Tichys Einblick
Maulkorb für Sportler

Weitspringerin Alexandra Wester: „Was im Moment in Deutschland abgeht, ist krank!“

Basketballspieler Joshiko Saibou wurde fristlos gekündigt, weil er mit der Weitspringerin Alexandra Wester auf einer regierungskritischen Demo war. Saibou hat Klage gegen seinen ehemaligen Verein eingereicht. Ein selbstständiger Freund erklärte sich solidarisch und verlor deswegen einen wichtigen Kooperationspartner. Eine weitere Leistungssportlerin hätte sich bei Wester gemeldet, sie wäre von ihrem Verband auf Instagram zensiert worden.

Screenprint: Instagram/alexavalerie

Die erfolgreiche, auf Weitsprung spezialisierte Leichtathletin Alexandra Wester bereitete sich eigentlich schon auf die Olympiade 2021 in Tokio vor. Aber dann kam die Corona-Epidemie. Und mit ihr eine kritische Haltung gegenüber den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. Sowohl Wester als auch ihr Freund,
der Basketballspieler Joshiko Saibou, nahmen in Berlin an eine Demonstration u.a. gegen diese Maßnahmen teil. Als diese Teilnahme öffentlich wurde, entließ der Präsident der Telekom Baskets Bonn Saibou fristlos. Das ist die Vorgeschichte.

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Alexandra Wester nahm allerdings schon vor Monaten kein Blatt vor den Mund. Vergaloppierte sie sich möglicherweise dabei? Ein paar Kritiker sehen das heute so. Ihr Instagram-Account gibt jedenfalls einen faszinierender Einblick in die private Welt der Sportlerin samt kurzen Filmen mit Tipps zur Fitness und Fotos von der Athletin an den schönsten Orten dieser Welt.

Instagram ist für Wester auch ein Ort, wo die Sportlerin auch zu gesellschaftskritischen Themen kein Blatt vor den Mund nimmt. In einem ihrer Videos forderte sie am 28. April 2020 dazu auf, sich „nicht von den Medien, der Regierung oder den Massen manipulieren zu lassen.“ Wester selbst will sich nicht instrumentalisieren lassen als Sportlerinnenmarionette. Sie findet deutliche Worte, ihre Empörung über die Corona-Maßnahmen der Regierung mitzuteilen.

„Voriges Jahr wäre es nicht okay gewesen, Menschen zu einer Impfung zu zwingen! Voriges Jahr wäre es nicht okay gewesen, Programme auf den Handys zu installieren, um alle Kontakte zu kontrollieren! Und voriges Jahr wäre es niemals okay gewesen, Anwälte und Ärzte in Gefängnispsychiatrien einzusperren.“

Die Weitspringerin teilt viel Privates mit ihren Fans: So auch am 7. März 2020 ein Bekenntnis samt Foto zur Liebe zu ihrem Freund Saibou zu dessen 30. Geburtstag, das so beginnt: „Love became a whole new definition with you. Actually you are the definition. Brightening so many souls with your open heartedness, love and passion …“

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Am 22. März 2020 findet sich auch ein lustiges wie ziemlich wildes selbst gemachtes Rap-Video auf ihrem Istagram-Account, wo Wester zu schweißtreibenden Sportübungen mit verzerrter Stimme immer wieder „Corona-Virus“ rapt und so offensichtlich die negativen Folgen einer Isolation auf dem Zimmer nachvollziehbar darstellen wollte – nicht verstörend, sondern menschlich und selbstverständlich.

Jetzt, ein paar Monate später und nach der Entlassung ihres Partners durch den Präsidenten der Bonner Telekom Basketballmannschaft, ist Wester nicht mehr zum Lachen zumute. Zuletzt postete sie ein Video, indem sie sich noch einmal explizit zu den Vorfällen äußerte und verbal Anklage erhebt gegen die Verantwortlichen:

Zu weit geht es ihr, „wie Vereine ihre Sportler einfach immer noch so wie Puppen behandeln können.“ Das täte ihr im Herzen weh, weil jetzt ihr Freund darunter leiden müsste. „Er hat die Staatsmaßnahmen auf einer Demo hinterfragt. Und wird danach fristlos von den Telekom Baskets gekündigt.“ Und dann setzt sie nach mit Anführungszeichen in der Luft: „aus wichtigem Grund.“ Die Vereinsführung versuche sich an „irgendeiner Art Körperverletzung aufzuhängen, weil er auf einem Foto keine Maske getragen hat.“ Allerdings, so die Sportlerin weiter:

„Wir haben sehr bewusst darauf geachtet, niemanden bei der Demo in Gefahr zu bringen und erst recht nicht seine Team-Kollegen. Weil die Telekom Baskets im Moment gar nicht im Team spielen oder trainieren. Das hat absolut keine Grundlagen und ist wirklich heuchlerisch. Und es tut weh, weil es einfach ein Schlag ins Gesicht aller Athleten ist, auch wenn man verschiedener Meinung ist, weil hier geht es um Meinungsfreiheit. Es ist in Ordnung, wenn man eine polarisierende Meinung hat einen Shitstorm zu kriegen. Das haben wir alles verstanden. Auch wenn gewisse rassistische Kommentare im Basketball zuvor zu weit gingen. Aber das kennen wir ja schon. Aber ein Verein sollte seinen Athleten in seiner Diversity, in seiner Entwicklung und auch seiner polarisierenden Meinung unterstützen oder zumindest sie akzeptieren. Ihn aber so abzufertigen, ist ein Schlag ins Gesicht und es ist unfair, es ist krass. Und ich hätte nie gedacht, dass das im Jahr 2020 noch passieren kann.“

An die Vereinsführung gerichtet: „Ihr solltet verstehen, dass wir Athleten nicht die Sklaven der Neuzeit sind. Aber ihr macht uns gerade dazu.“

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Vom Video geht es bei Alexandra Wester auf Instagram aktuell weiter hin zu einem Posting, wo sie zunächst ein Foto postet, dass sie und Saibou auf der Demo zeigt und das für dessen Verein Initial war dem zweifachen Nationalspieler fristlos zu kündigen. Was Wester da schreibt, leg den Schluss nahe, das die Kündigung bereits finanzielle Folgen hat: „aka ALLES wegnehmen, sogar das Dach über dem Kopf“. Wester informiert ihre Fans auf Instagram darüber, dass die Klage von Joshiko Saibou gegen seinen Verein nun vor Gericht eingereicht sei.

Verstörend geht die Meldung weiter. So habe ein Freund des Paares, der sich auf Instagram Mubiix nennt, einen Kunden verloren, weil er sich mit dem Paar solidarisch gezeigt hätte. Mubi ist im Sport-Fashion-Bereich selbstständig tätig und bekam von seinem Kunden „About You“ eine Email, wo dieser die Zusammenarbeit schriftlich vorzeitig beendet mit folgender Begründung: „Die Inhalte, die du in den letzten Tagen in deinen Stories veröffentlicht hast, lassen sich nicht mit den Unternehmenswerten von About You vereinbaren.“ Also hat sich Mubi die Werte des Hauses genauer angeschaut, dort aber nichts gefunden, das er nicht teilen würde bzw. nichts gegen das er verstoßen haben könnte. Dort heißt es u.a.: „Wir glauben daran, dass jeder sich gut dabei fühlen sollte, sich selbst auszudrücken. Wir akzeptieren Menschen wie sie sind …“

Deutschland 2020 – Freunde werden in vorauseilendem Gehorsam in Sippenhaft genommen für die Wahrnehmung der Meinungsfreiheit von zwei der leistungsstärksten Sportler, die dieses Land hat. Sportler und ihre Freunde, die sich allerdings weigern, Puppen der Vereine und Regierungen zu sein, die es wagen, eine eigene Meinung zu haben und ihre Meinungsfreiheit öffentlich wahrzunehmen. Alexandra Wester schreibt:

„Ich kanns immer noch nicht fassen. Menschen, die für ihre Grundrechte einstehen, verlieren ihren Job.“ Ein weiterer Freund („Bruder“) der in einem Krankenhaus in Berlin arbeiten würde, hätte ebenfalls wegen regierungskritischer „Meinungsäußerungen in seinen Instagram Stories“ eine Abmahnung bekommen. Viele Menschen, „ob Black, White, Frau, Mann, Gay, Hetero, Alt, Jung, Onkel oder Tante“, hätten heute Angst um ihre Jobs „aufgrund ihrer kritischen Sichtweise auf die aktuellen Dinge.“
Eine weitere Leistungssportlerin hätte sich bei Wester gemeldet, weil diese vom Verband auf Instagram zensiert worden wäre.

„Was im Moment in Deutschland abgeht, ist krank“, so das Fazit der Goldmedaillengewinnerin der Deutschen Hallenmeisterschaften 2016. „Hier wurde eine Grenze überschritten, und das spüren viele.“

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