Tichys Einblick
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Zwecks Corona-Prävention: Alte in die erste Klasse, das schafft Abstand

Der neue Coronavirus tötet vor allem Alte: Die Deutsche Bahn muss die erste Klasse für Gefährdete freimachen.

imago Images/Zuma

Der in Basel lebende deutsche Autor und Künstler (zuletzt Guggenheim/NY) Ingo Niermann stellte gerade via Twitter die ziemlich drastische Forderung auf, älteren Menschen in Beförderungsmitteln nicht nur höflich einen Platz anzubieten, sondern ihnen Plätze exklusiv zur Verfügung zu stellen, Freischeine für Taxis auszugeben und für diese Gruppe die erste Klasse in Bahn und Flugzeugen freizumachen, um ihr Leben zu retten!

Der Grund dafür ist so simple wie alarmierend dramatisch: Alte Menschen – hier insbesondere alte Männer – sind überproportional gefährdet, am Covid-19 Virus zu sterben. (siehe BBC.com)

Ist es also Altersrassismus oder sogar bis hin zum Totschlag, würde der Staat die Gefahr ignorieren und nicht entschlossen handeln, seine besonders gefährdeten Alten zu schützen?

Kurz zur Vorgeschichte: Über die Auswirkungen und Folgen des Coronavirus wird viel spekuliert. Die Prognosen reichen von „Ist doch nicht schlimmer als eine Grippe“ bis hin zu apokalyptisch anmutenden Dystopien von menschenleeren Städten, dem völligem Zusammenbruch der Weltwirtschaft, Armut, Hunger und damit einhergehend einer Rückkehr in die Barbarei.

Währendessen hierzulande die Regierung vor allem eines sofort begriffen hat: Wer Panik macht, der schadet massiv der Wirtschaft. Also wird keine gemacht. Oder wird in Sachen dieses Coronavirus keine gemacht, weil es keinen Grund dafür gibt?

Lenken wir die Aufmerksamkeit zurück auf etwas, das bisher in der Debatte um die Gefährlichkeit von Corona noch viel zu wenig Aufmerksamkeit und Beachtung bekommen hat: Dieses Coronavirus tötet überproportional ältere und alte Männer.

Die Tagesschau sprach mit führenden deutschen Virologen und fasst zusammen:

„Der aktuelle Stand der Forschung ist: Für die meisten jungen Menschen oder Menschen im mittleren Alter ist das Virus nicht lebensgefährlich, wenn sie grundsätzlich gesund sind. Die meisten Erkrankten zeigen vermutlich nur einen Infekt der oberen Atemwege, also erkältungsähnliche Symptome. (…) Bei den gut dokumentierten Fällen allerdings weiß man: Gefährlich ist das Coronavirus für ältere Menschen und die mit Vorerkrankungen. Es gibt kaum schwere Verläufe bei Kindern und Jugendlichen, und Männer sind ein wenig stärker betroffen als Frauen.“

Ja, Corona tötet. Aber nicht jeden. Überdurchschnittlich alte und ältere Männer sind betroffen. Die Aufgaben die sich daraus für Staat und Gesellschaft ergeben, könnten klarer nicht sein.

Und sie sind für das Selbstverständnis einer humanistischen Gesellschaft schon deshalb besodners wichtig angepackt zu werden, weil diese Klientel früher einmal zu den produktivsten der Gesellschaft gehörte, nunmehr aber lediglich noch Kosten verursacht. Männer mehr noch als Frauen, auch wenn zum Ende hin die geringere Lebenserwartung von Männern gegenüber Frauen ausgleichend wirkt.

Was ist die Lösung? Strenge Isolation vornehmlich von Alten? Eine Separation der Alten von den Jungen? Das mag für den einen oder anderen älteren Mann tatsächlich der rettende Anker ins Leben sein. Aber was für ein Leben ist das dann?

Isolation ist leider längst schon unfreiwilliger Teil des Alters geworden ist. Nicht ohne Grund hat die Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung eine Investition von vielen Millionen Euro festgeschrieben, die Einsamkeit von vor allem älteren Menschen in unserer Gesellschaft zu bekämpfen. Viele dieser Maßnahmen stehen jetzt wieder zur Disposition, wenn Einsamkeit das Leben älterer Menschen/Männer retten könnte. Ist Einsamkeit also zukünftig nicht nur der Mühlstein des Alters, sondern auch der Schlüssel überhaupt alt werden zu können?

Ingo Niermann setzt dagegen auf eine sichere Mobilität für Alte. Und der Autor, der mit „Umbauland: Zehn deutsche Visionen“ schon einmal provozierend einfasche Lösungen für eine Zukunft Deutschlands erdacht.

Damals schrieb die Welt über Umbauland: „Er denkt vieles neu und hinterfragt gängige Argumentationsmuster. Ein Beispiel aus dem Kapitel „Altern“: Sind sinkende Bevölkerungszahlen für Deutschland wirklich ein Nachteil? „Schließlich wäre das Land dank abnehmender Energie-Importe und Produkt-Exporte internationalen Krisen gegenüber zunehmend immun.“

Die Alten liegen Niermann also schon länger am Herzen. Und so visionär ist es dann gar nicht, was er da fordert, jedenfalls nichts, was eine Machbarkeitsstudie bräuchte, es muss dafür nur etwas Geld angefasst werden, die Alten vor dem für sie so besonders tödlichen Virus zu schützen:

Und wie spektakulär und unerfüllbar klingt das nun für Sie? Schauen Sie selbst, wie wenig aufwendig es wäre, Menschenleben einer besonders gefährdeten Gruppe der Gesellschaft zu retten.

Niermann hat Recht: Die Deutsche Bahn ist jetzt ultimativ aufgefordert Vorbild zu sein, zu handeln und unbürokratisch ihre erste Klasse für Alte freizuräumen. Jeder Tag zählt.

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