sie einen „Null-Toleranz-Ansatz gegenüber Diskriminierung“ habe und kritisierte seine „Ansichten zu LGBTQIA+“. Fothergill wandte ein, dass es nicht die Aufgabe einer Bank sei, die LGBT-Ideologie zu verbreiten, sondern Geld zu verwalten. Dies sei seine erste eigene Erfahrung mit der weithin üblichen Diskriminierungspraxis namens „cancel culture“. Fothergill besteht darauf, zu allen Zeiten höflich gewesen zu sein.
Auf Farages Veröffentlichung seiner Causa hin, berichten nun haufenweise Mitglieder der ehemaligen Brexit Party, dass ihnen ihre Bankkonten gekündigt wurden, etwa die Ex-Krankenschwester Christina Jordan (Kundin ihrer Bank seit 31 Jahren und 2019 zur EU-Abgeordneten der Brexit Party gewählt). Dass gerade die größeren, „angeseheneren“ Banken oft genug in handfeste Skandale verstrickt waren, ist vielleicht mehr als eine Fußnote zu diesem Thema. Sicher ist, dass es viele politisch engagierte Menschen in Deutschland gibt, die ähnliches erlebt haben.