Tichys Einblick
Sendung über Frontex

ZDF: Frontal21 im Netzwerk der Politaktivisten

Das ZDF-Politmagazin Frontal21 verheddert sich mit einer Sendung über die EU-Grenzschützer von Frontex in einem Netzwerk aus NGOs und grünpopulistischer Politik – und verabschiedet sich vom Journalismus Richtung Aktivismus.

Screenprint: ZDF/Frontal21

Moderator Thomas Gottschalk hatte gerade die Öffentlich-Rechtlichen für ihr lausiges Fernsehprogramm und den Bürokratiemoloch kritisiert. Problematischer als die Bürokratie ist das Politikprogramm, das der ÖRR mit den vom Staat eingetriebenen Zwangsgebühren finanziert. Die politische Agenda hinter diesem Programm wird immer offensichtlicher. Das gesellschaftliche Spektrum abzubilden, scheint nicht mehr angesagt, es geht fast nur noch darum, grüne und linke, populistische, radikale und links- und grünextremistische Stimmen zu versammeln.

Beispiel: Der „Bericht aus Berlin“ der ARD lädt im Live-Stream Tareq Alaows ein: Die Zuschauer sollen Fragen an den früheren Asylbewerber stellen, der Aktivist für die Seebrücke war und jetzt als Mitglied der Grünen in den Deutschen Bundestag gewählt werden möchte, um die Stimme der Zugewanderten zu sein und um – wie er sagt – die deutschen Sozialgesetze zu verbessern, die ihm nicht weit genug gehen. Währendessen schlafwandeln Tagesschau und Tagesthemen weiter zwischen den Begriffen „Flüchtling“ und „Migrant“, als hätte es Debatten um den Hintergrund der Massenzuwanderung in den vergangenen fünf Jahren überhaupt nicht gegeben.

Ein besonders krasses Beispiel dafür hat jetzt das ZDF-Politmagazin Frontal21 abgegeben, als es darum ging, den Grenzsicherungsauftrag der EU-Agentur Frontex speziell an der Grenze zum türkischen Festland vor den griechischen Inseln zu torpedieren. Die Arbeit von Frontex ersetzt hier nicht die Arbeit der nationalen Grenzschützer. Sie berät und ergänzt allenfalls. Auch die deutsche Polizei ist für Frontex in Griechenland, Italien, Spanien und Bulgarien tätig. Aktive Grenzüberwachung bedeutet hier aber nicht die Abwehr von Zuwanderung, sondern Frontex selbst wird immer öfter zu einer Art Asylantragsannahmestelle. Die Frontex-Einsatzkräfte kommen nicht nur aus Deutschland; weitere EU-Länder sind beteiligt, die Kontingente wechseln. Und die Polizisten verhalten sich keineswegs alle wie deutsche Beamte.

Frontal21 fragte jetzt, wie tief die europäische Grenzschutzagentur in Menschenrechtsverletzungen an Europas Grenzen verstrickt sei. Frontal21 wandelt hier also auf den Pfaden von Nichtregierungsorganisationen, die in der Ägais mit zwei Schiffen nach eigenen Angaben die Einhaltung der Menschenrechte auf der „gefährlichen Fluchtroute zwischen Türkei und Griechenland“ überwachen wollen. Sie wollen „Solidarität und fundamentale Menschenrechte“ stärken. Oder anders ausgedrückt: Sie schippern im bzw. vor dem Einsatzgebiet von Frontex und den griechischen Grenzschützern umher und schauen ihnen auf die Finger.

MareLiberum twitterte am 05. Februar 2021: „Countdown für @Frontex: @zdfmagazin hat angekündigt, Infos zu enthüllen, die Frontex ‚vergessen‘ hat öffentlich zu machen. Wir sind unfassbar gespannt. Was könnte es sein? Mehr Pushback-Vorwürfe? Mehr Menschenrechtsverletzungen? Mehr Zeppeline?“ Adressiert wurde dieser Tweet @janboehm (Twitter-Account des öffentlich-rechtlichen Politcomedian Jan Böhmermann) und @frontexfiles.eu.

Parallel twitterte Frontal21 am Vortag eine Ankündigung des Beitrags über Frontex und adressierte an das ZDF, an @refugees und gleich und quasi ausschließlich an vier Nichtregierungsorganisationen: @ProAsyl, @ECCHRBerlin, @amnesty_de und @UNHumanRightsEU.

Aber nicht nur das: Der Bericht über Frontex in der Ägäis und angebliche Pushbacks wurde von Frontal21 zusätzlich noch exklusiv und mit Grußbotschaft an Jan Böhmermann getwittert: „Mehr zu #Frontex und zu #Pushbacks am kommenden Dienstag 21Uhr im @ZDF oder wie @janboehm sagt: lassen Sie einfach den Fernseher bis Frontal21 laufen #frontexfiles“

In seiner ZDF-Sendung „enthüllt“ der Bizarrsatiriker Böhmermann im Vorfeld der Frontal21-Sendung dann noch ein Treffen von Frontex mit der europäischen Waffenindustrie. Ein Flugzeughersteller habe vorgeschlagen, zur Grenzbeobachtung Zeppeline einzusetzen. Also jene Zeppeline, die dann auch wieder per twitter aus dem Nebel kommend bei Mare Liberum/Twitter auftauchen.

Frontal21 sendet also im öffentlich-rechtlichen Auftrag finanziert durch Zwangsgebühren und macht sich mit der Sache von grün- und linkspopulistischen Nichtregierungsorganisationen gemein und mit Jan Böhmermann, der seinerseits mithilfe seiner über die Öffentlich-Rechtlichen erlangten Popularität Spenden sammelt für sogenannte „Seenotretter“. Böhmermann ist nicht nur Politclown, sondern auch Politaktivist, wenn er so populistische Thesen wie diese hier vertritt: „Wer Menschenleben rettet, ist kein Verbrecher.“ Das vielleicht nicht, aber eventuell macht sich ja strafbar, wer illegale Migration in die EU aktiv befördert?

Die Moderation von Frontal21 kündigt Insiderinformationen an. Die allerdings werden sich anschließend als kaum tragfähig und ziemlich dünne Suppe erweisen. Ilka Brecht spricht weiterhin von „schiffbrüchigen Flüchtlingen“, wo doch viel mehr von Armutsmigranten die Rede sein müsste. Armut ist allerdings ist kein Asylgrund. Und vor allem ist da in der Regel auch kein Schiff „brüchig“, sondern Schlepper-Schlauchboote überqueren illegal die Meerengen zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln in Sichtweite, werden dabei aber gelegentlich von griechischen Grenzschützern oder Frontex überrascht. Auch bei Frontal21 findet also diese Schlamperei der Begriffe im Windschatten der No-Border-No-Nation-Agenda der NGOs statt.

Die Frontal21-Moderatorin Ilka Brecht beklagt, dass man diese „Flüchtlinge“ doch nicht zurückschicken dürfe (Pushback), sondern verpflichtet wäre „sie zu retten, wie es Gesetz, Solidarität und Menschlichkeit verlangt.“ Allerdings dürfte es dort in den küstennahen Gewässern mit dem Ziel direkt vor Augen unwahrscheinlich sein, überhaupt in Seenot zu geraten.

Und was hier mit Solidarität und Menschlichkeit gemeint ist, weiß wohl nur Ilka Brecht, ihr Team und eventuell Jan Böhmermann. Denn natürlich hat das damit alles kaum zu tun: EU-Grenzschutz ist keine ZDF-Magazin-Royal-Veranstaltung, nein, hier geht es darum, die EU-Außengrenzen konkret vor illegaler Migration zu schützen – die vornehmlich in die deutschen Sozialsysteme geht.

Angeblich, so sagt es der Frontal21-Bericht, hätte sich ein deutscher Frontex-Beamter gegenüber dem Team offenbart. Der Mann bleibt anonym, die Sache ist also für den Moment nicht nachverfolg- und nachfragbar. Auch Filme werden gezeigt, von Migranten selbst in Booten aufgenommen, „Quelle: privat“.

Die Aufregung ist deshalb groß, weil die Schlauchboote tatsächlich oder vermeintlich griechische Gewässer erreicht hätten, was zwischen Festland und Inseln allerdings nicht besonders schwer ist. Die Griechen haben sogar Tests durchgeführt, diese Meerengen mit Luftkissenbarrieren zu sperren. Hinzu kommt, dass die Chance, über diesen Weg in die EU bzw. nach Deutschland zu gelangen, sowieso gering sein sollte, wo doch die Türkei immer noch verpflichtet ist, diese Migranten zurückzunehmen – was in der Praxis aber selten passiert, was sich natürlich herumgesprochen hat und nun eben zu weiteren Überfahrten geführt hat.

Auch der anonyme deutsche Frontex-Beamte spricht fälschlicherweise von „Flüchtlingen“ bzw. wird „nachgesprochen“. Es geht um den Vorwurf, die griechische Küstenwache hätte Migranten in Schlauchbooten in griechischen Gewässern abgedrängt und zurück Richtung Türkei geschickt. Ein Frontex-Schiff hatte die Migranten im Boot entdeckt, aber zuständig ist hier nicht Frontex, also hat man die griechischen Kollegen informiert, auch weil offensichtlich eine Seenotlage nicht einmal bestanden hat, sonst hätte Frontex in der Notlage eingegriffen wie jeder andere Seemann auch. Die Migranten kamen dann aber auf der griechischen Insel Samos nie an, wurden angeblich von den Griechen zurückgeschickt. Und Frontex soll nun diese und weitere Beobachtungen nicht gemeldet haben.

Ein Spiel um Worte. Um so genannte „Pushbacks“. Denn effektiver Grenzschutz verhindert das Eindringen von Menschen, die nicht befugt sind, ein Land zu betreten, keinen Visa-Antrag gestellt haben usw. Selbstredend wird so eine Abweisung auf dem Wasser komplizierter, wenn illegale Migranten und Schlepper und NGOs alles versuchen, um griechische Hoheitsgewässer zu erreichen.

Warum ist das so wichtig? Weil dann die Möglichkeit besteht, nach EU- und griechischem Recht einen Asylantrag zu stellen, der überprüft werden muss, was dazu führt, dass illegale Migranten in die EU eingelassen werden müssen, bis der Antrag abgewiesen wird – was meistens der Fall ist, aber in den seltensten Fällen zu einer Rückführung führt. Ist die EU-Außengrenze überwunden, ist der Weg nach Deutschland praktisch offen.

Aber Frontal21 geht noch weiter. Waren die Adressierungen ihrer Tweets zur Sendung verbunden mit diversen NGOs und Jan Böhmermann, ist der einzige Politiker, der im Beitrag zu Wort kommt, ausgerechnet der grüne EU-Abgeordnete Erik Marquardt. Jener Marquardt, der dem Verein #Civilfleet vorsitzt, mit dem Spendengeld für das Chartern eines Bootes zur „Seenotrettung“ im Mittelmeer gesammelt wurde. Dafür engagiert sich auch TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf gemeinsam mit seinem ZDF-Kollegen Jan Böhmermann. Ein Netzwerk also von den grünen Bänken des EU-Parlaments bis tief hinein in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ein Netzwerk, das sich selbstbewusst u.a. via Twitter die Bälle zuspielt.

Besagter Erik Marquardt lebt oder lebte auf der griechischen Insel Lesbos und twittert regelmäßig von dort. Er war auch einer der Aktivisten, welche die Kampagne „Leave no one behind“ gestartet hatten. Auf Lesbos beobachtete der deutsche Gast aus dem EU-Parlament einen vermeintlichen Rechtsruck der Bevölkerung. Und da schließt sich der Kreis: Marquardt ist nämlich auch Mitglied einer Untersuchungsgruppe, die den Vorwürfen gegen Frontex nachgeht. Der Interessenkonflikt ist jedenfalls offensichtlich. Aber der scheint Frontal21 nicht zu stören, die öffentlich-rechtlich bezahlten Redakteure setzen sich einfach mit ins Boot.

Marquardt beschwert sich u.a. darüber, dass Frontex die Menschen nicht mehr aufnehmen, sondern nur an die Griechen melden würde. Das allerdings ist ein deutlicher Beleg dafür, dass gar keine Seenot besteht. Und Frontex soll die Griechen auftragsgemäß unterstützen und eben nicht analog zu solchen NGOs die Arbeit der Griechen noch überwachen.

Was Frontal21 hier gegen Frontex vorbringt, ist fast nichts. Nein halt: Es ist – auch gemessen an der prominenten Entourage im Umfeld – eine kaum verhüllte Kampagne für die Neutralisierung von grenzsichernden Maßnahmen der EU und für grüne Kampagnen „Leave no one behind“ (laut Impressum verantwortlich: Erik Marquardt).

Befragungen hatten ergeben, dass etwa 90 Prozent der öffentlich-rechtlichen Volontäre grün denken. In diesem Frontal21-Bericht wird jetzt deutlich, was das für die Qualität des öffentlich-rechtlichen Journalismus bedeutet. Nicht die Arbeit von Frontex ist der Skandal, den diese Sendung offenbart, sondern der öffentlich-rechtlich zwangsgebührenfinanzierte Wechsel vom Journalismus zum Aktivismus und das Netzwerk, das dahinter steht. Das müsste eine sofortige interne Untersuchung und personelle Konsequenzen nach sich ziehen. Der Intendant des ZDF und seine Direktoren sind gefragt.


Hinweis in eigener Sache: Gegen TE führt die Seenotrettungsorganisation „Mare Liberum“ eine Reihe von Presserechtsprozessen. TE soll blockiert werden bei unseren Recherchen über die Vorgänge an der Küste Griechenlands. Es soll uns verunmöglicht werden, über die höchst zweifelhafte Rolle der beteiligten NGOs zu berichten. So dürfen wir nach derzeitigem Prozessstand nicht mehr über griechische Polizeiberichte informieren. Berichte aus griechischen Zeitungen dürfen in Deutschland nicht veröffentlicht werden. TE wird diese Prozesse mit Entschiedenheit weiter führen. Bei den dafür notwendigen Geldmitteln werden wir von unseren Lesern unterstützt. Dafür danken wir und versichern: Diese NGOs werden uns nicht stoppen.

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