Der Zentralrat der Juden in Deutschland ruft zu einer fairen Israel-Berichterstattung auf. Angesichts der gestiegenen Israel-Feindlichkeit in Deutschland würden auch die Medien Verantwortung dafür tragen, dass Deutschland seiner historischen Verpflichtung gegenüber dem jüdischen Staat nachkomme, erklärte Präsident Dr. Josef Schuster bei der Ratsversammlung des Zentralrats. Von der Politik fordert Schuster gegenüber der „Rhein-Neckar-Zeitung“ Gesetzesverschärfungen: „Wer israelische Flaggen verbrennt, stellt das Existenzrecht Israels infrage, lehnt es ab. Da stößt man an die Grenzen der Versammlungsfreiheit.“ Grundsätzlich erkennt der Zentralrat schon länger einen „Israel-bezogenen Antisemitismus“ in Deutschland. Bespielhaft dafür sei das Urteil des Frankfurter Landgerichts zur Verweigerung von Kuwait Airways, einen israelischen Staatsbürger zu befördern.
Nun ist so ein Israel-bezogener Antisemitismus in Deutschland sicher nicht zuerst im Landgericht Frankfurt verortet, sondern auf der Straße, in den speziellen Wohnvierteln und vor dem Brandenburger Tor, wo hier lebende Muslime gegen Israel, gegen Jerusalem als Hauptstadt Israels demonstrieren. Trumps Entscheidung, die US-amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, war nur ein weiterer Anlass; fast schon regelmäßig kommt es zu antisemitistischen Ausfällen von Muslimen in Deutschland. Im Juli 2016 berichtete beispielsweise der Tagesspiegel unter der Überschrift: „Am Al-Quds-Tag ist Hetze gegen Juden normal“ darüber, dass Hass auf Juden unter Muslimen kein Randphänomen sei. Weiter heißt es dort: Die „Verunglimpfung des Judenstaates als „Kindermörder“ oder „rassistisches Gebilde“ gehört seit vielen Jahren zum festen Repertoire der Demonstranten.“
Die Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nurhan Soykan, rief 2014 anlässlich solcher Demonstrationen zu Mäßigung auf und monierte „niveaulose“ Parolen. Soykan zeigte aber auch Verständnis dafür, wenn sich gerade junge Leute ihrem Ärger über Israels Bombardierungen Luft machen würden. Nun war die Situation 2014 eine andere als heute: Die Zuwanderung nach 2015 war auch eine unkontrollierte Zuwanderung von Antisemitismus. Mit den Muslimen kam der Antisemitismus. Nicht mit jedem, aber mit vielen: Beleg dafür beispielsweise Äußerungen des hessischen Innenministers Beuth beim traditionellen Herbstgespräch des Landesamtes für Verfassungsschutz in Wiesbaden, der dort betonte, der Kampf gegen Antisemitismus sei ein wesentlicher Bestandteil der Integrationsarbeit. Wörtlich formulierte der Minister: „Jedem hier Lebenden muss klar sein: Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar.“ Der Kampf gegen jegliche Judenfeindlichkeit gehöre zur politischen DNA der Bundesrepublik Deutschland.
Zuwanderungs-Antisemitismus als große Unbekannte. Und für die Behörden erschwerte Bedingungen rigoroser durchzugreifen? Nun wird oft behauptet, der großen Mehrheit der Muslime würde Unrecht getan, wenn man von einem muslimischen Antisemitismus sprechen würde. Und das ist wahr. Der Antisemitismus unter denjenigen Muslimen, die ihren Glauben intensiv leben, fällt zweifellos höher aus, als bei jenen, die nur noch statistisch als Muslime gezählt werden. Wahr ist, dass mit der Zuwanderung prozentual deutlich mehr gläubige Muslime zu uns gekommen sind, als solche, die nur wenig mit Ihrer Religion zu schaffen haben. Das zuvor vom hessischen Innenminister erkannte Problem muss also mit der Zuwanderung größer geworden sein. Die ZEIT befand im Juni 2017: „Muslimischer Antisemitismus ist fast immer mit dem Nahostkonflikt und mit einer Ablehnung des Staates Israel verknüpft.“ Weil nun aber für die ZEIT nicht sein kann, was ist, relativiert sie muslimischen Antisemitismus, indem sie ihn einem deutschen gegenüberstellt: „Die antisemitische Verknüpfung von Israel-Kritik mit antisemitischen Stereotypen ist auch unter Deutschen selbst in linken Milieus fest verankert.“
Wie geht nun der deutsche Staat damit um? Wie reagiert die Politik auf offenen Antisemitismus vor dem Brandenburger Tor, auf das Verbrennen einer israelischen Flagge? Die Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte: „Man muss sich schämen!“ Aber wer ist „man“? Nach der verbalen Verurteilung der Ausschreitungen folgt was? Nichts.
Nun kommt auch dem Zentralrat der Muslime in Deutschland eine besondere Rolle zu. Zunächst einmal positioniert sich auf der Website des Rates ein Koordinationsrat der Muslime gegen den Trump-Entscheid, welcher der Trump-Provokation entgegenwirken und Einigkeit demonstrieren will. „Besonders die Gläubigen, Muslime, Christen oder Juden dürfen sich nicht dem Hass hingeben und sollten gemeinsam ein Zeichen für Frieden setzen. Denn Salam und Shalom sind zwei Varianten des gleichen Bittgebetes für unser Gegenüber: Friede, Heil und Versöhnung.“, erklärt der Rat. Nun war allerdings der Hass vor dem Brandenburger Tor ein recht einseitig von Muslimen ausgehender. Von sich gegenüberstehenden religiösen Gemeinschaften kann hier also nicht die Rede sein.
Möglicherweise wurde Deutschland vor seinem aufmerksamkeitsstärksten Wahrzeichen auch deshalb von diesem muslimen Antisemitismus-Power überrascht, weil man so eine Demonstration gerne auch als Anti-Trump-Demo verstehen wollte. Weil man das vielleicht sogar wünschte: Denn schon im August demonstrierten hier Deutsche und US-Amerikaner gegen Trump, gegen rassistische Ausschreitungen in Charlottesville. Es fällt so viel leichter, vor dem Brandenburger Tor gemeinsam gegen rechte weiße Nationalisten in den USA zu demonstrieren, als gegen antisemitische Muslime mitten in Deutschland. Aber das eine Problem ist weit weg, dass andere kommt direkt aus der neuen Nachbarschaft.